Dankeschön-Spende:Späte Gabe

Lesezeit: 1 min

Die Korruptionsliteratur kennt schöne Begriffe, die Dankeschön-Spende zum Beispiel. Beim großen Verdachtsfall der Fifa könnte die eine Rolle spielen.

Von Hans Leyendecker

Die Korruptionsliteratur kennt schöne Begriffe wie das Anfüttern, bei dem jemand durch ein kleines Geschenk oder durch feine Annehmlichkeiten an die Korruptionskette genommen wird.

Ein wichtiger Begriff ist auch die Dankeschön-Spende. Jemand missbraucht, so die Theorie, seine Macht - wie die Teilnahme an einer Abstimmung - zum persönlichen Vorteil, den er aber erst viel später erhält. Damit der Missbrauch nicht auffällt, wird Schmiergeld mit zeitlichem Abstand gezahlt. Oft wird die Gabe als Provision oder als Spende für ein gemeinnütziges Projekt deklariert.

Beim großen Verdachtsfall, der den Fußball-Weltverband Fifa in Zürich unmittelbar mit dem Korruptionsskandal zu verbinden scheint, könnte das so gelaufen sein: Laut Anklage der US-Justizbehörden kämpften 2004 Marokko und Südafrika um die Austragung der WM 2010. Die Südafrikaner sollen heimlich zehn Millionen Dollar geboten haben, damit Funktionäre des nord- und mittelamerikanischen Verbandes Concacaf "die afrikanische Diaspora" unterstützten. Südafrika gewann. 2008 wurden dann auf ein Konto der Concacaf in New York in drei Tranchen zehn Millionen Dollar überwiesen. Südafrika tauchte nicht auf. Die Millionen stammten aus dem Fifa-Etat für die Förderung des Fußballs in Südafrika.

Solche Umleitungen hat es in Korruptionsfällen in der Wirtschaft häufiger gegeben. Die Beteiligten hielten sich meist für sehr raffiniert. Das Ganze hat ja auch weit mehr Format als die Übergabe von Dollarbündeln in einem schmierigen Hinterzimmer, verbunden mit der Aufforderung, der Korrupti müsse erst mal richtig abstimmen und dann gelte die Omerta. Das große Schweigen.

Auf die etwas undurchsichtige Zehn-Millionen-Dollar-Geschichte, die in der Anklage dokumentiert ist, reagierten die Südafrikaner entsprechend. Sie bestritten nicht, dass Geld geflossen sei. Nur sei der Zweck eine Art Entwicklungshilfe für die Concacaf gewesen (also harmlos), und da Südafrika bereits 2004 den Zuschlag bekommen habe und die Zahlungen 2008 erfolgt sind, könne es sich kaum um Bestechung handeln.

Einerseits gilt auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung. Andererseits ist nicht leicht nachzuvollziehen, warum Südafrika nicht selbst die zehn Millionen transferiert hat. Auch gibt es andere Merkwürdigkeiten.

Strafrechtlich betrachtet allerdings ist die Dankeschön-Spende fast immer ein harter Brocken für Ermittler. Die Beweiskette muss schon sehr dicht sein. Aber das Strafrecht ist im Fall Fifa das eine, die Ethik das andere. Wenn es so gelaufen wäre, wie die Anklage insinuiert, wäre der Handel schon sehr unmoralisch gewesen.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: