Eishockey:Hält auch ohne Kelle

Lesezeit: 3 min

Dennis Endras, Torwart der Adler Mannheim, legte erneut einen grandiosen Auftritt hin. (Foto: Marcel Engelbrecht/imago/GEPA pictures)

Die Adler Mannheim gewinnen das DEL-Spitzenspiel gegen den EHC München 3:1 und führen die Tabelle mit deutlichem Vorsprung an. Herausragender Akteur ist einmal mehr Torwart Dennis Endras.

Von Christian Bernhard, München

Eishockey-Torhüter ohne Torwart-Kelle stehen in den meisten Fällen sehr schlecht da, sie rutschen dann ungelenk durch ihren Torraum und wirken etwas verloren. Dennis Endras lässt sich im Moment aber selbst von diesem Malheur nicht stoppen. Am Freitagabend geriet der Nationaltorhüter der Adler Mannheim in München sekundenlang in eine solche ungünstige Situation, wehrte aber dennoch einen gefährlichen Schuss von Andrew Bodnarchuk ab. Es war Endras' spektakulärste von zahlreichen Paraden, die den Adlern im Spitzenspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL) einen 3:1-Auswärtssieg beim EHC Red Bull München sicherte. Durch den Sieg wuchs der Vorsprung des Tabellenführers auf den Meister der vergangenen drei Jahre auf zehn Punkte an.

Für Endras war es der zweite grandiose Auftritt in München binnen kurzer Zeit, erst am 9. Dezember war er beim Mannheimer 1:0-Sieg nach Penaltyschießen an selber Stelle überhaupt nicht zu überwinden gewesen. Von einem München-Geheimnis will der 33-Jährige allerdings nicht sprechen. Er lacht erst einmal in der Münchner Olympia-Eishalle. Dann sagt er: "Wenn man hierherkommt, weiß man, dass man viele Schüsse bekommt." Es sei einfach immer harte Arbeit.

Benedikt Weichert geht etwas mehr ins Detail. Endras' Formstärke beruhe auf seiner Schnelligkeit, sagt Mannheims Torwarttrainer. Endras hat mit Rostislav Haas - Mannheims zweitem Goalie-Coach - Extraschichten im Kraftraum geschoben, "die sind momentan der Schlüssel zu seiner Konstanz", erklärt Weichert. Endras war immer schon flink, doch das neue Trainerteam der Adler hat sich im Sommer das Ziel gesetzt, seine Explosivität noch einmal zu steigern. "Das dauert Monate", erklärt Weichert. Doch es zahlte sich aus: So langsam zeige die Arbeit Früchte, sagt Weichert, "jetzt macht es sich auch in den Spielen bemerkbar."

Im Duell mit Chet Pickard hat Endras sich vorerst durchgesetzt

Die Adler haben in Endras und Chet Pickard, der bis zum Dezember fast gleich viele Einsätze wie Endras hatte, zwei starke Torhüter, doch in den vergangenen fünf Spielen, die angefangen mit dem 1:0 in München allesamt gewonnen wurden, stand nur einer im Kasten: Dennis Endras. Da die Adler nicht nur über die beste Offensive, sondern auch über die beste Defensive der Liga verfügen, ist das Kollektiv der Hauptgrund für den derzeitigen Erfolg. Andrew Desjardins erklärt es so: "Unser System stimmt vom Torhüter bis zum zwölften Stürmer." Trainer Pavel Gross, der nicht bekannt dafür ist, einzelne Spieler allzu oft explizit hervorzuheben, sagt auf die starke Defensive angesprochen aber als allererstes: "Wir haben auf jeden Fall mit Dennis einen starken Torhüter, der solide spielt."

Endras' große Stärke, seine Reaktionsfähigkeit, blitzte in München mehrmals auf. "Er ist in der Lage, eine Schussauslösung auch aus ganz kurzer Distanz noch zu lesen", sagt Weichert. Zu spüren bekam das am Freitag Trevor Parkes, der in Minute 32 einen Meter vor Endras abzog und die Scheibe Sekundenbruchteile später im Fanghandschuh des Mannheimers sah. Fähigkeiten wie diese bringt Endras bereits mit. Das Hauptaugenmerk seiner Trainer liegt bei einem so erfahrenen Spieler deshalb darauf, Prozesse zu optimieren und Gewohnheiten zu schaffen. "In bestimmten Bereichen, wie der Spielvorbereitung oder dem Umgang mit Drucksituationen, weiß er ganz genau, was er machen muss", sagt Weichert. "Da müssen wir nicht viel Arbeit leisten."

Was aber auch einem seit Jahren auf Nationalmannschafts-Niveau spielenden Torhüter hilft, ist eine ordentliche Portion Selbstvertrauen. Der mentale Part sei nach fünf Siegen in Serie keinesfalls zu unterschätzen, betont Gross: "Sportler sind Menschen und Menschen sind kopfgesteuert. Der Kopf ist sehr, sehr wichtig." Auch Weichert unterstreicht, dass eine herausragende Leistung wie jene von Endras beim 1:0-Sieg in München, das Adler-Angreifer Luke Adam als das beste Spiel bezeichnete, das er bisher von Endras gesehen habe, einen Athleten "zusätzlich pusht" und ihn anspornt, "diesen Flow mitzunehmen". Endras will aber selbst diese Leistung nicht überbewerten. Klar gebe einem das Selbstvertrauen, sagt er, "aber ich bin mittlerweile so lange dabei: Wenn ich gut spiele, hebe ich nicht ab und wenn es nicht läuft, bleibe ich auch locker."

Diese Gelassenheit ermöglicht es dem Nationaltorhüter, sich über die Frage, wie er sein hohes Niveau wohl am besten konserviere, keine großen Gedanken zu machen. "Mir macht Eishockey immer noch extrem viel Spaß", sagt er, "und wenn man im Sport Spaß hat und das noch mit Siegen garniert wird, kommt die Leichtigkeit dazu." Deshalb hat Endras auch kein Problem damit, die zehn Punkte Vorsprung auf München entspannt zu sehen. "Das nehmen wir gerne mit", sagt er, "wir bleiben aber ganz locker und werden nicht verrückt." Der Weg sei schließlich noch lang.

© SZ vom 23.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: