Eishockey:Angst vorm Chef

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Hilflos an der Bande: Ingolstadts Trainer Kurt Kleinendorst während der verlorenen Playoff-Qualifikation gegen die Straubing Tigers. (Foto: imago/Eibner)

Zum ersten Mal verpassen der Vorjahres-Meister und der Vorjahres-Finalist die Playoffs - in Mannheim dürfte sich nun viel ändern.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Um 16.53 Uhr am Sonntag schwoll der Geräuschpegel in der Kölner Arena an. Das Publikum zählte euphorisch den Countdown herunter. Bei der "Eins" angelangt, brach es in Jubel aus. Die in Rot gewandeten Eishockeyspieler fielen sich in die Arme und schlugen sich auf die Helme.

Mal abgesehen davon, dass die Kölner Haie hier bloß ihren Einzug in die Playoffs bejubelten, hat aber die Deutsche Eishockey-Liga am Sonntag tatsächlich etwas Historisches erlebt. Denn durch die 2:4 (0:1, 1:2, 1:1)-Niederlage in diesem dritten Pre-Playoff-Spiel ist mit den Adlern Mannheim der amtierende Meister am Einzug ins Viertelfinale gescheitert. Nachdem am Freitagabend mit dem ERC Ingolstadt bereits der andere Vorjahresfinalist ausgeschieden war, folgten diesem mit den Mannheimern nun auch noch die letztjährigen Finalsieger durch den Notausgang aus dem laufenden Wettbewerb nach. Zum ersten Mal in der 21-jährigen Geschichte der DEL haben also beide Vorjahresfinalisten den Einzug in die Playoffs versäumt, und die Liga bekommt nach der Drei-Titel-Serie der Eisbären Berlin von 2011 bis 2013 zum dritten Mal nacheinander gewiss einen neuen Meister.

Um 16.53 Uhr am Sonntag wussten endlich auch die Hauptrunden-Besten aus München und Berlin, mit wem sie es im Viertelfinale von diesem Dienstag an aufnehmen müssen. Den Duellanten Iserlohn und Nürnberg sowie Wolfsburg und Düsseldorf war ja schon seit einer Woche bekannt gewesen, dass sie es ab Mittwoch miteinander zu tun bekommen, aber bei München und Berlin waren die Gegner vom Ausgang der Pre-Playoffs abhängig. Nun empfangen die Münchner am Dienstag Straubing, die Kölner reisen zu den Eisbären Berlin, zum Klub ihres Ex-Trainers Uwe Krupp. Angst haben die Kölner trotz ihrer miserablen Hauptrunde vor den Eisbären aber keine. Erstens haben sie gegen Mannheim Selbstvertrauen gesammelt, und zweitens, sagte Andreas Falk am Sonntag als Schütze zweier Tore, "haben wir gegen die starken Teams immer gut ausgesehen". Falk sagt über die Berliner: "Die haben Respekt vor uns, wetten?"

Nach dem Kölner 6:3-Sieg im ersten Spiel und dem Mannheimer 5:2-Erfolg im zweiten hatte sich das Schicksal der beiden Traditionsklubs im dritten Spiel von einer halbjährigen Saison auf ein einziges Duell. "All in", hatte das Kölner Playoff-Motto gelautet - Alles oder Nichts, wie beim Poker. Und während die Kölner alles gewannen, ist für die Mannheimer die Spielzeit erstmals seit 2010 (Pre-Playoff-Niederlage gegen Augsburg) wieder derart früh zu Ende. "Wir hätten die Saison mit einem Sieg heute vorerst noch mal retten können", sagte Torjäger Christoph Ullmann, "aber wir haben einfach zu wenig Druck aufs Tor entwickelt."

Natürlich musste man sich fragen, wie das Spiel wohl ausgegangen wäre, wenn Sinan Akdag, der frisch gekürte 'DEL-Verteidiger des Jahres', in der neunten Minute einen Penalty für die Mannheimer zum 1:0 genutzt hätte. Akdag war in Mannheimer Unterzahl beim Konter von den Kölnern Fredrik Eriksson und Alexander Sulzer unfair gestoppt worden, aber er konnte aus dem Penalty kein Kapital schlagen. Kurz vor der ersten Drittelpause erzielte stattdessen Jean-Francois Boucher das 1:0 für die Kölner, und nachdem Patrick Hager und Andreas Falk diese Führung bis Mitte des zweiten Drittels auf 3:0 ausgebaut hatten, war die Partie entschieden. Da half auch das erste Saisontor von Marcel Goc zum 1:3 nichts. Nach dem Kölner 4:1 durch Falk verkürzte Jonathan Rheault nur noch auf 2:4. Zwei Kölner Treffer waren umstritten, weil ihnen Fouls vorausgegangen sein könnten. Für Mannheims vormaligen Assistenztrainer Craig Woodcroft, der als Chef erst Mitte Februar auf Greg Ireland folgte, war es im elften Spiel die achte Niederlage.

Der 46-jährige Kanadier hat als Chefcoach vermutlich keine Zukunft in Mannheim, aber schon wird in der Branche spekuliert, ob der Klubeigner Daniel Hopp nach dieser Saison auch in der Mannschaft ausmistet. Am Sonntag bei Servus-TV klang Hopp noch moderat: "Wir haben viele Tiefschläge erlebt und einen Großteil der Saison einfach nicht gut gespielt." Intern allerdings könnte der ambitionierte Chef diese Woche schon ganz andere Töne anschlagen.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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