Boxen:Ein Märchen aus Magdeburg

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Spektakuläre Rechte: Robin Krasniqi gewinnt gegen Dominic Bösel durch K.o. (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Robin Krasniqi soll Dominic Bösel nur Paroli bieten - und gewinnt unverhofft.

Robin Krasniqi stand mit seinen zwei Weltmeister-Gürteln stolz in der Tiefe der Magdeburger Arena und war vom größten Boxkampf seines Lebens noch völlig euphorisiert. "Ich wusste vorher, dass dieser Kampf mein Ende oder ein neuer Anfang sein wird. Ich bin sehr stolz. Ich bin ein Mann, der für große Aufgaben geboren ist", sagte der neue Weltmeister im Halbschwergewicht kurz nach Mitternacht. Sein Gegner Dominic Bösel musste sich da gerade ärztlich versorgen lassen, nachdem der Favorit von dem Sportler aus dem schwäbischen Gersthofen in der dritten Runde mit einer spektakulären Rechten K.o. geschlagen worden war.

Krasniqis Geschichte ist nun eines jener Box-Märchen, die es heutzutage kaum noch gibt. Er wuchs in den Wirren des Kosovo-Krieges auf, floh mit seinen Geschwistern und der Mutter in den Wald, um nicht im Kugelhagel zu sterben. Das Elternhaus war nach der Rückkehr völlig zerstört. Als er 17 Jahre alt war, holte ihn sein Vater, der als politisch Verfolgter geflohen war und in München einen Obst- und Gemüsehandel betreibt, nach Deutschland. Verängstigt und ohne Sprachkenntnisse begann Krasniqi im November 2004 sein neues Leben. Im Boxen fand er seine Berufung.

Doch zum großen Wurf reichte es lange nicht. 2013 vergab er seine erste WM-Chance gegen Nathan Cleverly, 2015 eine weitere gegen Jürgen Brähmer. Krasniqi (rechts) galt als einer, der in großen Kämpfen nicht ablieferte. Diesmal wurde er als Notnagel und Außenseiter eingekauft. Er sollte Bösel bei dessen erster Titelverteidigung zwar Paroli bieten, aber letztlich vor keine großen Probleme stellen.

Doch dann erwischte Krasniqi Bösel so hart am Kopf, dass dieser wie ein Baum zu Boden fiel. Er lag mit glasigen Augen im Ring, war völlig weggetreten. Und der schöne Plan war futsch. "Mit so etwas rechnet man nicht. Ich bin sprachlos", meinte Bösel, der seinen IBO-Titel und die Interims-WM der WBA wieder los war. Ganz auf der Höhe des Geschehens war er da noch nicht, so dass er sich in ärztliche Hände begab. Erst gegen 3 Uhr nachts kehrte Bösel ins Hotel zurück. Krasniqi feierte da bereits mit seinen zahlreichen Fans unter den 2000 zugelassenen Zuschauern. "Das ist der größte und schönste Tag in meinem Leben. Mir kann kein Geld der Welt dieses Gefühl geben", sagte der 33-Jährige: "Ich habe so viele Höhen und Tiefen erlebt, ich habe geweint und oft gehört, es sei mit mir zu Ende. Aber ich habe immer an mich geglaubt und bin meinen Zielen treu geblieben." Sein neues Ziel wird nun sein, den Weltmeisterschafts-Titel erfolgreich zu verteidigen.

© SZ vom 12.10.2020 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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