DFB-Junioren in der Einzelkritik:Wie Olli Kahn in wildesten Zeiten

Während Matthias Ginter an Biene Maja denkt, schreit Marc-André ter Stegen seine Mitspieler an. Und Kevin Volland hätte längst eine Einladung auf Karel Gotts Terrasse verdient. Die DFB-Junioren in der Einzelkritik.

Von Matthias Schmid, Prag

Marc-André ter Stegen

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(Foto: Joe Klamar/AFP)

Ihm sieht man nicht sofort an, ob er Spaß hat. Ter Stegen wirkt immer cool, fast entspannt - ganz gleich, ob er im Champions-League-Finale spielt oder mit ein paar Kumpels auf dem Bolzplatz in Gladbach. Der Spaßfaktor könne in so einem entscheidenden Spiel in einem fast ausverkauften Stadion den Unterschied machen, hatte U-21-Nationaltrainer Horst Hrubesch vor der Partie gegen Tschechien erklärt. Gegen den Gastgeber zeigte ter Stegen Verblüffendes: nämlich einen Fehlpass, der fast zum Gegentor geführt hätte. Musste dann noch einen Ball aus dem Tor holen, der Ausgleich verdarb ter Stegen gehörig den Spaß. Er schrie seine Mitspieler an und riss dabei den Mund auf wie Oliver Kahn in seinen wildesten Zeiten.

Julian Korb

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(Foto: Lee Smith/Reuters)

Eine astreine Grätsche macht Julian Korb keinen Spaß. Er spitzelt seinem Gegenspieler lieber elegant den Ball vom Fuß. Der rechte Außenverteidiger hatte gegen Tschechien zunächst kaum Gelegenheiten, das zu zeigen, weil er auf seiner Seite kaum einem Gegenspieler begegnete. Kurz nach der Pause rückte er dann aber schnell in den Blickpunkt, weil er das 0:1 verhinderte, indem er einen Kopfball von Jakub Brabec von der Linie köpfelte (Szene im Bild).

Dominique Heintz

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(Foto: dpa)

Als Kind soll Heintz wie die meisten anderen Heranwachsenden Biene Maja geguckt haben, er hätte deshalb allzu gerne Hrubesch begleitet, als der am Montag einer Einladung von Karel Gott folgte, um mit dem Schlagersänger auf dessen Terrasse Kaffee zu trinken und gemeinsam zu singen. Spaß hatte Heintz auch ohne Gott, weil der Innenverteidiger gegen Tschechien abermals in der Startelf stand und mit einer Ruhe und Abgeklärtheit spielte, als hätte er schon 50 A-Länderspiele mitgemacht. Auch er konnte den Gegentreffer nicht verhindern.

Matthias Ginter

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(Foto: dpa)

Hat Spaß am Torschießen bekommen, weil eigentlich das Toreverhindern seine Hauptaufgabe ist. Er wolle jetzt aber Kevin Volland nicht gleich herausfordern, verkündete er nach dem Dänemark-Spiel, als er das 3:0 köpfelte. War auch gegen Tschechien im gegnerischen Strafraum zu finden, doch sein Kopfball hätte auch ein E-Jugendlicher gehalten. In der Defensive kaum gefordert, sodass er Zeit hatte zu überlegen, ob er es blöd findet, dass nicht mehr Karel Gott, sondern Helene Fischer mittlerweile den Titelsong von Biene Maja singen darf. In der hektischen Schlussphase beschäftigte er sich aber wieder mit Fußball, warf sich in alle Zweikämpfe und war die furchtlose Führungskraft, die er sein möchte.

Christian Günter

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(Foto: AFP)

Hatte gegen Dänemark keinen großen Spaß, weil er den 3:0-Sieg seiner Mitspieler von draußen ansehen musste. Nach seiner gelb-roten Karte durfte er gegen Tschechien wieder hinten links verteidigen. Hatte mehr zu tun als Julian Korb, erledigte seine Aufgabe unaufgeregt.

