Dritte Fußball-Liga:Zwischen Werder und Wasserburg

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Für München fraglich: Kickers-Stammtorwart Vincent Müller verletzt sich hier beim Einsatz gegen Magdeburgs Anthony Roczen. (Foto: Heiko Becker/HMB-Media/Imago)

Die Schlagzahl der Spiele fordert Würzburg besonders.

Von Sebastian Leisgang

Am vergangenen Sonntag hat Sebastian Schuppan über Burger und Bier gesprochen. Schuppan ist zwar weder Gastronom noch Ernährungsberater, er führt aber die Würzburger Kickers als Kapitän an, und daher war es ihm vor dem 0:1 am Dienstagabend gegen den 1. FC Magdeburg ein Anliegen, öffentlich an seine Teamkollegen zu appellieren.

Schuppan, 33, hielt seine Mitspieler also dazu an, in diesen Wochen alles dem Fußball unterzuordnen, nicht einmal einen Schluck Bier zu trinken und kein Fast Food zu essen. Andernfalls, meinte Schuppan, erhole sich der Körper deutlich langsamer, und das, so viel wissen sie in Würzburg, können sie sich nicht erlauben. Generell nicht - und in diesen Wochen erst recht nicht.

Manche behaupten ja, dass sich nicht nur die Handschrift eines Trainers im Spiel seiner Mannschaft zeige, sondern auch, dass das Spiel einer Mannschaft den Charakter ihres Trainers widerspiegele. Wie wahr diese These sein kann, lässt sich in Würzburg erkennen. Michael Schiele kann ein energischer Mensch sein, manchmal ist er resolut, manchmal lässt er sich von Emotionen treiben. Und seine Mannschaft? Zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur ballfertig, sondern auch sehr fleißig ist, dass sie sehr aufwendig spielt, leidenschaftlich, rastlos. Sich wieder und wieder zu verausgaben, keinen Sprint auszulassen, nie Ruhe zu geben, darum geht es, das ist der Kern des Würzburger Spiels.

Jetzt aber bringt das Programm der dritten Liga die Mannschaften an ihre Grenzen. Alle drei Tage ein Spiel, kaum Zeit zur Erholung, irgendwann geht das an die Substanz. Noch nicht nach 90 Minuten in Meppen, vielleicht auch noch nicht nach 90 Minuten gegen Magdeburg, doch je länger sich die Saison hinzieht, desto zehrender wird es. Am Samstag spielen die Kickers schon wieder, bei 1860 München, dann werden Albion Vrenezi (fünfte gelbe Karte) und womöglich auch Stammtorwart Vincent Müller (verletzte sich gegen Magdeburg) fehlen.

Schon das Spiel am Dienstag sei "noch härter" gewesen als der Auftakt am vergangenen Samstag, sagt Angreifer Luca Pfeiffer. Und: "Wir hatten drei Monate Pause, sind seit zwei Wochen im Mannschaftstraining, jetzt kommen nur englische Wochen. Das ist natürlich extrem hart." Für die Kickers geht es in diesen Wochen deshalb vor allem um eine Sache: klug zu spielen.

Nur: Heißt das nicht, dass sie sich auf den letzten Metern der Saison untreu werden müssen? "Wir wollen nicht von dem abrücken, was in der Vergangenheit gut war", sagt Schiele, "aber wir müssen in einzelnen Phasen ökonomischer spielen - das wird der nächste Schritt sein." Mit den Kräften hauszuhalten, sich vielleicht mal nicht in einen Angriff einzuschalten: Auch das ist jetzt gefragt. Wohin das führt, ist noch nicht abzusehen. Zwar sind die Kickers selbst nach der Niederlage gegen Magdeburg der zweiten Bundesliga näher als der Regionalliga; weil in dieser dritten Liga aber nichts ausgeschlossen scheint, sagte Schiele noch vor dem Re-Start: "Du kannst nach jetziger Tabellensituation nächstes Jahr gegen Werder Bremen spielen - aber auch gegen Vilzing oder Wasserburg." Das sind die Extreme, zwischen denen sich die Kickers in diesem ungewöhnlichen Frühsommer bewegen.

© SZ vom 04.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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