Der Dopingarzt im Interview:Der diskrete Doktor bewahrt seine Geheimnisse

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Zu mitternächtlicher Stunde verteidigt Eufemiano Fuentes, Spaniens Dopingarzt Nummer eins, im Radio seine Praktiken als therapeutisch, legal - und fußballkompatibel.

Javier Cáceres

Doping? Nein, gesundheitsfördernde medizinische Betreuung. Die Antidopinggesetzgebung? Heuchlerisch. Das sind, in zugespitzter Form, die zynischen Kernthesen, die Spaniens Dopingarzt Eufemiano Fuentes in der Nacht zum Donnerstag in der Sport-Radiosendung El Larguero des Senders CadenaSER vortrug.

Eufemiano Fuentes beim Interview mit dem Radiosender CadenaSER. (Foto: Foto: dpa)

Der Mediziner, gegen den die spanische Justiz ermittelt, ist eine der fünf Schlüsselfiguren der neuesten Doping-Affäre; diese hat unter anderen den deutschen Radsportler Jan Ullrich um die Teilnahme an der diesjährigen Tour de France gebracht. Zu Namen nahm Fuentes keine Stellung; er versicherte nur, weder Alberto Contador noch Vicente Ballester persönlich zu kennen.

Sie sollen ebenfalls in die Doping-Affäre verstrickt sein. Fuentes erklärte, einige Mannschaften aus der ersten und zweiten spanischen Fußball-Liga betreut zu haben. Auch deren Namen blieben mit Ausnahme des Zweitligisten Elche im Dunkeln. Den Medien warf er vor, ihn "beruflich liquidiert" zu haben. Auch kündigte er an, an der Verfassung eines Buches zu arbeiten.

Fuentes erklärte, seine Tätigkeit konzentriere sich auf die Planung und Vorbereitung von Formzyklen. Ausgehend von der These, dass der Hochleistungssport "inhumane Anstrengungen" abverlange und ein "Risikoberuf" sei, erklärte er seine medizinische Tätigkeit für strikt therapeutisch. Insbesondere den Gebrauch von Erythropoetin (Epo) verteidigte er, unbeschadet einer Reihe von Todesfällen unter Radsportlern, die auf Geistesbrüder des zynischen Doktors Fuentes reingefallen waren.

"Jedes Medikament hat eine heilende und eine tödliche Dosis"

Er selbst habe zwar Epo - eine Substanz, die die Bildung roter Blutkörperchen anregt und damit die Sauerstoffaufnahmekapazität des Blutes - niemals eigenhändig in Sportlerkörper gespritzt. "Ich habe allerdings meine eigenen Ideen über den therapeutischen und den schädlichen Effekt von Epo", sagte Fuentes, der eines Delikts gegen die Volksgesundheit bezichtigt wird. "Jedes Medikament hat eine heilende und eine tödliche Dosis."

Die Epo-Einheiten, die in seinem Büro in Madrid gefunden wurden, seien für einen -von ihm nicht identifizierten- Familienangehörigen bestimmt gewesen. Dass in seinen Geschäftszimmern überdies Medikamente gefunden wurden, die als Dopingmittel eingestuft werden, besage nichts: Es sei ja nicht gesagt, dass sie für Sportler bestimmt waren. Auch betonte er, dass alle Medikamente legaler Herkunft seien und nicht vom Schwarzmarkt stammten. Bisweilen rühre er auch Mittelchen zusammen - "so wie ein Koch verschiedene Zutaten kombiniert, um einen guten Eintopf zu kochen".

Zu den Plasmabeuteln, die bei ihm - mutmaßlich für verbotene Eigenbluttransfusionen von Sportlern - gefunden wurden, sagte Fuentes, dass er sie den betreffenden Personen für noch nicht bestimmte Zwecke abgenommen habe. Stierkämpfer bewahrten für etwaige Unglücke Blutreserven auf. Dass den Plasmabeuteln keine Namen, sondern Codes zugeordnet seien, führte er auf seinen Hang zur Diskretion zurück. Darüber hinaus erklärte er, dass es "eine Waffe" gebe, "die wir Mediziner oft verwenden: den Placebo-Effekt". Reich werde man dadurch nicht, sagte Fuentes, der aus begütertem Hause stammt.

Angebot des FC Barcelona ausgeschlagen

Fuentes, der am 23. Mai im Rahmen einer Razzia der spanischen Polizei verhaftet worden war und nach einer Zahlung von 120.000 Euro auf Kaution freikam, ließ die Behauptung des Moderators unwidersprochen stehen, dass er möglicherweise ein Opfer der Verärgerung von führenden spanischen Fußballklubs wurde. Er sei angeschwärzt worden, weil er konkurrierende Mannschaften betreute. Ebenso stehen blieb, dass Fuentes in jüngerer Vergangenheit eine Mannschaft zu einem "Riesenerfolg" geführt hatte, die im Jahr drauf, als er die Betreuung aufgegeben hatte, fast abgestiegen wäre. Ein Titelgewinner sei es nicht gewesen.

Fuentes bestätigte dafür, dass er vor wenigen Jahren aus privaten Gründen ("ich wollte nicht umziehen") ein Angebot des FC Barcelona ausgeschlagen hat. Der katalanische Traditionsklub wandte sich daraufhin an Sabino Padilla, den früheren Arzt des Radsportteams Banesto, bei dem unter anderem Spaniens Radsportikone Miguel Indurain Olano triumphierte.

Padilla allerdings - der auch mal spöttelnd Sabino Pastilla genannt wird, also Sabino Pille - hatte bereits einen Vertrag bei Athletic Bilbao unterschrieben, wo er immer noch praktiziert. Bei Athletic Bilbao wurde übrigens der Fußballprofi Gurpegi positiv auf Nandrolon getestet.

© SZ vom 07.07.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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