Boxen:Profis für Olympia

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Wenn der Plan des Amateurbox-Weltverbandes aufgeht, können 2020 auch Profiboxer bei Olympischen Spielen teilnehmen. Er verspricht sich davon eine Aufwertung der Wettkämpfe. Die deutsche Profiboxszene bezweifelt, dass die Strategie aufgeht.

Benedikt Warmbrunn

2009 hat Jack Culcay den Deutschen Boxsport-Verband (DBV) verlassen, drei Jahre zu früh, so sehen sie das im DBV. Sie hatten sich viel von diesem Culcay versprochen: 2009 war er Amateur-Weltmeister im Weltergewicht geworden, 2012 sollte er bei den Olympischen Sommerspielen Gold gewinnen.

Könnte noch eine Medaille bei Olympischen Spielen gewinnen: Jack Culcay-Khet. (Foto: dpa)

Culcay, 25, entschied sich aber für das Profiboxen und somit gegen eine olympische Goldmedaille. Bis zu diesem Wochenende. Am Montag hat der Amateurbox-Weltverband AIBA ein neues Programm beschlossen, das den Boxsport in seiner gesamten Breite verändern soll. Unter anderem ist vorgesehen: die Teilnahme von Profiboxern an Olympischen Spielen. "Und da denke ich an Jack Culcay", sagt Jürgen Kyas.

Der Wechsel von Jack Culcay zu den Profis wurde damals von beidseitigen Anschuldigungen begleitet, die Rivalität zwischen Amateur- und Profiboxen ist groß. Die Funktionäre der Amateure werfen den Profipromotern vor, dass es ihnen nur darum gehe, möglichst viel Gewinn zu machen. Die Profipromoter beklagen, dass die Bürokratie der Amateurverbände einen intensiven Wettbewerb behindere.

Schon in den Jahren 2007 bis 2009 hatte die AIBA daher darüber nachgedacht, ins Profiboxen einzusteigen; aus diesen Überlegungen resultierte die "World Series of Boxing", in der die besten Amateurboxer gegeneinander antreten. Diese Serie sollte dazu dienen, Talente länger in den eigenen Reihen zu halten, die Boxer verdienen dort Geld, versprochen wurde ihnen auch eine größere internationale Aufmerksamkeit.

In der AIBA nennen sie diese Serie einen Erfolg, aber gerade in den Ländern mit großen Profiboxställen wie Deutschland, den USA oder Großbritannien findet sie kaum Beachtung, zumal die besten Amateure weiter zu den Profis wechseln.

Dem will die AIBA entgegenwirken, indem sie unter ihrem Dach auch Profiboxen stattfinden lässt. Kyas, der Mitglied im Exekutivkomitee der AIBA ist, nennt das "die dritte Säule", neben dem klassischen Amateurboxen und der "World Series of Boxing". Talentierte Amateurboxer sollen dann nicht mehr zu einem der Profiboxställe wechseln, sondern innerhalb des neuen Systems der AIBA antreten. Um diese Talente zu halten, soll es zwei Anreize geben: Zum einen sollen die Boxer bis zu einer bestimmten Anzahl an Profikämpfen wieder zurück ins Amateurlager gehen können.

"Wir wollen weiche Wechsel ermöglichen", sagt Kyas. Zum anderen, das ist der größere Anreiz, sollen die AIBA-Profis bei Olympischen Spielen kämpfen dürfen. Auf diese Weise könnte ein Verband wie der BDV, der sich aus Fördergeldern des Bundes finanziert, bei Olympischen Spielen eine bessere Bilanz vorweisen, von der ja die Höhe der Fördersumme abhängt.

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Jürgen Schmieder

Von 2013 an sollen die Pläne umgesetzt werden, beginnend mit dem Aufbau von Management und Profi-Weltverband; ab 2016 sollen erste Profi-Kämpfe von der AIBA organisiert werden, "so um 2018 rum", sagt Kyas, soll es die ersten Profi-Weltmeister der AIBA geben. 2020 könnten dann erstmals Profis und Amateure bei Olympischen Spielen gemeinsam um Medaillen kämpfen.

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Noch ungeklärt ist die Frage, wie dieser gemeinsame Wettbewerb von Profis und Amateuren aussehen soll, gerade bei Olympischen Spielen. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, sagt Kyas, die Überlegung, dass auch Profis anderer Boxställe wie etwa Jack Culcay teilnehmen dürfen, sei aber "ganz real". Auf der nächsten Tagung der AIBA am 24. September in Baku/Aserbaidschan sollen diese unklaren Fragen entschieden werden, außerdem, wie viel die AIBA-Profis verdienen sollen.

Die Absicht, die hinter den Plänen der AIBA steckt, ist es, das Profiboxen zu vereinheitlichen. Auf diese Weise tritt der Amateurbox-Weltverband in Konkurrenz mit den Promotern, aber auch mit den Weltverbänden im Profiboxen, von denen es mehr als 20 gibt, wenngleich nur vier von ihnen wirklich relevant sind.

Diese Verbände und die Promoter verdienen - im Gegensatz zur AIBA - auch mit Fernsehgeldern und Sponsoreneinnahmen Geld. "Wir wollen nicht, dass es fünf, sechs, sieben wilde Verbände gibt", sagt Kyas, "das versteht doch kein Mensch." Angestrebt werde eine "beidseitige Kooperation", zumindest am Anfang. "Wenn wir uns aber stabilisieren, werden die anderen Verbände natürlich nicht mehr so konkurrenzfähig sein", sagt Kyas. Übrig bleiben soll ein Verband: die AIBA.

In der deutschen Profiboxszene reagieren sie unaufgeregt auf diese Pläne. "Man muss mal abwarten, ob das greift", sagt Ulf Steinforth, der Promoter des Magdeburger Boxstalles SES. Hagen Doering, der Sportdirektor von Sauerland, sagt: "Ich glaube nicht, dass das aufgeht."

Seiner Meinung nach zeichne sich das Profiboxen dadurch aus, dass einem bestimmten Publikum, üblicherweise erst einem nationalen, ein Boxer namhaft gemacht werde, dass sich das Publikum mit ihm identifiziere. Ein globaler Verband könne aber genau diese Identifikation nicht herstellen, so Doering, "auf den großen Märkten läuft das nicht". Er sagt daher: "Ich sehe in diesen Plänen keine Konkurrenz."

Er glaube auch nicht, dass das Problem der verfrühten Abwerbung der Amateure zu den Profis durch diese Reformen gelöst werde. "Dann wird es zu einem noch schärferen Zweikampf kommen, und die Amateure werden mit 18 Profis. Das senkt das Niveau bei den Amateuren letztlich nur noch weiter."

© SZ vom 03.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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