DEL-Playoffs:Horror mit Happy End

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Synchroneislauf mit Scheibe: Kölns Frederik Tiffels (links) und Ingolstadts Brett Olson jagen einander im siebten Viertelfinalspiel den Puck ab. (Foto: Marius Becker/dpa)

Die Kölner Haie gewinnen das siebte Spiel gegen den ERC Ingolstadt 3:2 und revanchieren sich für die Finalniederlage 2014.

Von Ulrich Hartmann, Köln

"Spiel 7" könnte auch ein Horrorfilm heißen, den sie aber nur in Köln zeigen. Vier Jahre und elf Monate war es am Sonntag her, dass die Kölner Haie das ultimative siebte Finalspiel gegen den ERC Ingolstadt in eigener Arena verloren haben. Das war damals die zweite verpatzte Finalserie nacheinander für die Haie, weshalb ihr Trainer Uwe Krupp anschließend gehen musste. Seitdem wartete der achtmalige Meister vergeblich auf überwältigende Momente, bis zum Sonntag, bis zum neuerlichen "Spiel 7" gegen ERC Ingolstadt.

Es war zugegebenermaßen nur das Viertelfinale, aber der 3:2 (1:0, 1:1, 1:1)-Sieg wahrt den Rheinländern die Chance, sich 17 Jahre nach ihrem letzten Meistertitel wieder um höchste Ehren zu bewerben. Erstmals seit den Frankfurt Lions 2008 drehten die Haie einen 1:3-Rückstand in einer Best-of-seven-Serie. "Das ist schon sehr enttäuschend", klagte Ingolstadts Trainer Doug Shedden, "für mich waren die Spiele fünf und sechs entscheidend, da hätten wir besser spielen müssen."

Das Dumme an Playoffs ist ja, dass die sechs Monate lange vorherige Eishockey-Saison dabei irrelevant ist - aber das Gute ist eigentlich dasselbe: Alles, was vorher war, ist egal. Und wenn so eine Viertelfinalserie ins siebte Spiel geht, dann sind auch die unmittelbar vorangegangenen Playoff-Partien vergessen. 52 Hauptrundenspiele und sechs Viertelfinalspiele - all das zählt nicht mehr, wenn sich die beiden Teams zum ultimativen Alles-oder-nichts-Duell gegenüber stehen.

Das Spiel wurde zum Krimi: Drei Play-off-Duelle mussten vorher in die Verlängerung gehen

Diese exklusive Stimmung spürte man auch am Sonntag in der mit 13 111 Zuschauern aber nur zu drei Vierteln gefüllten Arena in Köln-Deutz. Eishockeyprofis lieben diese emotionale Verdichtung einer ganzen Saison. Schlecht rasiert jagen sie dem Puck hinterher, als gäbe es kein Morgen - und genau das ist für die Ingolstädter ja nun auch bittere Wahrheit geworden.

Für ihren Torwart Timo Pielmeier war die Reise zum siebten Spiel nach Köln eine Rückkehr an den Ort seines größten Erfolgs, denn er stand auch damals im Tor, als der Klub 2014 dort Meister wurde. Schon bei der 2:5-Niederlage im Spiel sechs am Freitagabend in Ingolstadt war Pielmeier, im Grunde die Nummer zwei hinter Jochen Reimer, zum zweiten Drittel eingewechselt worden. Am Sonntag durfte er von Beginn an ins Tor und wurde dort in der vierten Minute Zeuge eines Ringkampfes zwischen seinem Kollegen Dustin Friesen und dem Kölner Ryan Jones. Beide rangelten vor Pielmeier um die freie Position, und dieser Kampf lief noch, als Jones den Abpraller nach einem Schuss von Simon Despres zum 1:0 über die Linie drückte.

Das Spiel benötigte keine Aufheizzeit. Ingolstadt war zunächst aktiver, schoss häufiger aufs Tor. Die Sehnsucht der Oberbayern war enorm, erstmals seit 2015, als sie die Finalserie gegen Mannheim verloren, wieder ins Halbfinale einzuziehen. Zunächst musste Pielmeier aber verhindern, dass es noch im ersten Drittel ein zweites Mal bei ihm einschlug - nach einer Viertelstunde parierte er einen Schuss des Kölners Colby Genoway mit der Kelle. Dass dieses siebte Spiel ein Krimi werden würde, war zu erwarten: Punktgleich waren Köln und Ingolstadt auf Platz vier und fünf der Tabelle gewesen, und drei ihrer Playoff-Duelle waren in die Verlängerung gegangen.

Zu Beginn des mittleren Drittels waren die Ingolstädter gleich zweimal in Unterzahl, überstanden die Benachteiligung aber zunächst unbeschadet und schlugen sogar zurück, als kurz darauf ein Kölner auf der Strafbank saß. Tyler Kelleher bediente Brandon Mashinter, der zum 1:1 traf (26. Minute). Doch die Ingolstädter brachten sich selbst um ihr auch spielerisch fundiertes Comeback, denn sie leisteten sich im zweiten Drittel insgesamt drei Strafzeiten. Die letzte dieser drei Unterzahlsituationen brachte den neuerlichen Rückstand, 1:2. Wieder traf für Köln der 34 Jahre alte Kanadier Jones, der nach dieser Saison seine Karriere beendet und mit seinen Toren demonstrierte, dass er im Grunde noch gar nicht wirklich aufhören mag.

Aufhören wollten auch die Ingolstädter in dieser Saison noch nicht. Sie legten sich im dritten Abschnitt mächtig ins Zeug und kamen reihenweise zu guten Schüssen, aber statt ins Netz trafen sie nur den Kölner Torwart Gustaf Wesslau. Ville Koistinen versuchte es zwischendurch mal mit dem guten alten Bauerntrick, kurvte ums Tor herum und versuchte, von der anderen Seite einzunetzen - scheiterte aber ebenfalls. Den etwa 100 mitgereisten Fans im Oberrang schwante Böses.

Vier Minuten vor Schluss fiel dann die Entscheidung für Köln: Frederik Tiffels traf zum 3:1 und wahrte dem deutschen Eishockey-Westen trotz eines späten Gegentores durch Ingolstadts Michael Collins die Hoffnung, dass erstmals seit Krefelds überraschendem Titelgewinn 2003 wieder ein Meister aus Nordrhein-Westfalen kommt. Die Ingolstädter müssen einen neuen Anlauf nehmen, dann aber ohne ihren Meisterspieler Thomas Greilinger, der seine Profikarriere beendet, aber nie vergessen wird, wie er 2014 in Köln den Titel holte - in Spiel sieben.

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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