Bundesliga:Der unentschiedenste Klub der Liga

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Schön in der Luft gelegen, aber "Sitzer" vor dem Hoffenheimer Tor vergeben: Arminia Bielefelds neuer Österreicher Patrick Wimmer. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Alles wie gehabt: Arminia Bielefeld lässt gegen Hoffenheim Großchancen in Serie liegen und spielt ein weiteres Mal Remis. Trainer Frank Kramer ist mit dem 0:0 dennoch zufrieden.

Von Ulrich Hartmann

Manch einer hätte sich den Trainer Frank Kramer am Samstag vielleicht zerknirschter vorgestellt. Denn seine Arminia aus Bielefeld ist nach fünf Spieltagen immer noch ohne Sieg, und sie hatte beim 0:0 gegen Hoffenheim binnen weniger Minuten drei Großchancen vergeben. Vier Unentschieden gab es in fünf Partien, Bielefeld beklagt eine Torschussverwertungsquote von mickrigen 4,3 Prozent. Der eigene, verlässlich sehr gute Torwart Stefan Ortega klagte deshalb nach dem Schlusspfiff: "Unser schwacher Ertrag nervt gerade ein bisschen."

Der Trainer Kramer jedoch war nicht sehr zerknirscht. Er wertet die mit minimalistischen Ergebnissen erwirtschafteten Punkte gegen Freiburg (0:0), in Fürth (1:1), gegen Frankfurt (1:1 ) und Hoffenheim (0:0) als Indizien für die Wettbewerbsfähigkeit seiner Arminia. Und Kramer freut sich, dass seine Elf in recht ansehnlicher Manier überhaupt so gute Chancen herausspielt: "Wenn man ein Spiel liefert, nach dem die Zuschauer, glaube ich, zufrieden nach Hause gehen, dann würde ich immer noch von einem Teilerfolg und einem Punktgewinn sprechen wollen", sagte Kramer nach einer Partie, die tatsächlich unterhaltsamer war als es das Ergebnis vermuten ließ.

Im Gegenschnitt dazu klang einem der Satz des Bielefelder Sportdirektors Samir Arabi in den Ohren, der in der Pause bei Sky gesagt hatte: "Es hilft uns am Ende nicht, wenn man uns auf die Schulter klopft." Aber mit ein bisschen Selbstkritik einerseits und ein bisschen Schulterklopfen andererseits könnte es klappen.

Die Arminia spielt für ihre Verhältnisse einen ziemlich guten Fußball, was auch daran liegt, dass im Sommer talentierte Angreifer neu dazukamen: Robin Hack vom 1. FC Nürnberg, Bryan Lasme vom französischen Zweitligisten Sochaux, Patrick Wimmer von Austria Wien und Janni Serra vom Zweitligisten Holstein Kiel. Es sind allerdings auch junge Leute, die sich erst noch eingewöhnen müssen in Bielefeld und in der Bundesliga und die daher noch ein bisschen Zeit benötigen könnten.

"Wir haben ein paar Sitzer liegen gelassen", klagt der Österreicher Wimmer.

Wimmer hatte am Samstag bereits in der 2. Minute über den Ball geschlagen, als er aus fünf Metern ins leere Tor hätte einschieben können. Hack traf in der 9. Minute den Innenpfosten, und in der 13. Minute vergab aus kürzester Distanz ein weiterer Stürmer seine Großchance, über den sich Arabi im Pausen-Interview dann auch explizit beklagt hat. Denn der Routinier Fabian Klos ist bereits 33 Jahre alt, spielt seit zehn Jahren bei der Arminia und muss sich in nichts mehr eingewöhnen - außer in eine bessere Chancenverwertung.

"Wir haben ein paar Sitzer liegen lassen", sagte nach dem Schlusspfiff der Österreicher Wimmer in unverkennbarem Duktus, und der Reporter musste erst mal nachfragen, was denn ein "Sitzer" sei. Sitzer sind im österreichischen Fachjargon Chancen, die sitzen sollten. Wenn man also Sitzer liegen lässt, steht man blöd da. So wie die Bielefelder - egal ob auf Ostwestfälisch, Österreichisch oder Japanisch. Auch Masaya Okugawa hat schließlich gegen Hoffenheim kein Tor geschossen.

So entwickelt sich Bielefeld immerhin zum Lieblingsklub mancher Sport-Wetter und Ergebnis-Tipper, denn es sind ja nicht nur die vier Unentschieden, die in fünf aktuellen Spielen zu Buche stehen, sondern seit dem Amtsantritt von Kramer im März bereits neun Unentschieden in 17 Bundesligaspielen - eine kuriose Quote. Acht Mal hat Bielefeld in diesen 17 Spielen kein Tor geschossen und weitere sieben Mal nur eines. Bereits in der Vorsaison war der Klub mit einer Chancenverwertungsquote von 5,5 Prozent der in dieser Rubrik schwächste Bundesligist. Helfen kann da bloß die eigene defensive Stabilität. Arminia Bielefeld ist unter Kramer der unentschiedenste Klub der Bundesliga - und das gilt auch für die Stimmungslage. Den Trainer Kramer, mit jungen Spielern zuvor schon in Fürth und Hoffenheim sowie beim DFB betraut, wirft das nicht um: "Wir sind in einem Entwicklungsprozess", sagte er am Samstag sogar mit gewissem Leuchten in den Augen, "da muss es so zwicken und weh tun, wenn man das Ding nicht über die Linie drückt, dass man im Training noch mehr Konsequenz an den Tag legt."

Ungefähr so hätte es auch Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß formulieren können. In seinem Team hat die Konsequenz zuletzt aber auf dem gesamten Spielfeld gefehlt. Seit dem 4:0 zum Saisonauftakt in Augsburg hat seine Mannschaft nicht mehr gewonnen, dem 0:0 in Bielefeld war eine 0:2-Heimniederlage gegen Mainz vorausgegangen. "Wir mussten in der Länderspielpause 15 Spieler abstellen", erklärte Hoeneß, "und es sind genau diese Spieler, die bei uns die Power auf den Platz bringen." Diese Analyse bedeutet allerdings einen herausfordernden Herbst: Im Oktober und November lauern die nächsten Länderspielpausen.

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