Boxen:Sieg der Mittelgewichte

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Samstagnacht kämpfen Floyd Mayweather und Oscar de la Hoya gegeneinander. Warum die Begegnung Box-Geschichte schreiben wird.

Andrian Kreye

Wenn die Veranstalter des Weltmeisterschaftskampfes im leichten Mittelgewicht zwischen Oscar de la Hoya und Floyd Mayweather vom "wichtigsten Kampf in der Geschichte" sprechen, dann ist das sicherlich nur Marktschreierei.

Treten am Samstag gegeneinander an: Oscar de la Hoya (l.) und Floyd Mayweather. (Foto: Foto: AP)

Natürlich, da ist der erwartete Rekordumsatz von über 100 Millionen Dollar. Der beweist allerdings nur, dass Boxen längst zum internationalen Entertainment geworden ist, mit dem man über so unterschiedliche Kanäle wie Pay-per-View-Gebühren, ausländische Fernsehrechte und Eintrittskarten für drei- bis vierstellige Dollarsummen mehr Geld verdienen kann als mit Kinofilmen oder Popkonzerten.

Alleine in den USA rechnen die Veranstalter mit über 112 Millionen Dollar Einnahmen aus dem Bezahlfernsehen. Die Karten für insgesamt 19 Millionen Dollar sind längst ausverkauft. Über die Fernsehrechte schweigt man sich aus.

Doch Umsatzrekorde sind leichter zu brechen, als sportliche Höchstleistungen. Will man verstehen, warum dieser Kampf trotzdem Boxgeschichte schreiben wird, sollte man sich zunächst einmal den derzeit einzigen Schwergewichtsweltmeister mit amerikanischem Pass ansehen.

Der heißt Shannon Briggs, leidet unter Asthma und muss deswegen versuchen, seine Gegner spätestens in der vierten Runde K.o. zu schlagen. Muss er zwölf Runden durchstehen, ist das kein schöner Anblick. Bei seinem letzten Kampf gegen Sergej Liakowitsch stampfte er zum Beispiel atemlos um seinen Gegner herum, und hätte er den Weißrussen nicht buchstäblich in der letzten Sekunde durch die Seile geprügelt und ihm so den Weltmeistertitel entrissen, hätte man sich wohl nur an zwölf Runden Fremdschämen erinnert.

Die interessanteren Kämpfer

Dagegen werden die beiden Leichtschwergewichte aller Wahrscheinlichkeit nach einen fulminanten Kampf liefern. De la Hoya beherrscht einen exzellent ausgearbeiteten defensiven Stil, den er regelmäßig mit zielsicherem Killerinstinkt durch rasante Kombinationen und wuchtige K.o.s krönt. Mayweather beeindruckt mit einer Kombination aus Geschwindigkeit und Rafinesse, die ihm schon jetzt einen Platz im Pantheon der ganz Großen sichert.

Nun haben Schwergewichtsboxer traditionell das Problem, dass sie im Ring selten so schnell und elegant arbeiten können wie die leichteren Klassen. Gerade die Welter- und Mittelgewichte waren deswegen schon immer die interessanteren Kämpfer, weil sie mit ihrem Kampfgewicht um die 60 Kilo schnell agieren können, aber auch noch genug Wucht produzieren, um einen Gegner K.o. zu schlagen. Trotzdem waren es bisher vor allem die Schwergewichte, die großes Publikum zogen und die historischen Kämpfe bestritten.

Das Ende dieser Ära zeichnet sich schon länger ab. Der Kampf zwischen de la Hoya und Mayweather soll diese Entwicklung nun zementieren. Akut wurde die Krise im vergangenen Herbst, als sämtliche der fünf wichtigsten Weltmeistertitel im Schwergewicht in osteuropäischer Hand waren. Alleine deswegen das Ende der Schwergewichts-Ära zu verkünden, wie es viele US-Kommentatoren taten, mag chauvinistisch sein.

Krise der US-Schwergewichte

Tatsache ist jedoch, dass der Boxsport nach wie vor sehr auf Amerika fixiert ist. Die Vorurteile gegen osteuropäische Boxer sind dabei widersprüchlich. Auf der einen Seite belächeln amerikanische Experten den osteuropäischen Stil als zu schlicht und langweilig. Auf der anderen Seite boxt sich derzeit eine Generation von Osteuropäern nach oben, die viel motivierter und hungriger ist als ihre amerikanischen Gegner.

So können sie zwar siegen, aber selten im US-Fernsehen zu Stars werden. Das haben bisher nur die Klitschko-Brüder geschafft.

Die Krise der amerikanischen Schwergewichte ist allerdings auch hausgemacht. Es gibt kaum noch Nachwuchs im Schwergewicht. Warum sollte sich ein Athlet, der mehr als neunzig Kilo wiegt, auch heute noch an einem Sport versuchen, in dem nur sehr wenige mit einer Profikarriere reich werden? Gleichzeitig gibt es in Mannschaftssportarten wie dem American Football und selbst im Baseball für solche Titanen ein Vielfaches an Chancen, mit Sport zum Millionär zu werden.

Dazu kommt der Mangel an Strukturen. Während die Talentscouts der Mannschaftssportarten die High Schools und Colleges nach Talenten durchsuchen, die sie mit hohen Stipendien und Vertragsprämien locken, gibt es in den amerikanischen Städten kaum noch Box-Klubs, die mehr bieten können als hartes Training und einen Draht zu einem der Veranstalter, die Nachwuchs für ein paar hundert Dollar bei Provinzkämpfen verheizen.

Für die Welter- und Mittelgewichte gibt es diese Chancen im Mannschaftssport nicht. Und so werden Oscar de la Hoya und Floyd Mayweather am Samstag nicht nur um den Weltmeister-Titel kämpfen, sondern auch den Siegeszug der unteren Gewichtsklassen besiegeln.

© SZ vom 5.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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