Amin Younes

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(Foto: AFP)

Ob Amin Younes Spaß hat, sieht man, wenn man seinem Gegenspieler ins Gesicht schaut. Wenn der wütend und/oder traurig dreinschaut, dann ist klar, dass er von Younes mit Tempodribblings und irrwitzigen Übersteigern in den Wahnsinn getrieben wurde. In der ersten Hälfte reichte es allerdings nur zu einem humorlosen Tunnel. Spielte gegen Tschechien nicht so aufregend wie gegen Dänemark. Haderte oft mit sich, musste nach knapp einer Stunde vom Feld. Auch ein Besuch bei Karel Gott hätte seine Laune nicht heben können.

Emre Can

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(Foto: REUTERS)

Hat Spaß daran, Kevin Volland als bekanntesten deutschen Spieler in Tschechien den Rang abzulaufen, am Tag vor dem Spiel wollte er bei einem Stadtbummel Zerstreuung finden, kam aber kaum aus dem Hotel heraus, weil andauernd tschechische Gäste um ein Selfie mit ihm baten. Liebt als Rampensau die große Bühne. Doch gegen Tschechien nicht so chefig und zupackend in den Zweikämpfen wie in den Spielen zuvor. Vergab das mögliche 2:0 leichtfertig.

Max Meyer

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Horst Hrubesch vergeht nicht der Spaß daran, Max Meyer weiter aufzustellen. Er guckt dem offensiven Mittefeldspieler beim Fußballspielen gerne zu, obwohl dieser bei der EM sein breites Repertoire stets gut versteckt hält. Auch gegen Tschechien fehlte Meyer die Schnelligkeit in Kopf und Beinen. Lief in der zweiten Hälfte allein auf den Torhüter zu, verlor aber den Ball. Dass er ein großartiger Fußballer sein kann, zeigte er beim feinen Steilpass auf Can.

Joshua Kimmich

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Pep Guardiola saß nicht bei ihm zu Hause auf dem Sofa. Das hatte er in dieser Woche noch mal klar gestellt. Der Transfer zum FC Bayern klappte trotzdem. Der Mittelfeldspieler will sich bei der EM bei "Herrn Guardiola", wie Kimmich seinen künftigen Trainer ehrfürchtig nennt, aufdrängen, möglichst viel spielen. Dem Katalanen dürfte gefallen haben, was er von seinem künftigen Spieler gesehen hat, der machte wieder vieles richtig, war immer anspielbar.

Nico Schulz

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ob er Karel Gott mag oder noch lieber Helene Fischer, ist nicht überliefert. Gut fand er, dass er gegen Tschechien wieder auflaufen durfte, diesmal verteidigte er aber nicht links in der Viererkette, sondern durfte sich als linker Außenstürmer versuchen. Machte das auffallend gut. Der vielleicht beste deutsche Spieler, nicht nur, weil er aus dem allgemeinem Kuddelmuddel zum Führungstreffer einschoss.

Kevin Volland

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(Foto: REUTERS)

Würde gerne ein Eishockeyspiel in Prag ansehen, doch die Saison der Extraliga, wie die höchste Klasse heißt, macht gerade Sommerpause. Hatte früher als Bub selber viel Spaß am Eishockey. Erinnerte sich daran, dass er den Puck damals gerne pfeilschnell und scharf in die Mitte passte, wenn ihm nichts anderes einfiel. Probierte dies gegen Tschechien ebenfalls, der Ball gelangte glücklicherweise zu Nico Schulz, der zur Führung einschoss. Hätte längst schon eine Einladung auf Karel Gotts Terrasse verdient. Ob der sich für Eishockey interessiert?

Einwechselspieler

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(Foto: AP)

Leonardo Bittencourt: Kam nach etwa einer Stunde für den glücklosen Younes in die Partie, spielt immer so Fußball wie Karel Gott singt: mit voller Leidenschaft. Sein Drehschuss in der Schlussphase ging über das Tor. Mag die Musik von Gott trotzdem nicht. Yunus Malli: Durfte in den letzten zehn Minuten seine ersten Minuten bei der EM auf dem Rasen erleben, hat ihm Spaß gemacht, weil er die Aussicht hat, im Halbfinale erneut spielen zu dürfen. Philipp Hofmann: In der Nachspielzeit ins Spiel gekommen und hätte mit dem ersten Kontakt fast per Kopf den Siegtreffer erzielt.

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