Die Dopingaffäre weitet sich aus:Made in Germany

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Die Ermittler in Spaniens Dopingskandal haben Spuren in die Leichtathletik und nach Deutschland.

Javier Cáceres

Der Dopingskandal in Spanien hat Verästelungen, die unter anderem nach Deutschland und in die Leichtathletikszene führen. Wie aus Ermittlerkreisen in Madrid verlautete, ist ein Teil der am Dienstag im Rahmen einer spektakulären Antidopding-Razzia sichergestellten Medikamente deutscher Herkunft.

Eufemiano Fuentes (Foto: Foto: AP)

Woher genau, war nicht zu ergründen. Es seien aber offenkundig Arzneimittel, die für den Gebrauch in Krankenhäusern hergestellt werden. Ein Sprecher der spanischen Polizei wollte dies am Freitag unter Berufung auf das Ermittlungsgeheimnis nicht kommentieren.

Bei der Razzia gegen den Dopingring um den Sportarzt Eufemiano Fuentes und den Hämatologen José Luis Merino Batres waren neben 200 Blutkonserven und Apparaturen zur Behandlung von Plasma auch Tausende Dopingmitteleinheiten und Medikamente sichergestellt worden, darunter Epo und Wachstumshormon aus chinesischer Produktion. Operación Puerto (Operation Bergpaß), wie die Aktion hieß, war der schwerste Schlag gegen das organisierte Doping in der Geschichte Spaniens.

Neben Fuentes und Merino Batres waren drei weitere Personen verhaftet worden, darunter einer der berühmtesten und erfolgreichsten spanischen Radsporttrainer, Manolo Saiz. Er wurde bereits am Mittwoch unter Auflagen freigelassen, weil er den Ermittlern als Kunde des Doping-Rings gilt, nicht als Bandenmitglied. Der Name Merino Batres tauchte auch im Zuge der Aufarbeitung des Dopingfalls der deutschen Hochspringerin Amewuh Mensah auf: Sie hatte auf Anraten ihres Managers Jos Hermens den Arzt Miguel Angel Peraíta in Madrid konsultiert. Peraíta wiederum schickte Mensah in das Analyse-Labor von Merino Batres. Peraíta gilt auch als der ominöse Top Doc, mit dem der Leichtahtletik-Trainer Thomas Springstein über Doping fachsimpelte.

"Für die EM dürfte es einige Absagen geben"

Die Annahme, dass der Skandal auch die Leichtathletik-Szene berührt, gründet aber auf einer anderen, aktuelleren Erkenntnis. Die Ermittler fanden Blutkonserven, die gemäß ihrer Aufschrift am 8. und 13. August bei der Europameisterschaft in Göteborg zur Anwendung kommen sollten. Für besagte Tage sind das 10000-Meter-Finale und der Marathonlauf terminiert. Die Ermittler gingen davon aus, dass mindestens zwölf Leichtathleten in die Praktiken verstrickt waren. "Für die EM dürfte es einige Absagen geben", sagte ein Leichtathletik-Funktionär zu El País.

Am Freitag wurden die vier Beschuldigten dem Haftrichter vorgeführt. Nach den Verhören wurde für Fuentes Haft angeordnet, die zur Kaution ausgesetzt werden kann. Merino Batres sowie die beiden anderen Festgenommenen, Radsporttrainer Ignacio Labarta und Ex-Profi Alberto León, kamen unter Auflagen auf freien Fuß. Sie müssen sich wöchentlich melden. Medienangaben zufolge haben Fuentes sowie Merino Batres in polizeilichen Verhören abgestritten, in Dopingpraktiken verstrickt zu sein. Fuentes habe gesagt, bei den Blutkonserven handle es sich um teils verunreinigte Abfallprodukte für private Forschungszwecke. Außerdem sei der Großteil der Medikamente verfallen. Laut El País schwieg er, als ihm Fotos vorgehalten wurden, auf denen "berühmte Sportler" beim Betreten seiner Geschäftsräume im Zentrum Madrids zu sehen sind. Ebenso zu abgehörten Telefonaten.

Auf einigen Beuteln stehen Spitznamen und Bar-Codes

Interessant dürften seine Gespräche mit dem früheren Mountain-Bike-Profi León sein. Er soll dem Doping-Ring des in der Szene berühmt-berüchtigten Fuentes als Kurier gedient haben. Laut El Periódico soll Fuentes eine "Luftbrücke" zwischen Madrid und den Hotels der "Giro-d'Italia"-Fahrer eingerichtet haben, die León bediente. So hätten Giro-Teilnehmer von Madrid aus mit behandeltem Eigenblut versorgt werden können. Die Spekulationen um die Namen verwickelter Sportler hält derweil an.

Polizeidirektor Joan Mesquida äußerte die Gewissheit, dass "weitere prominente Namen auftauchen werden". Er gehe aber nicht von weiteren Festnahmen aus. Spaniens oberste Sportbehörde CSD scheut offenbar aus juristischen Gründen davor zurück, Namen zu nennen. Zwar wurde eine umfassende Liste mit Patienten von Fuentes sichergestellt. Es könne aber schwierig werden, nachzuweisen, dass die Sportler sich gedopt haben. Auch sei nicht in allen Fällen sicher, wem die Blutkonserven zuzuordnen sind. Zum Teil sind Klarnamen von Sportlern vermerkt. Auf einigen Beuteln stünden Spitznamen und Bar-Codes.

© SZ vom 27.5.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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