So hat es Karl-Heinz Rummenigge nicht ausgedrückt, aber die Gefühlslage bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München wäre schon ein Ave Franz wertgewesen. "Bleib immer ganz nah bei uns", sagte der Vorstandsvorsitzende der AG zum Präsidenten des Vereins wörtlich, weil Franz Beckenbauer im kommenden Jahr als Bayern-Präsident abgelöst werden soll. Aber als solcher fungiert er ohnehin nur auf dem Papier. Die Arbeit, sagte Franz Beckenbauer, machen andere, er habe keine Zeit für Kleinigkeiten und Details.
Recht so! Es wäre verplemperte Zeit, wenn einer wie der Franz sich mit Kleinigkeiten rumärgern müsste. Denn unser Franz, gebenedeit unter den Kickern, Lichtgestalt des deutschen Fußballs oder Maskottchen des FC Bayern, ist auch und vor allem voll der Worte; die Reinkarnation des Karl Valentin. Er beweist das beinahe täglich, auf jeden Fall in den vergangenen paar Tagen. Und was wäre diese rhetorisch eingeebnete Fußballlandschaft ohne die lässigen Sprüche des Franz Beckenbauer?
Die bislang letzten Klassiker ( unter Vorbehalt, während der Autor dies schreibt, könnten zwei bis fünf neue dazukommen, Anm. d. Red.): "Diese runden Tische werden langsam eckig." Eine fast literarische Analyse, nachdem Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel angekündigt hatte, er werde beim runden Tisch die Diskussionen um die Schiedsrichter zuletzt aufarbeiten. Der Franz riet ihm: Man müsse Sanktionen aussprechen, damit das aufhöre. Jawoll! Sanktionen!
Ferner: "Es geht einem irgendwann auf den Wecker, wenn die sich so ausweinen. So ein Kasperletheater, da gehe ich lieber mit meinen Kindern spazieren." Das ist eine Einschätzung zur Lage rund um den Zwist zwischen den Spielern Torsten Frings und Michael Ballack mit dem Bundestrainer Joachim Löw. Treffender kann man es kaum ausdrücken.
Doch wer will sich schon mit dem Franz vergleichen? Zu bestaunen war ja zuletzt wieder, wie Beckenbauer die Jahreshauptversammlung des FC Bayern in einen Komödienstadl verwandelte. Zur Erklärung für alle Nicht-Vereinsmeier: Eine Klub-Jahreshauptversammlung gehört zum Langweiligsten, was das Leben so hergibt. Zu vergleichen mit der Quartalszahlen-Pressekonferenz eines Dax-Unternehmens oder einer Nachmittagsstunde in Handarbeit.
Doch dann kommt der Franz und die Zuhörer biegen sich vor Lachen. Mit den Kleinigkeiten kann sich der arme Franz nicht abgeben, weil er "gezwungen" werde, bei Fifa und Uefa so viele Kommissionen zu leiten. Er müsse ständig um die Welt reisen, weil er sich geopfert hat, Mitglied der OKs für die Männer-WM 2010 in Südafrika und der Frauen-WM 2011 in Deutschland zu sein ("Der Sepp Blatter hat mich in das Komitee gedrückt"). Der Franz erzählte und erzählte, sprach den anwesenden "Herrn Doktor Stoiber" an, zuständig für Bürokratieabbau bei der EU, den man bald in die Zange nehmen werde mit dem Verlangen nach einer 6+5-Regel im Fußball (höchstens fünf Ausländer auf dem Platz). Oder er sendete fordernde Blicke rüber zu Rummenigge und Hoeneß, denn man müsse ein bisl mehr in den Frauenfußball investieren.
Dass die 6+5-Regel gegen EU-Recht verstößt und dass Frauenfußball beim FC Bayern bislang wenig bedeutet - alles egal. Wenn der Franz spricht, gibt es keine Grenzen. Denn wer, wenn nicht der Franz wendet alles zum Guten. Was der Franz sagt, ist gut.
Und wenn es doch zu langweilig ist, wie bei der Weihnachtsfeier 2000, dann zeugt er eben dort ein Kind und sagt später: "So groß ist das Verbrechen auch nicht. Der liebe Gott freut sich über jedes Kind."
"Bleib immer ganz nah bei uns" - das kann man nicht oft genug wiederholen.