Champions League:Freispruch für Kahn!

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Der Bayern-Torwart wurde von der Uefa für ein Spiel gesperrt, weil er sich mit einem Doping-Arzt angelegt hatte. Ein Urteil, das nicht nur beim FC Bayern große Verwunderung auslöst.

Jürgen Schmieder

Für Oliver Kahn fallen einem spontan zwei Spitznamen ein, die er im Laufe seiner Karriere bekommen hat: "Titan" und "Vul-Kahn". Der eine würdigt die sportlichen Leistungen, die der Torhüter seit Jahren auf dem Fußballplatz zeigt. Der zweite beschäftigt sich mit dem Gemütszustand Kahns - ebenfalls auf dem Fußballplatz.

Kahn und die Eckfahne (Foto: Foto: Screenshot)

Kahn steht bei jedem Spiel unter Strom, als hätte er sich zuvor stundenlang an die Steckdose eines Kohlekraftwerks angeschlossen. Unvergessen, wie er beim letzten Spiel der Saison 2000/2001 die Eckfahne durchschüttelte, als Patrick Andersson den FC Bayern zur Meisterschaft geschossen hatte. Die Eckfahne in der AOL-Arena hat noch heute Angst, wenn der FC Bayern beim HSV spielt.

Oliver Kahn ist auch bekannt für seine Ausraster. Dann ist er kaum noch zu bremsen und geht auf jeden los, der ihm in die Quere kommt. Im Herbst etwa war es Sebastian Deisler, der im Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand kurz vor Schluss einen Fehlpass spielte. "Deislaaaaaaa", hallte es durch die Allianz Arena. Oder der April 1996, als er Andreas Herzog durchrüttelte, als hätte der gerade versucht, Kahns Freundin zu verführen.

Auch Schiedsrichter-Entscheidungen nimmt Oliver Kahn nicht wortlos zur Kenntnis. Fühlt er sich ungerecht behandelt, wird der Unparteiische angebrüllt. Da braucht es schon einen mutigen Mitspieler, der Kahn vor Schlimmerem bewahrt.

Kahn und die Schiedsrichter (Foto: Foto: dpa)

Nur: Oliver Kahn wurde noch nie gesperrt, weil er gegen einen Schiedsrichter ausfällig wurde.

Auch Gegenspielern gegenüber gilt Kahn nicht gerade als charmanter Gentleman, mit dem man auf dem Platz einen Plausch hält. Er pöbelt, knabbert am Ohr, bohrt in Nasen. Dabei nimmt der Bayern-Torhüter keine Rücksicht auf Namen. Nationalelf-Kollegen werden ebenso attackiert wie Bundesliga-Novizen. Man könnte fast meinen, als wäre man erst dann ein gestandener Profi, wenn man einmal von Oliver Kahn angegriffen wurde.

Aber auch in diesen Fällen gilt: Kahn wurde noch nie für eines dieser Vergehen gesperrt.

Nun wird Oliver Kahn von der Uefa für ein Spiel gesperrt - für ein Vergehen, das sich nicht auf dem Platz ereignete. Wegen der "Pinkel-Affäre" verurteilte die Disziplinar-Kommission Kahn wegen "ungebührlichen Verhaltens" zu einem Spiel Sperre und einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 12.339 Euro. Im Klartext: Kahn ist am 3. April im Hinspiel beim AC Mailand nicht dabei. Ein Urteil, das nicht nur bei den Verantwortlichen des FC Bayern Verwunderung hervorruft.

Denn warum wird ein Spieler für eine verbale Entgleisung, die sich zwei Stunden nach dem Spiel ereignete, sportlich bestraft?

Man darf Oliver Kahns Ausraster nicht entschuldigen. Er hat Mist gebaut und sich dafür auch entschuldigt: "Es war nicht okay. wie ich meinen spontanen Frust rausgelassen habe. Es tut mir leid." Dass Kahn bestraft werden muss, steht außer Frage.

Nur sollte sich die Uefa überlegen, ob man einen Spieler, der 100 Spiele in der Champions League absolviert hat und sich nie etwas zu Schulden kommen ließ, mit einem Spiel Sperre bestrafen muss. Eine Geldstrafe, wie sie gegen Lucio verhängt wurde, ist in diesem Fall völlig ausreichend.

Der FC Bayern hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Man kann nur hoffen, dass der Einspruch erfolgreich ist und Kahn in Mailand spielen darf.

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