Britta Steffen:Kein Problem mit dem Thema Doping

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Die Schwimm-Weltrekordlerin Britta Steffen geht mit dem Thema Doping offensiv um. Schließlich muss sich die Berlinerin immer wieder für ihre unglaubliche Leistung bei der EM rechtfertigen.

Claudio Catuogno

Britta Steffen weiß auch nicht, warum ihr diese Gedanken ausgerechnet unter der Dusche kommen. Vielleicht, weil das Duschen für eine Schwimmerin ein meditativer Moment ist: raus aus dem Becken, aber doch noch irgendwie unter Wasser.

Britta Steffen zu Gast bei Gottschalk (Foto: Foto: Reuters)

Jedenfalls ist es ihr "ein paar Mal unter der Dusche passiert", dass sie dachte: "Wahnsinn, du bist die schnellste Frau der Welt." Aber dann hat sie diesen Stolz gleich wieder fortgespült. "Das kann sich schnell wieder ändern mit dem Erfolg", sagt sie, und derzeit ist sich Steffen nicht ganz sicher, ob es schon so weit ist.

Die Weltrekordlerin über 100 Meter Freistil sitzt in einem Café in Berlin, gibt mehrere Interviews hintereinander, immer wieder muss sie ihre linke Hand auf den Tisch legen. Der Mittelfinger war gebrochen, im Zeigefinger war eine Kapsel gerissen, eine Schwellung wölbt sich über das Gelenk.

Sie hat zwei Wochen pausieren müssen, ausgerechnet jetzt, da in der kommenden Woche in Hannover die Qualifikation für die WM 2007 in Melbourne ausgeschwommen wird.

Lädierte Finger

Noch vor kurzem hätten diese zwei mit einem Basketball lädierten Finger keine Wellen geschlagen. Aber seit der EM in Budapest hält die Berlinerin Britta Steffen diesen Weltrekord, in 53,30 Sekunden war sie Anfang August durch das Becken gerauscht.

"Unglaublich", das war das Erste, was man von ihren Lippen ablesen konnte. Und unglaublich ist diese Zeit im Grunde geblieben. Deshalb nimmt Britta Steffen nun die Hand wieder vom Tisch und blickt ihren Gesprächspartnern offen in die Augen. Sie ist auf das Thema vorbereitet, über das man jetzt wieder mit ihr reden will: den Doping-Verdacht, der eine solche Fabelzeit fast automatisch begleitet.

Fast alle außer ihr

Das sind ja bis heute die entscheidenden Fragen geblieben: Ob die Lebensgeschichte der Schwimmerin Britta Steffen, 23, diesen Leistungssprung hinreichend erklären kann. Ob die besonderen Umstände ihrer Karriere besonders genug sind für einen Weltrekord, oder besser: für drei Weltrekorde. Auch die beiden Freistilstaffeln trieb sie in Budapest zu neuen Traumzeiten.

Britta Steffen erzählt eine Geschichte. Es muss in der neunten Klasse gewesen sein, am Sportgymnasium in Potsdam. Der Lehrer fragte: Wer von euch würde dopen, wenn es zu hundert Prozent nicht rauskäme? Betrug oder Ehrlichkeit reduziert auf ihren moralischen Kern. Fast alle meldeten sich, so geht die Geschichte, außer ihr. "Das hat mich ziemlich geschockt."

Seither gehört Britta Steffen nicht mehr zu den Spitzensportlern, die noch glauben, sich eine Meinung zum Thema Doping ersparen zu können. Sie kann viele vernünftige Ansichten präsentieren, die zwei wichtigsten: "Ich könnte nie in dem Bewusstsein auf dem Startblock stehen, zu betrügen." Und: "Ich würde nie meine Gesundheit ruinieren für das bisschen Kohle."

Sie wohnt immer noch auf zwölf Quadratmetern - in einer Zeit des grundsätzlichen Misstrauens gegenüber Spitzenleistungen bekommen plötzlich auch solche Details den Charakter entlastender Indizien.

Steffen hatte schon mit 15 für Furore gesorgt, mit sechs Titeln bei der Junioren-EM 1999, und später, als sie nach Berlin-Neukölln gewechselt war, hatte sie sogar Franziska van Almsick bezwungen, in vielen Rennen, aber nie in den wichtigen. Es war ein mentales Problem.

Nach Olympia 2004 machte sie ein Jahr Pause, besprach sich mit einer Psychologin, "arbeitete am Menschsein", brachte Talent und Leistung in Einklang. Das ist die Erklärung, die sie anbietet. Ihr Trainer Norbert Warnatzsch sagte in Budapest: "Ich verbürge mich für sie." Prompt fragten andere, der Dopingexperte Werner Franke etwa, wer sich eigentlich für ihren Trainer verbürge.

Besser als die Schiffer

Am Anfang hat Britta Steffen erwartet, das Thema Doping würde nun alle anderen dauerhaft überlagern, "so sind eben die Zeiten".

Sie hat jetzt eine Managerin, Regine Eichhorn, und Managerinnen sind ständig damit beschäftigt, die Konturen ihrer Schützlinge scharf zu zeichnen. Also deutete Eichhorn die Debatte zur Chance um: Steffen könne sich "als erste Sportlerin hervortun, die dem Publikum ihre Sauberkeit" beweise, "das wäre eine Geschichte mit Potential".

Britta Steffen ist immer noch Feuer und Flamme für diese Idee: "Ihr könnt alles haben", sagt sie, "Blut, DNA, jederzeit, so oft wie möglich, ich habe nichts zu verbergen." Aber die Wahrheit ist, dass seit Budapest kaum noch jemand danach gefragt hat.

Gerade war Britta Steffen bei "Wetten, dass...?" eingeladen, sie sollte ein Auto ins Studio fahren, dann würde Thomas Gottschalk ein paar Mal den Hersteller erwähnen, schließlich noch anführen, wie wichtig Bewegung für die Erziehung der Kinder sei. Dann sollte sie das Auto wieder raus fahren.

Aber plötzlich saß sie auf der Couch neben Claudia Schiffer, sie trug ein grauschwarzes Kleid, das wie die Schuppen eines Fisches an ihrem Körper lag. Hinterher wurde viel über das Kleid gesprochen, manche sagten, die Steffen habe besser ausgesehen als die Schiffer, andere widersprachen, und für andere Fragen ist an diesem Abend kein Platz gewesen.

© SZ vom 18. November 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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