Eishockey:Geld in Sicht

Lesezeit: 3 min

Der DEL-Klub Krefeld Pinguine scheint die drohende Insolvenz abgewendet zu haben: Weil der ungeliebte Gesellschafter Michail Ponomarew seine Anteile abgibt, ist der Weg frei für neue Investoren.

Von Ulrich Hartmann

Am glücklichsten Tag in der Geschichte der Krefeld Pinguine, am 21. April 2003, wuschen die Eishockeyspieler ihre Umkleidekabine in der Kölner Arena mit Schaumwein aus, weil sie deutscher Meister geworden waren. Am vermutlich zweitglücklichsten Tag hingegen, am Montag, verzichteten die Pinguine-Gesellschafter im Notariat Dr. Götze in Krefeld auf ein ähnlich feuchtfröhliches Ritual. Die Pinguine werden in dieser Saison nicht Meister, sie werden es nicht einmal in die Playoffs schaffen, aber am späten Montagabend sorgte eine Unterschrift für großes Glück und eine gewisse Planungssicherheit: Die drohende Insolvenz scheint abgewendet zu sein. Der ungeliebte Gesellschafter Michail Ponomarew hat seinen 46-prozentigen Anteil auf einen anderen Gesellschafter übertragen und damit den Weg frei gemacht für den Einstieg zusätzlicher Teilhaber zum Zwecke einer Kapitalerhöhung. Die Saison kann zu Ende gespielt und die Lizenz für die nächste Spielzeit bis zum 15. Februar beantragt werden.

Vor einem Jahr hatte man sich den in Meerbusch zwischen Düsseldorf und Krefeld residierenden Russen als neuen Gesellschafter ins Haus geholt, weil man sich von ihm eine großzügige Unterstützung des Spielbetriebs erhoffte. Ponomarew, der für seinen Pinguine-Anteil 345 000 Euro zahlte, steuerte zu den laufenden Kosten allerdings nichts bei. Er unterhält in Krefeld mit dem Fußball-Drittligisten KFC Uerdingen bereits ein anderes kostenintensives Projekt. Fortan blockierte der Russe, der früher bei der Düsseldorfer EG bereits eine ähnlich unrühmliche Rolle eingenommen hatte, den Einstieg anderer Gesellschafter. Diese hatten sich nämlich nur unter der Bedingung seines Ausstiegs zu einem Engagement bereit erklärt. Nach wochenlangem Hin und Her gelang am Montag der Durchbruch. Ponomarew übertrug seine Anteile zu geheim gehaltenen Konditionen an den Gesellschafter Dirk Wellen, der nun zusammen mit dem früheren Stahlhändler Wolfgang Schulz 95 Prozent der Gesellschaft kontrolliert.

Deutliches Signal: Die Fans der Krefeld Pinguine haben sich schon seit längerem klar positioniert – nun ist ihr Wunsch in Erfüllung gegangen. (Foto: Eibner/imago)

Doch damit allein war nichts gewonnen. Nur durch die Zusage aktueller und sogar ehemaliger Gesellschafter, den kurzfristigen Finanzierungsbedarf der Pinguine in Höhe von 400 000 Euro zu decken, konnte die Gesellschaft am Leben gehalten werden. Weiteres Kapital ist darüber hinaus nötig. Die Rede ist von etwa 750 000 Euro, die voraussichtlich durch eine Verdoppelung des Stammkapitals aufgebracht werden können. Mehrere neue Gesellschafter sollen diese Summe einbringen. Anschließend beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 1,5 Millionen Euro.

Kurzfristiger Kapitalbedarf gehört zur Geschichte des Krefelder Eishockeys wie Spieler, Pucks und Fans. Relevante Gesellschafter stopften über Jahre hinweg immer wieder Löcher. Der Unterhalt eines Eishockey-Standorts gilt in Deutschland ganz allgemein als defizitär, wird allerorten aber angesichts von Historie, Emotionen und der Notwendigkeit der Bespielung von Arenen mit großen lokalen Anstrengungen aufgebracht. In die Moderation der Verhandlungen rund um die Rettung der Pinguine war Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer nicht zufällig involviert.

Aussteiger: Michail Ponomarew trennt sich von den Pinguinen. (Foto: Guido Kirchner/dpa)

Für den Pinguine-Geschäftsführer Matthias Roos ist es ein Segen, dass "es einer gewissen emotionalen Bindung bedarf, um einen Eishockey-Standort unterhalten zu können". Als Chef einer Schraubenfabrik schlügen ihm kaum so viele Sympathien entgegen. Fans und Lokalpolitiker engagieren sich in Krefeld indes erheblich für jene Sportgesellschaft, die pro Saison immerhin knapp sechs Millionen Euro verbraucht. Zusammen mit Bremerhaven gilt Krefeld aber als kostengünstigster Standort. Mannheim und München bringen jeweils mehr als das Doppelte auf.

Im wahrsten Sinne cool sind ob all der Aufregung über Wochen hinweg die Krefelder Spieler geblieben. Im Januar haben sie fünf von zehn Spielen gewonnen, was den Manager Roos aber gar nicht so sehr beeindruckte. "Diese Mannschaft hat ja Qualität", sagt er nüchtern. Der Hauptgesellschafter Schulz hatte vor der Saison behauptet, dies sei die beste Pinguine-Mannschaft der vergangenen fünf Jahre. Vor diesem Hintergrund ist der drittletzte Platz in der Deutschen Eishockey Liga dann schon nicht mehr so lobenswert. Ursprünglich hatte man in Krefeld mit den Playoffs kalkuliert. Weil diese längst nicht mehr zu erreichen sind, entgeht dem Klub weiteres Geld durch entfallende Heimspiele.

"Leider werden wir nie erfahren, wie gut diese Mannschaft hätte spielen können und was möglich gewesen wäre, wenn wir nicht seit dem fünften Spieltag all die dunklen Wolken über uns gehabt hätten", sagt Roos. Er klingt dabei halbwegs versöhnt. Seit Montag besteht immerhin die Möglichkeit, in der nächsten Saison einen neuen Anlauf zu nehmen.

© SZ vom 05.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: