Bundesliga-Auftakt:Hilbert überall

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Beim Bundesliga-Auftaktspiel zwischen Titelverteidiger VfB Stuttgart und Schalke 04 hat vor allem ein Spieler eine glänzende Leistung abgeliefert: Roberto Hilbert.

Bernd Dörries

Die neue Saison der Fußball-Bundesliga begann mit einer kleinen Panne. Die Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL) hatten sich für das Eröffnungsspiel des VfB Stuttgart gegen Schalke 04 am Freitagabend ein kleines Schauspiel ausgedacht: Seltsame Figuren, die aussahen wie übergroße Playmobil-Männchen auf Rädern, rollten um das Spielfeld des Gottlieb-Daimler-Stadions und trugen die Fahnen aller Erstliga-Vereine.

Roberto Hilbert (l.) kämpfte überall um den Ball, auch hier mit Kevin Kuranyi (Foto: Foto: AP)

Am Rand des Stadiondaches waren kleine Böllerschüsse installiert, und mit jedem Knall entrollte sich die Fahne eines der Bundesliga-Vereine: 14 Mal klappte das, viermal nicht. Man könnte nun sagen, dass die nicht vorhandenen Wappen von Bochum, Cottbus und Frankfurt ein erster Hinweis auf die Absteiger dieser Saison waren und Schalke 04 aus purer Bosheit fehlte. Aber es war natürlich nur ein technisches Problem, das zur zweiten Halbzeit korrigiert war.

Man kann aber durchaus sagen, dass eine Panne maßgeblich zum 2:2 Endergebnis des Spieles beigetragen hat. Wie die fehlenden Fahnen hatte sie jeder im Stadion gesehen, aber danach taten die unmittelbaren Zeugen so, als ob nichts gewesen war.

Roberto Hilbert sagte, er sei auf der anderen Seite des Spielfeldes gewesen und habe gar nichts sehen können. Sami Khedira gab eine ausweichende Aussage, er habe sich voll auf das Spiel konzentriert und nichts bemerkt.

Verwirrung an der Mittellinie

Es war die 75. Minute, der VfB hatte zuvor einen Rückstand in eine 2:1 Führung gedreht und man hatte nun das Gefühl, dass die Stuttgarter schon wieder da waren, wo sie in der vergangenen Saison aufgehört hatten. Dass sie die Schalker einfach überrennen würden.

Dann wurde es aber ziemlich unübersichtlich. An der Mittellinie hob ein VfB-Verantwortlicher die elektronische Auswechseltafel, die einen Wechsel von Antonio da Silva für Ewerthon ankündigte. Dann sah man VfB-Trainer Armin Veh brüllen, die Tafel wurde heruntergenommen und schließlich kam noch Kapitän Fernando Meira an die Seitenlinie und begann aufgeregt zu gestikulieren.

Anstatt da Silva wurde Stürmer Ciprian Marica herausgenommen. Diese ganze Verwirrung lähmte die Mannschaft des VfB für einige wenige Minuten, in denen der eingewechselte Schalker Ivan Rakitic den Ausgleich schoss.

Eine neue Spielzeit ist ein wenig wie eine Neugeburt. Man weiß nicht genau, wo die Mannschaft steht. Auch wenn in beiden Teams zum überwiegenden Teil die alten Gesichter auf dem Platz zu sehen waren. Bei Stuttgart war dies beabsichtigt, man wollte eine erfolgreiche Mannschaft nicht durch zu viele Neueinkäufe bestrafen. Dennoch war die Vorbereitung des Titelverteidigers eher schwierig, es gibt viele Verletzte.

Auch Schalke spielte im Grunde mit der Mannschaft des Vorjahres, was aber nicht einheitlich begrüßt wurde. Kevin Kuranyi hatte sich in der Sommerpause dezidiert nach Verstärkungen gesehnt.

Alle glücklich, Hilbert zufrieden

Beiden Mannschaften wurde in der spielfreien Zeit zudem von manchen unterstellt, in der nun gestarteten Saison eher eine Nebenrolle zu spielen. Nimmt man die erste Begegnung als Maßstab, was eigentlich nicht zulässig ist, so sieht es nicht danach aus, als könnten die beiden erfolgreichsten Mannschaften der vergangenen Saison ins Mittelfeld abrutschen.

VfB-Manager Horst Heldt wies nach der Partie darauf hin, dass man sich im Vergleich zum Vorjahr sogar verbessert habe, damals waren die Stuttgarter mit einem 0:3 gegen Nürnberg gestartet. Schalkes Trainer Mirko Slomka war ebenfalls durchaus zufrieden: "Wir sind sehr froh über diesen Punkt, denn wir haben hier seit Jahren nichts mehr gewonnen."

Es waren also alle mehr oder weniger glücklich, auch Roberto Hilbert gab sich so. Dabei hätte er durchaus Grund zu einer gesteigerten Euphorie gehabt, die lässt aber das pädagogische Konzept der Stuttgarter Bescheidenheit, das auch in der neuen Saison auf dem Lehrplan steht, überhaupt nicht zu.

Hilbert hatte wirklich ein unglaubliches Spiel gemacht, war für den Mexikaner Osorio in die Viererkette gerückt, auf dem Spielplan zumindest. In Wahrheit war Hilbert überall, nur nicht im Tor, weil es dort nicht so viel zu tun gab. Ansonsten grätschte er hinten die Schalker Stürmer ab, rannte die Außenbahn auf und ab und gab den Pass zum 1:1 Ausgleich.

"Alles nicht so wild"

Es war zwar unglücklich, aber nur folgerichtig, dass es auch Überall-Hilbert war, der den Schuss von Levan Kobiashvili zur Schalker Führung abfälschte. Hinterher sagte Hilbert zu seiner großartigen Leistung, es sei doch alles nicht so wild gewesen, er habe drei Kollegen in der Viererkette gehabt, auf die er sich verlassen konnte.

Der VfB hat zwar eine durchwachsene Vorbereitung hinter sich, konnte aber alle sogenannten Leistungsträger halten. Der verletzte Stürmer Mario Gomez hatte viele Angebote, verlängerte aber vorzeitig seinen Vertrag. Seltsam, dass offenbar niemand nach Roberto Hilbert fragte.

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