DFB-Elf bei der U-21-EM:Mit zitternden Beinen ins Halbfinale

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Seltsame Stimmung: Die DFB-Junioren erreichen das Halbfinale, aber jubeln wollen nicht alle. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die deutsche U 21 qualifiziert sich für das EM-Halbfinale und damit für die Olympischen Spiele.
  • Beim 1:1 gegen Tschechien strapaziert das Team von Horst Hrubesch allerdings das Glück.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der U-21-EM.

Von Ulrich Hartmann, Prag

Am Montag hatte Horst Hrubesch noch eine Begegnung mit Gott gehabt. Die beiden trafen sich auf einer Terrasse in Prag und schmetterten zusammen Schlager. Der Sänger Karel Gott ("Die Goldene Stimme von Prag") wohnt in jener Stadt, in der der Fußballtrainer Hrubesch am Tag nach dem Treffen einen Meilenstein seiner Karriere perfekt machte. Hrubesch qualifizierte sich mit seiner U21-Elf am Dienstagabend für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.

Deutschland musste sich im abschließenden dritten Gruppenspiel im Stadion Eden von Prag gegen den Gastgeber Tschechien zwar mit einem 1:1 (0:0) zufrieden geben, zog damit aber als Gruppenzweiter ins Halbfinale der U21-Europameisterschaft ein. Singen mit Karel Gott, Olympia-Qualifikation und jetzt ein Halbfinale am Samstag vor der Brust: Es sind ereignisreiche Tage für den 64-jährigen Hrubesch - und seine 23 Spieler.

"Es war schwer, aber wir sind froh, dass wir mit Olympia den ersten Schritt erreicht haben", sagte Kapitän Kevin Volland. "Wir sind da, wo wir hinwollten", stellte Hrubesch erleichtert fest. "Wir wären gerne Gruppenerster geworden, dann hätten wir nicht reisen müssen", sagte der Trainer. Deutsche Fußballer mit Olympia-Erfahrung passen alle zusammen in einen Reisebus - so wenige gibt es davon. Die bis dato Letzten, die das geschafft haben, hießen 1988 unter anderem Uwe Kamps, Andreas Köpke, Thomas Häßler, Karl-Heinz Riedle, Frank Mill und Jürgen Klinsmann.

28 Jahre wird das im Sommer 2016 her sein, wenn dann endlich mal wieder ein deutsches Team am olympischen Fußballturnier teilnehmen darf. "Olympia hatte ich noch nicht. Ich bin sehr froh, auch für die Jungs, dass es jetzt passiert", sagte Hrubesch. Einzig Regularien trüben die Vorfreude der deutschen Fußballer, denn acht der 23 derzeitigen Kadermitglieder werden 2016 zu alt sein, um mit nach Brasilien reisen zu dürfen - bloß drei Spieler in jedem Olympiakader dürfen vor dem 1. Januar 1993 geboren sein.

Doch mit der Nominierung für Rio beschäftigt sich Hrubesch sowieso noch nicht. Es gilt jetzt in Tschechien erst noch zwei Spiele zu gewinnen, damit Deutschland zum zweiten Mal U21-Europameister ist. Erstmals war man das 2009, als das Turnier in Schweden ausgetragen wurde. Hrubesch war auch damals der verantwortliche Trainer (und wurde ebenfalls Gruppenzweiter). Nun, in Tschechien, hat er wieder ein Team beisammen, das stark genug ist, um den Titel zu gewinnen.

Hrubesch hatte gegen die Tschechen seine Startelf nahezu so wie beim vorangegangenen 3:0 gegen Dänemark aufgestellt - mit dem kleinen Unterschied, dass der zuvor gesperrte Linksverteidiger Christian Günter zurückkehrte, Nico Schulz dafür nach vorne rückte und Amin Younes auf die andere Seite nach rechts. Allerdings kam Younes dort kaum ins Spiel. Die deutsche Dominanz erstreckte sich anfangs ausschließlich über links, von wo Schulz die Mitte munter mit Flanken versorgte.

Doch dieser Fluss versiegte ohne Not nach einer Viertelstunde. Das deutsche Spiel wurde langsamer und unpräziser. Max Meyer tat sich in der zentralen Offensive auch im dritten Spiel nacheinander schwer, den Ball entweder mal mit einer Einzelaktion oder per Pass gefährlich in den gegnerischen Strafraum zu bringen. So blieb eine Halbzeit lang die Gefahr immanent, dass die Tschechen den Deutschen mit nur einem Treffer das Halbfinale sogar noch rauben könnten.

Zwei Minuten nach der Pause wäre es dann fast schon soweit gewesen. Nach einer Ecke köpfelte Tschechiens Kapitän Jakub Brabec den Ball so weit ins linke Eck des deutschen Tors, dass der Torwart Marc-André ter Stegen den Ball nicht mehr bekommen konnte. Glücklicherweise stand dort aber der Rechtsverteidiger Julian Korb und klärte auf der Linie. Zwei weitere Minuten später schoss Tschechiens Jiri Skalak den Ball knapp neben das deutsche Tor. Deutschlands Einzug ins Halbfinale stand nun ernsthaft auf der Kippe.

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Doch ausgerechnet in diese kritische Phase hinein schoss der Berliner Nico Schulz als bester deutscher Spieler das äußerst schmeichelhafte 1:0 für das deutsche Team (55. Minute). Eine Hereingabe von Kevin Volland prallte in der tschechischen Abwehr so ab, dass Schulz den Ball volley einzuschieben vermochte. "Nach dem 1:0 hätten wir das zweite Tor machen müssen, dann wäre es durch gewesen", sagte Hrubesch.

Doch Emre Can ließ zwei deutsche Großchancen aus, und die Tschechien waren nicht bereit, das Spiel bereits verloren zu geben. Ladislav Krejci glich in der 66. Minute nach einer deutschen Fehlerkette und einer Flanke des Nürnbergers Ondrej Petrak zum verdienten 1:1 aus. Immerhin wurde die statische Partie jetzt richtig rasant. Wieder mussten die Deutschen zittern, eine halbe Stunde lang noch, sie retteten das Unentschieden gegen starke Tschechen aber mit zitternden Beinen über die Zeit.

Ihr Halbfinale bestreiten die Deutschen am Samstagabend um 18 Uhr (ARD) in Olmütz gegen den Sieger der Gruppe B. Dessen Identität erfahren sie an diesem Mittwochabend.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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