Deutsche Sportförderung:Erst die Reform, dann mehr Geld

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Der Unmut über das Konzept für den Leistungssport ist groß, aber beim letzten Treffen der Beratungsgruppe sind keine Änderungen zu erwarten. Es geht nun vor allem um die Frage, auf wie viele Mittel der Sport hoffen darf.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Der deutsche Sport steht vor schwierigen Tagen, und diese begannen mit einer Niederlage. Am Freitag mussten die Funktionäre des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zur Kenntnis nehmen, dass in der üblichen Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt 2017 die Mittel für den Sport nicht wie gewünscht erhöht wurden. Nur fünf statt fast 15 Millionen Euro mehr, das passte DOSB-Präsident Alfons Hörmann gar nicht. Er hatte sich auf eine "Anschubfinanzierung" für die geplante Leistungssportreform gefreut. Die bleibt nun aus. Und jetzt ist die Frage, ob dies nur ein kleiner Rückschlag war - oder als Signal für die weiteren Entscheidungen dient.

Seit mehr als zwei Jahren beschäftigt das Wort-Ungetüm Leistungssportreform den deutschen Sport. An diesem Dienstag trifft sich ein letztes Mal das Beratungsgremium, das Hörmann und Bundesinnenminister Thomas de Maizière leiten - das Ministerium des CDU-Politikers ist der größte finanzielle Zuwendungsgeber des Spitzensports. Nach der Veröffentlichung eines Eckpunktepapiers vor sechs Wochen gab es viel Kritik in der Öffentlichkeit und in den Verbänden, vor allem an drei Punkten. Erstens an der Medaillenfixiertheit des Konzepts - zumal in Zeiten eines globalen Dopingproblems. Zweitens an einem nach Bürokratie klingenden Instrument namens "Potas", mit dessen Hilfe mehr Objektivität in die Sportförderung kommen soll. Und drittens an dem Plan, dass Disziplinen mit geringer Erfolgsperspektive künftig gar keine Mittel mehr aus dem Etat des Ministerium erhalten sollen.

Von der Leistungssportreform sollen vor allem solche Sportarten finanziell profitieren, die besonders gute Aussichten auf Medaillenerfolge haben. (Foto: Florian Peljak)

Entsprechend anstrengend waren die vergangenen Wochen für Hörmann. Er musste vor allem nach innen die Wogen glätten. Er tat das unter anderem, indem er einige eigentlich klar formulierte Aspekte des Konzeptes plötzlich in abgeschwächter Form wiedergab - und indem er die Verantwortung für Zumutungen dem BMI zuschob. Er habe auch viele Hinweise aus den Gesprächen mitgenommen, lautete sein Tenor; die wolle er nun noch einbringen.

Nur ist kaum zu erwarten, dass die Beratungsrunde am Dienstagmittag in Berlin grundlegende Veränderungen beschließt. Im Kern wird es in Zukunft so ablaufen: Erst ermittelt eine überwiegend extern besetzte Potas-Kommission mithilfe von 60 Attributen das Potenzial einer Disziplin und teilt sie in drei Gruppen (gute, mittlere oder keine Erfolgsaussichten) sowie entsprechende Förderstufen ein. Dann folgen unter Leitung des DOSB die Strukturgespräche, und schließlich unter Federführung des BMI der finale Entscheid der Förderkommission. Letzteres passt manchem im deutschen Sport immer noch nicht, doch es ist kaum davon auszugehen, dass sich daran etwas ändert.

In dieser Situation lässt sich aus DOSB-Sicht immerhin ein Argument als Rettungsanker benutzen: Mag sein, dass es künftig dieses Potas-Ungetüm und außerdem auch mehr BMI-Einfluss gibt - aber dafür fließt von 2018 an in der Gesamtheit ja auch deutlich mehr Geld. Wie viel genau, ist aber unklar. Nach der jüngsten Aufstockung betragen die Zuwendungen des Innenministeriums fürs Jahr 2017 nun 167 Millionen Euro.

Ganz zu Beginn des Prozesses stand einmal eine DOSB-Forderung von 38 Millionen Euro Mehrbedarf. Diese Zahl ist nicht mehr wiederholt worden, auch de Maizière blieb stets vage. Das Ziel seines Hauses ist es ja gerade, dass sich durch die Reform herausstellt, warum an welcher Stelle welche Mittel notwendig sind - und dass es nicht mehr wie bisher aus der großen Geldgießkanne regnet.

20 Millionen Euro mehr pro Jahr "werden nicht ausreichen", sagt Innenminister Thomas de Maizière. Er will mehr Geld für den Spitzensport. (Foto: Getty Images)

Bei einer Gesprächsrunde im ZDF-Sportstudio am Samstagabend führte der Innenminister aus, dass in der laufenden Legislaturperiode die Mittel im Etat um zirka 20 Millionen Euro angestiegen seien. "Und das wird als Zuwachs nicht ausreichen, um eine solche gute Reform zu finanzieren", ergänzte er. Aber er legte eben auch nahe, dass es eine Erhöhung nur "mit der Reform" gebe.

Trotz Ärger und Unsicherheit müssen die Fachverbände der Reform wohl zustimmen

Entsprechend schwierig ist die Lage für die Verantwortlichen im deutschen Sport. Die Skepsis über die Reform ist in vielen Verbänden groß. Und welche konkreten finanziellen Auswirkungen diese hat, können die Funktionäre aus den Fachsparten bestenfalls ahnen, vor allem die aus den schwächeren. Andererseits wissen sie, dass sie bei der Mitgliederversammlung in Magdeburg am 3. Dezember das Konzept nicht ablehnen dürfen, weil es ansonsten gar keine Mittelerhöhung gibt. So viel revolutionärer Geist wäre zwar ohnehin ungewöhnlich für den Sport, der unangenehme Dinge eher selten auf offener Bühne austrägt. Aber weil so viele so unmittelbar betroffen sind, könnte das hier anders sein.

Wie der Innenminister hofft auch DOSB-Chef Alfons Hörmann auf mehr Geld für den Spitzensport. (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Hörmann selbst ist sich dessen offenkundig auch bewusst. Er erwarte für den Konvent zwar keine Ablehnung der Reform, sagte er im ZDF: "Aber die Zustimmung wird zumindest keine mit großer Begeisterung sein oder von Euphorie getragen, weil natürlich noch viele Fragezeichen im Raum stehen."

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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