Deutsche Bilanz:Nur einmal 28 Millimeter

Lesezeit: 2 min

Marcel Kittel (M.) auf dem Weg zum einzigen deutschen Etappensieg in dieser Tour de France am vierten Wettkampftag. (Foto: Christophe Ena/AP)

Diesmal keine Tour D'Allemagne: Den deutschen Fahrern gelang bislang wenig. Der Sonntag bietet eine letzte große Chance.

Von Johannes Aumüller, Morzine

Rund 34 Minuten Rückstand hat das offizielle Tagesklassement am Ende der samstäglichen Etappe nach Morzine für die deutschen Top-Sprinter Marcel Kittel und André Greipel ausgewiesen. Bei Ersterem waren es ein paar Sekunden mehr, bei Letzterem ein paar Sekunden weniger, aber in jedem Fall waren rund 34 Minuten Rückstand für die beiden ein großer Erfolg. Es bedeutete nämlich, dass sie beim Etappensieg des Spaniers Jon Izaguirre Insausti (Movistar) und der Vollendung von Christopher Froomes drittem Tour-Gesamtsieg locker innerhalb der berühmten Karenzzeit blieben - also jener Vorgabe, innerhalb derer jeder Tour-Teilnehmer ins Ziel kommen muss, um weiter im Rennen bleiben zu dürfen.

Jetzt haben die beiden noch die Chance, am Sonntag auf den Champs-Élysées zu glänzen. Das ist für Sprinter ohnehin eine Prestigesache. Und in diesem Jahr zusätzlich die Möglichkeit, die deutsche Perspektive auf die Tour etwas zu verändern.

Tour d'Allemagne, dieser Begriff hat sich in den vergangenen Jahren als Chiffre für die Frankreich-Rundfahrt eingebürgert. 2013: sechs Etappensiege. 2014: sieben. 2015: sechs. Aber in diesem Jahr ist es keine Tour d'Allemagne, sondern eine Tour d'Angleterre gewesen. Froome war der Dominator, Neuling Adam Yates fuhr mit überraschend starken Leistungen ins Weiße Trikot des besten Jungprofis und verpasste das Podium nur um 21 Sekunden - und gleich sieben Etappen gewannen Männer von der Insel: Mark Cavendish (4), Froome (2) und Stephen Cummings (1). Und die Deutschen? Bisher nur ein Etappensieg, im Sprint der vierten Etappe erreicht durch Kittel, mit gerade mal 28 Millimetern Vorsprung.

Die deutschen Fahrer hatten ihre Momente

"Wir sind wahrscheinlich mit der stärksten Besetzung der letzten Jahre angetreten, trotzdem sind die Erfolge im Vergleich mager ausgefallen", sagt Tony Martin. Andererseits sind die Deutschen auch arg verwöhnt gewesen in den vergangenen Jahren. Und wiederum andererseits hatten sie durchaus ihre Momente. Martin hat auf einer Etappe ein famoses, aber letztlich nicht erfolgreiches Ausreiß-Duett mit seinem Etixx-Teamkollegen Julian Alaphilippe dargeboten, Greipel auf einem Abschnitt als Zweiter nur knapp den Etappensieg verpasst. John Degenkolb schaffte es trotz der Folgen seines schweren Trainingsunfalls im Winter immerhin zweimal unter die Top-4.

"Es wäre eine Illusion zu erwarten, dass die Deutschen jedes Jahr vier oder fünf Etappen gewinnen. Jetzt ist es ein Jahr, in dem es mal nicht ganz so prall lief. Das ist aber kein Grund zu verzweifeln, die Qualität ist immer noch da", sagt Kittel.

Und nun haben sie ohnehin noch die Chance auf einen guten Abschluss. Mark Cavendish, der bisher die Sprints dominierte, ist inzwischen ausgestiegen. Kittel und Greipel gelten nun als die großen Favoriten auf den Tagessieg in Paris - und Degenkolb darf sich dank seiner Vorliebe für Kopfsteinpflaster zumindest Außenseiterchancen ausrechnen.

© SZ vom 24.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: