Deutsche Volleyballerinnen bei der Heim-EM:Endlich in Bestform

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Auf der Höhe: DVV-Frauen Kozuch (links) und Ssuschke-Voigt. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Mit drei Siegen in drei Gruppenspielen sind die deutschen Volleyballerinnen bei der Heim-EM ins Viertelfinale gerauscht. Das Team scheint reif für den großen Titel - sogar der gestrenge Bundestrainer ist ein bisschen begeistert.

Von Ulrich Hartmann, Halle/Westfalen

Nebenan steht eine Schokoladenfabrik, da werden sogar bei Leistungssportlerinnen Kinderträume wach. "Vielleicht können wir die mal besichtigen", sagt Christiane Fürst und lächelt. Die deutschen Volleyballerinnen haben zwei Tage frei. Montag und Dienstag ist nur leichtes Training, weil sie alle drei Gruppenpartien gewonnen haben und bei der Heim-Europameisterschaft direkt ins Viertelfinale am Mittwoch eingezogen sind.

Nun ist Halle/Westfalen nicht gerade ein Dorado für Unterhaltungssuchende, aber im Luxushotel gleich neben dem Tennisstadion hat man ihnen einen Freizeitraum mit Flipper und Kicker eingerichtet, im Keller wartet eine Wellness-Oase und hinter dem Stadion steht die Schokoladenfabrik. Manchmal riecht es den ganzen Tag nach Süßem. Das weckt Sehnsüchte.

Doch fort mit solchen Gedanken! Die Schokoladenfabrik ist ein Mahnmal der Zahnärztekammer, und die Volleyballerinnen sind nicht zum Naschen nach Ostwestfalen gereist, sondern allenfalls, um süßen Erfolg zu kosten. Am Sonntagabend ist ihnen dergleichen erstmals gelungen, als sie den Mitfavoriten Türkei in eineinhalb Stunden mit 3:0 Sätzen aus der Halle fegten. Die spielerisch bloß mittelprächtigen 3:0- und 3:2-Siege gegen Spanien und die Niederlande hatten zuvor noch leichte Zweifel geschürt, ob diese Mannschaft reif ist für den ersehnten Europameister-Titel, aber mit dem souveränen Sieg über die Türkinnen sind die deutschen Spielerinnen angekommen in diesem Turnier.

Deutschland bei der Volleyball-EM
:Beeindruckender Spurt ins Viertelfinale

Auch die Türkei kann gegen Deutschland nicht bestehen: Bei der Heim-EM gewinnt das deutsche Team die dritte Partie und sichert sich somit den Einzug ins Viertelfinale. Mit-Gastgeber Schweiz muss sich schon aus dem Turnier verabschieden.

Endlich war die Mannschaft einmal in Bestform zu begutachten: Die sprunggewaltigen Angreiferinnen Maren Brinker, Margareta Kozuch und Heike Beier, die großgewachsenen Blockerinnen Christiane Fürst und Corina Ssuschke-Voigt, die biegsame Zuspielerin Kathleen Weiß und die flinke Libera Lenka Dürr. Sie alle liefen gegen die Türkei, im wichtigsten der drei Gruppenspiele, zu großer Form auf und zeigten Nervenstärke auch in den brenzligsten Spielsituationen (10:16-Rückstand im zweiten Satz, zwei Satzbälle für die Türkei im dritten). "Wir sind jetzt auf der Höhe", sagt Kathleen Weiß. "Und wir haben trotzdem noch Potenzial nach oben", ergänzt Christiane Fürst.

Auch der strenge Bundestrainer Giovanni Guidetti war erstmals ein bisschen begeistert, obwohl er den souveränen Sieg vom Sonntag etwas relativieren musste, weil er sein Team auf die Türkei so gut wie auf keinen anderen Kontrahenten einzustellen weiß. Guidetti trainiert seit fünf Jahren den türkischen Erstligisten Vakifbank Istanbul und dort einen Großteil der türkischen Nationalmannschaft. "Er hat uns unglaublich gut auf jede einzelne Spielerin vorbereitet", sagt Lenka Dürr.

Diesen Wettbewerbsvorteil werden die deutschen Frauen nicht mehr haben, wenn sie am Mittwoch (20 Uhr, Sport1) in Halle/Westfalen gegen Kroatien oder die Niederlande ihr Viertelfinale spielen, in dem sie sich für das Halbfinale am Freitag in der Berliner Max-Schmeling-Halle gegen Belgien, Tschechien oder Frankreich qualifizieren wollen. Das Ziel ist das Finale in Berlin am Samstag und der erste gesamtdeutsche EM-Titel. Dafür verzichten disziplinierte Volleyball-Nationalspielerinnen gerne auf einen Besuch in der ostwestfälischen Schokoladenfabrik.

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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