Deutsches Derby:Außen galoppiert sich's schneller

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Deutsches Derby in Hamburg: Sieger Andrasch Starke auf Sisphahan gewinnt. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Der Sieg beim Galoppderby in Hamburg gelingt Hengst Sisphahan wegen seiner Qualitäten - und der Erfahrung von Jockey Andrasch Starke.

Von Gabriele Pochhammer, Hamburg

Auf dem Führring schlurfte Sisphahan noch betont gelassen seine Runden, so wie einer, der um keinen Preis auffallen will. Durch seine helle, weithin leuchtende Mähne, sehr selten bei Vollblütern, zog der Fuchs dennoch viele Blicke auf sich. Zehn Minuten später tänzelte er als Derbysieger 2021 stolz vor der Haupttribüne der Rennbahn Hamburg-Horn her, auf einmal ein anderes Pferd: den Hals elegant gebogen, die Nüstern gebläht, und noch zu einem fröhlichen Seitensprung bereit, der seinen Reiter fast in "Wohnungsnot" brachte. So heißt bei Pferdeleuten der gerade noch vermiedene unfreiwillige Abgang.

Man ist versucht zu glauben, dass Pferde wissen, wenn sie etwas besonders gut gemacht haben, und den Beifall genießen, der ihnen entgegenschlägt. "Er ist immer guter Laune," sagt Trainer Henk Grewe von seinem neuen Star Sisphahan. Dazu hatte auch der Trainerchampion 2019 und 2020 am vergangenen Sonntag allen Grund. Die vierbeinige Frohnatur hatte ihm seinen ersten Sieg im Deutschen Derby beschert, den bisher größten Erfolg für den 38-Jährigen, der in Köln etwa 100 Pferde trainiert. "Es fällt ein unglaublicher Druck von meinen Schultern", sagte Grewe. "Wir haben an Sisphahan geglaubt, er ist in den wichtigsten Vorbereitungsrennen nicht gelaufen, deswegen war er schwer einzuschätzen, aber bei einem Rennen mit 20 Pferden sind Vorhersagen ohnehin schwierig."

Auf den letzten 300 Metern rollten Starke und Sisphahan das Feld von hinten auf

Jockey Andrasch Starke, 47, zog durch seinen achten Derbysieg mit Rekordhalter Gerhard Streit gleich. Sein Vorteil war, dass er die Horner Rennbahn besser kennt als andere und wusste, dass der Boden außen am besten ist, vor allem, wenn es in den Tagen zuvor stark geregnet hat, so wie in Hamburg am Mittwoch vor dem Rennen. Seine Taktik ging auf, "auch wenn man den einen oder anderen Meter mehr galoppieren muss". So konnte er, nachdem er zeitweilig ganz im Hinterfeld lag, auf den letzten 300 Metern der 2400 Meter langen Strecke das Feld von hinten aufrollen, von außen nach vorne preschen und dem Favoriten Alter Adler unter Theo Bachelot den fast sicheren Sieg noch entreißen. "Das war 'ne enge Kiste", sagte Starke über seine risikofreudige Strategie. "Wir waren ja sowas wie chancenreiche Außenseiter." Als Stalljockey von Henk Grewe hatte er die erste Wahl unter vier Derbykandidaten gehabt.

Natürlich hatte er sich nicht ohne Grund ausgerechnet Sisphahan ausgesucht, obwohl der Fuchs nur ein Rennen gelaufen war in diesem Jahr. Ausschlaggebend war die ansteigende Form in den letzten Trainingswochen, in denen Starke ihn selbst geritten hat. Und er wusste um Sisphahans Fähigkeit, am Ende noch mal den Turbo zuzuschalten, wenn bei anderen schon die Kräfte nachlassen.

390 000 Euro war die Ausbeute für Sisphahans Besitzer, Stall Darius Racing. Dahinter verbirgt sich Pharma-Manager Stefan Oschmann. "Ich bin besonders glücklich, weil wir mit Sisphahans Vater Isfahan 2016 das Derby gewonnen haben. Jetzt ist sein erster Jahrgang auf der Bahn, und dann gleich wieder ein Derbysieger, phantastisch!"

Großer Preis von Baden-Baden: Das Gespann hat weitere Termine vor sich

Erst in diesem Frühjahr hat Oschmann den Hengst gekauft. "Er stammt aus einer französischen Rennfamilie, doch die Mutter selbst war gar nicht so toll." Aber offenbar ihre Gene. Oschmann, promovierter Tierarzt, züchtet selbst, hat rund 20 Pferde bei verschiedenen Trainern in Arbeit und nimmt regen Anteil an ihren Fortschritten. Der Grundstein für seine Vollblut-Begeisterung wurde schon als Kind gelegt, die ersten Reitstunden erhielt er auf einem Vollbluthengst. Ukas hieß der, den Namen weiß er noch heute. Von da an sei es um ihn geschehen gewesen. Bevor er sich Rennpferde zulegen konnte, war er selbst ein begeisterter Reiter, am ehesten für die Vielseitigkeit. "Doch dafür wurde ich irgendwann zu schwer," sagt Oschmann. "Und außerdem fehlte mir damals für teure Pferde das Geld."

Das änderte sich mit aufsteigender Karriere. Vor 18 Jahren kaufte er zusammen mit einem Studienfreund eine tragende Stute, "für eine eher symbolische Summe". Das daraus hervorgegangene Fohlen brachte es auf einen Generalausgleich von 93,5, das sind dann schon die besseren Pferde. Und auch sonst bewies Oschmann ein glückliches Händchen. Isfahan hatte als Jährling nur 35 000 Euro gekostet, den mehr als zehnfachen Derbygewinn 2016 kann man wohl als eine lohnende Investition bezeichnen. Musste Isfahan sich als Junghengst zunächst mit weniger guten Stuten zufrieden geben, so hofft Oschmann für ihn durch den Sieg seines Sohnes auf prominentere Pferdedamen.

Sisphahan hat noch einige Aufgaben in dieser Saison vor sich, er soll in Baden-Baden im Großen Preis laufen. "Und dann wird man weiter sehen," sagte Henk Grewe. Zukunftspläne hat der Trainer auch für sich selbst. Er will demnächst seine Zelte in Deutschland abbrechen und sie im Ausland aufschlagen, in Australien, Hongkong oder Frankreich. "In ein, zwei oder drei Jahren. Dort spielt der Rennsport eine viel größere Rolle als in Deutschland", sagt er. Und auf die Verdienstmöglichkeiten anspielend: "Hier kann man davon leben, aber nicht für spätere Zeiten aussorgen."

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