Der Flügelflitzer:Gift im Körper

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Die nordkoreanischen Spieler seien vor dem Duell mit Südkorea vergiftet worden, behauptet der Trainer Nordkoreas. Verunreinigte Lebensmittel im Sport sind nichts Neues.

Jürgen Schmieder

Es ist eine Utopie aus längst vergangener Zeit. Sie ist schon so lange her, dass sich wahrscheinlich nur Menschen daran erinnern, die auch noch Vinyl-Schallplatten kauften. Es war eine Zeit, in der es beim Sport darum ging, den Körper fit zu halten und sich im fairen und friedlichen Wettkampf mit anderen Athleten zu messen.

Der nordkoreanische Spieler Jong Tae-Se am Boden. Auch er sei vergiftet worden, behauptet sein Trainer. (Foto: Foto: AFP)

Diese Zeit ist lange vorbei. Im Sport gilt mehr und mehr der Grundsatz aus Shakespeares "Macbeth": "Fair is foul and foul is fair".

Selbst Paul Breitner erkannte das schon 1981. In seinem Buch "Ich will kein Vorbild sein" philosophiert der Weltmeister von 1974: "Bevor ich dem Gegner erlaube, ein Tor zu schießen, muss ich ihn mit allen Mitteln daran hindern - und wenn ich das nicht mit fairen Mitteln tun kann, dann muss ich es eben mit einem Foul tun."

Im Sport wird gelogen und betrogen, gedopt, gefoult und bestochen - und weil dem so ist, wird nun auch fast jede Leistung hinterfragt und nach fast jedem Ereignis eine Verschwörungstheorie aufgestellt.

Jüngstes Beispiel ist der 1:0-Erfolg der südkoreanischen Nationalelf über Nordkorea. Kurz vor dem Match am vergangenen Mittwoch in Seoul seien nordkoreanische Spieler durch "verunreinigte Nahrungsmittel" außer Gefecht gesetzt worden, hieß es in einer am späten Sonntagabend veröffentlichten Erklärung des Fußballverbandes der Demokratischen Volksrepublik Korea. Der Weltverband Fifa sei um eine Untersuchung gebeten worden.

Die Idee mit dem Vergiften ist nicht neu. Schon die Gladiatoren im alten Rom versuchten, ihre Gegner durch verunreinigte Speisen außer Gefecht zu setzen. Vor dem Kampf sollen einige Athleten zusätzlich ihre Waffen und Schilder mit Gift beträufelt haben, um den Konkurrenten bei einer Berührung zu schwächen und in der Arena besiegen zu können.

Auch im Eishockey wurde lange spekuliert, ob es beim sogenannten Miracle on Ice bei den Olympischen Winterspielen 1980 mit rechten Dingen zuging, als eine amerikanische Amateurmannschaft das als unschlagbar geltende Team aus der UdSSR mit 4:3 besiegte. Lange hielt sich das Gerücht, die sowjetischen Spieler seien in der Drittelpause vergiftet worden. In der Fernsehserie "Akte X" wurde diese Theorie aufgegriffen und behauptet, es sei eine Mischung aus Bestechung und verseuchtem Wasser gewesen.

Beim Tennis soll es im Jahr 2007 Tommy Haas erwischt haben. "Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so elend gefühlt wie dort in der Nacht von Samstag auf Sonntag", sagte Haas beim Davis-Cup-Duell gegen Russland in Moskau. Haas konnte aufgrund von Magenkrämpfen nicht antreten, sein Teamkollege Alexander Waske berichtete Haas von den Gerüchten, dass dieser vergiften worden sein könnte. Eine Aufklärung des Falls gab es nie.

Und nun also die Nationalelf von Nordkorea. Der deutschen Nationalelf freilich kann so etwas nicht passieren. Dort ist seit Jahren der Sternekoch Holger Stromberg verantwortlich für die Verköstigung der Kicker. Wenn die deutschen Elite-Kicker also lustlos über den Platz traben oder sich wegen taktischer Debatten ohrfeigen, dann hat es keinesfalls etwas mit der Ernährung zu tun.

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