Dopingverdacht:Verfahren gegen Eisschnellläufer

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Die Nationale Anti-Doping-Agentur eröffnet ein Verfahren gegen den ehemaligen Eisschnellläufer Robert Lehmann. Profitieren dürfte sie von den Blutdoping-Ergebnissen aus der Operation Aderlass.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

In der Erfurter Blutdoping-Affäre hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) ein sportrechtliches Verfahren gegen den früheren deutschen Eisschnellläufer Robert Lehmann eröffnet. Das teilte sie am Freitag mit. Es gehe um einen möglichen Dopingverstoß in einem sportrechtlich nicht verjährten Zeitraum vor 2015. Der 35-Jährige ist der erste deutsche (Ex-)Sportler, dessen Name konkret mit der Blutdoping-Gruppe um den Erfurter Sportmediziner Mark Schmidt in Verbindung gebracht wird.

Lehmann zählte im Eisschnelllauf über viele Jahre zu den besten deutschen Mittel- und Langstrecklern und nahm an drei Olympischen Spielen teil (2006, 2010, 2014); 2008 wurde er über die 1500-Meter-Distanz deutscher Meister. Seine Karriere beendete er nach den Spielen von Sotschi vor fünf Jahren. Pikant ist, dass er zuletzt als Jugendtrainer am Olympiastützpunkt Berlin aktiv war. Dieser hatte ihn bereits in der vergangenen Woche freigestellt. Erstmals hatte es im März Berichte über einen Verdacht gegen einen deutschen Eisschnellläufer und Olympia-Teilnehmer gegeben.

Ein Verfahren der Nada vor dem Deutschen Schiedsgericht gegen einen früheren Aktiven und ohne positiven Dopingtest - wie nun bei Lehmann - ist eher ungewöhnlich. Die Nada dürfte also über eine Informations- und Beweislage verfügen, die sie als sehr valide ansieht. Der Verdacht habe sich in den vergangenen Wochen "verdichtet", teilt sie mit. Dabei dürfte die Agentur insbesondere von den Erkenntnissen profitieren, die die Münchner Staatsanwaltschaft als federführende Behörde in der "Operation Aderlass" um das Erfurter Netzwerk gewonnen hat. Seit Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes Ende 2015 ist der Austausch zwischen Nada und Staatsanwaltschaften enger geworden, damit Erkenntnisse aus einem strafrechtlichen Verfahren besser in ein sportrechtliches einfließen können. Dem Vernehmen nach soll Lehmann vom beschuldigten Sportmediziner direkt belastet worden sein.

Lehmann dürfte nicht der letzte deutsche Athlet in dieser Doping-Causa bleiben. Die Münchner Staatsanwaltschaft teilte vor wenigen Wochen mit, dass sie 21 Athleten aus acht Nationen und fünf Sportarten im Visier habe; dabei handelt es sich offenkundig um die Sparten Radsport, Leichtathletik, Skilanglauf, Biathlon und Eisschnelllauf. Als Kunden des Netzwerkes identifiziert sind neben dem österreichischen Langläufer Johannes Dürr, der den Fall mit seiner Aussage ins Rollen gebracht hatte, die Langläufer Dominik Baldauf, Max Hauke (beide Österreich), Andrus Veerpalu, Karel Tammjärv, Algo Kärp (alle Estland) und Alexej Poltoranin (Kasachstan) sowie die beiden österreichischen Radprofis Stefan Denifl und Georg Preidler.

Lehmanns Fall spielt für die Staatsanwaltschaft strafrechtlich aber keine Rolle, weil sein möglicher Dopingverstoß bereits vor Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes erfolgt wäre. Lehmanns Anwalt war am Freitag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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