Deutsche U19:Mehr Spielfreude, weniger System

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Drei Partien haben die Talente des DFB bei der Europameisterschaft nun absolviert - und dabei auch die Probleme illustriert.

Von Sebastian Fischer, Reutlingen/München

Ein Nachwuchsturnier ist ja eigentlich dazu da, einen Blick in die Zukunft zu werfen - aber manchmal spiegelt es auch die Gegenwart. Ein Spiel haben die U19-Junioren des DFB bei der Heim-EM in Baden-Württemberg noch vor sich, am Donnerstag geht es in Sandhausen gegen die Niederlande um Platz fünf und die Qualifikation für die U-20-WM 2017. Drei Spiele haben sie absolviert - und dabei auch die Probleme der deutschen Fußball-Gegenwart illustriert.

"Die Effizienz muss bei uns besser werden, daran wollen wir arbeiten", hat DFB-Sportdirektor Hansi Flick nach dem 3:0 gegen Österreich am Sonntag gesagt, dem ersten deutschen Sieg in diesem Turnier. Besonders in der ersten Partie gegen Italien (0:1) war der Mangel an Effizienz vor dem gegnerischen Tor im deutschen Spiel deutlich geworden - ähnlich wie beim Nationalteam in Frankreich. Außerdem forderte Flick, künftig beim Nachwuchs positionsbezogener zu trainieren und individueller zu fördern. Die wichtigsten Fragen seien: "Wie kann man Spieler besser machen, wie kann man Positionen besser ausfüllen, wie kann man Talente auf diesen Positionen besser heranführen?" Besonders das zweite Spiel gegen Portugal (3:4) hatte gezeigt, dass die anderen Nationen bei der Ausbildung ihrer Talente aufgeholt haben - und sie den Deutschen auf manchen Positionen, den Außenbahnen im Speziellen, individuell überlegen sind. Einen besonderen Individualisten für die entscheidenden Momente hätte die DFB-Elf in Frankreich ja ebenfalls gut gebrauchen können.

Am Sonntag zeigte das Team von Trainer Guido Streichsbier dann allerdings, dass ein Problem im deutschen Fußball auch das vorschnelle Nörgeln ist: Das Team stand defensiv sicher, griff gefällig über die Flügel an und die Stürmer nutzten in der Mitte konsequent ihre Torchancen, Phil Neumann (50. Minute), Cedric Teuchert (52.) und Gökhan Gül (86.) trafen. Das Turnier sei zwar bisher nicht so gelaufen, "wie wir das erwartet haben", sagte Flick - aber er wirkte dann doch froh, dass es mit einem Sieg gegen die Niederlande versöhnlich enden kann. Auch das würde jedoch nichts daran ändern, dass sie beim DFB nach dem Turnier der U21 bei den Olympischen Spielen die Nachwuchsausbildung analysieren wollen und durchaus gewillt sind, Kurskorrekturen vorzunehmen. U19-Trainer Streichsbier hatte dies schon nach dem Portugal-Spiel angekündigt. Ein Kritikpunkt des DFB gegenüber den Vereinen ist, dass zu früh Spielsysteme gelehrt und zu sehr auf Ergebnisse geachtet wird. Vielmehr müsse die Entwicklung im Vordergrund stehen, sagte Flick am Sonntag. "Mit zehn bis zwölf Jahren brauche ich noch keine Mannschaft zu haben, die super verschiebt und Pressing spielt. In dem Alter muss man Spielfreude fördern.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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