Champions League:"Viernull ist okay. Bei Viernull sag' ich nix."

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Nach anfänglichen Schwierigkeiten gegen Moskau ist dem FC Bayern ein optimaler Start in die internationale Saison geglückt - und jetzt wird alles gut. Oder?

Thomas Becker

Auf Uli Hoeneß ist einfach Verlass. Auch wenn er fast nichts sagt, weiß der Beobachter nach Inaugenscheinnahme des Klubmanagers stets, wie es um den Verein bestellt ist. Das Herz, der Bauch und das Rückgrat des FC Bayern München sprach nach der ersten Champions-League-Partie der Saison nur zwei Sätze: "Viernull ist okay. Bei Viernull sag' ich nix." Noch Fragen? Nö.

Zurecht umarmt: Claudio Pizarro (M.) nach seinem Tor zum 1:0 (Foto: Foto: AP)

Viernull gegen Spartak Moskau, das als Tabellenzweiter der russischen Liga und immerhin mit 14 Nationalspielern - darunter auch ein Mozart - angereist war. Ziemlich genau 48 Minuten ging das laufintensive Defensivkonzept der Gäste auf. In Halbzeit eins hatten sie sogar die besseren Torchancen, zwei an der Zahl und somit exakt zwei mehr als die Hausherren.

Doch dann rutschte Innenverteidiger Martin Stranzl (einst VfB Stuttgart) im Laufduell mit Claudio Pizarro aus, und ein Haken und zwei Sekunden später hieß es 1:0. Vier Minuten danach traf zur allgemeinen Überraschung auch noch der zuweilen bereits als "Traber des Monats" verspottete Roque Santa Cruz nach feinem Pass von van Bommel mit einem Schuss aus der Drehung vorbei am erneut indisponierten Stranzl - und schon sah die Welt des FC Bayern wieder richtig heile aus.

Die seit Wochen ausdauernd angemahnte Champions-League-Form hat offenbar keine Sekunde Verspätung, der nächste Gegner Inter Mailand steht nach dem 0:1 in Lissabon schon unter Druck, Hargreaves darf bis zur Winterpause definitiv nicht mehr zu ManU, im DFB-Pokal sind die Roten auch eine Runde weiter - war da irgendwas in Runde 1? - und am Samstag geht's in der Bundesliga gegen den noch sieglosen Tabellensechzehnten und Pokalversager Bielefeld - alles wird gut, oder?

Nun ja. Oder, wie Karl-Heinz Rummenigge es formulierte: "Moskau ist möglicherweise nicht der stärkste Gegner dieser Gruppe." Richtig erkannt hat der Vorstands-Chef: "Wir haben in der ersten Halbzeit häufig Probleme, das war schon gegen Nürnberg und St. Pauli so." Mit zehn Mann standen die Russen aggressiv hintendrin, so dass sich die neuformierte Bayern-Offensive sichtlich schwer tat.

Die Aufstellung: ein Quantensprung für den bisher als Zauder-Wechsler in Erscheinung getretenen Bayern-Coach Felix Magath. Pizarro und Podolski stürmten vor einer Raute, die allerdings eher kopflos blieb, da sich Santa Cruz kaum einmal zu gestalterischen Eingriffen nötigen ließ. Van Bommel über rechts, der starke Schweinsteiger (Volley-Torschütze zum sehr schönen 3:0) über links, dahinter Wirbelwind Hargreaves - das sah doch schon deutlich mehr nach Offensivgeist aus als zuletzt.

Keine Überraschung also, dass Magath zufrieden war: "Die Formation hat sich eigentlich ganz gut bewährt. Man hat gesehen, dass da schon spielerisches Potenzial da ist. Die Art und Weise, wie wir dann das 4:0 rausgespielt haben, das war schon toll. Aber diese Aufstellung war auch ein Risiko. Wir waren ja noch nie richtig in Tritt in der Meisterschaft."

Nur dass am Schluss nach Salihamidzics Abstauber zum 4:0 in der 84. Minute ein wenig Schlendrian einkehrte, das hat Felix Magath nicht gefallen. Eine prächtige Kahn-Parade und die Latte verhinderten späte russische Erfolgserlebnisse - was Vladimir Fedotov, den Trainer von Spartak Moskau, reichlich frustriert zusammenzählen ließ: "Bayern hat aus sechs Chancen vier Tore gemacht, wir aus vier Chancen keines."

Nach-vorne-Denker Magath war da schon längst ein paar Spiele weiter: "Ein 4:0 ist ein besseres Ergebnis. Vielleicht brauchen wir das ja noch." Uli Hoeneß passt das Viernull sicher haargenau in den Kram. Ein spätes Gegentor hätte ihn mächtig gewurmt, ein fünfnull wäre des Guten zu viel gewesen - Stichwort Schlendrian. Obwohl, Motivationsprobleme dürfte es bei der nächsten Partie kaum geben: In zwei Wochen treten die Bayern in ihren neuen, sehr bordeauxroten Trikots bei Inter Mailand an. Danach wird Uli Hoeneß sicher ein paar Worte mehr verlieren.

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