Wer in Deutschland gerne Billard spielt, hatte es in den vergangenen Monaten wahrlich nicht leicht. Vereine und Billardlokale, in denen sich unter Normalumständen jeden Abend Tausende Menschen um die massiven Tische versammelten, waren geschlossen. Trainieren durfte nur, wer einem Landes- oder Bundeskader angehörte - und selbst das nur unter strengen Hygienevorschriften. "Der Billard war, abgesehen von den Kadersportlern, tot", resümiert Ekkhard Schneider-Lombard, der im Bayerischen Billardverband (BBV) als Leistungssportreferent tätig ist.
Dass der Billardsport diese Zeiten mittlerweile hinter sich gelassen hat, freut ihn und den Rest der kleinen deutschen Szene umso mehr: In der Wandelhalle in Bad Wildungen finden aktuell zum ersten Mal nach der langen Corona-Pause wieder deutsche Meisterschaften statt. Knapp zwei Jahre, nachdem in der hessischen Kleinstadt, in der die Wettkämpfe seit 2005 traditionell stattfinden, zum letzten Mal DM-Medaillen vergeben wurden, ist die Sportart wieder erwacht.
Da die Wettkämpfe dabei zum ersten Mal mit den Jugendmeisterschaften verbunden wurden, erreichen die nationalen Titelkämpfe bisher ungekannte Ausmaße: Seit dem 22. Oktober und noch bis zum 7. November versammeln sich vor Ort 470 Sportler, außerdem 100 Betreuer, Schiedsrichter und Organisatoren. "Dieses Event ist für alle Beteiligten etwas Außergewöhnliches", erzählt daher auch Schneider-Lombard, der als Delegationsführer der bayerischen Fraktion von Anfang an vor Ort ist.
Dass die Wettkämpfe in dieser Form stattfinden können, entschied sich erst vor zwei Monaten. Der Vorlauf, der den Organisatoren zur Planung der DM zur Verfügung stand, war daher dementsprechend gering. Die Hygiene-Vorgaben sind strikt: Zu den Wettkämpfen kommt nur, wer getestet, genesen oder geimpft ist. In der Halle gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht. Selbst die Athleten nehmen ihren Mundschutz erst an ihrem Billard-Tisch ab.
"Es ist toll, das Ganze wieder mit vollem Herzblut ausüben zu können."
An den ersten fünf Tagen wurden in Bad Wildungen bereits 14 Goldmedaillen vergeben. An Spielerinnen und Spieler aus Bayern ging jedoch keine davon. Paula Bachmeier vom BC 73 Pfeffenhausen, Harald Stolka (BSV München), Sigrid Glatz (SC Dingolfing) und Bernd Singer (TSV Ingolstadt) schieden jeweils mit einem dritten Platz im Halbfinale aus. Der einzige bayerische Silbermedaillengewinner ist bisher Valery Kuloyants, der wie Stolka für den Münchener BSV aktiv ist. Im Finale unterlag er in der populären Pool-Billard-Form "14/1 endlos" dem Nordrhein-Westfalen Stefan Nölle.
Erfolgreicher verliefen aus bayerischer Sicht die Jugendmeisterschaften. Fünf Gold-, drei Silber- und sieben Bronzemedaillen bedeuteten im finalen Medaillenspiegel der 15 verschiedenen Landesverbände einen starken zweiten Platz. Besonders auf sich aufmerksam machen konnte Tina Gulic. Die 14-jährige Billardspielerin vom BSV Dachau holte in ihrer Altersklasse gleich dreimal den ersten Platz.
Mit den Ergebnissen der Nachwuchssportler ist man beim BBV laut Schneider-Lombard daher "hoch zufrieden", die vielen Medaillen seien "herausragend". Dass es bei den Erwachsenen noch nicht für einen Meistertitel gereicht hat, kann er daher verkraften. "Es wäre aber schön, noch eine Goldmedaille zu holen", gibt er zu. Wichtiger ist jedoch, dass im Billard nach beschwerlichen Monaten überhaupt wieder Meisterschaften ausgetragen werden können. "Es ist toll, das Ganze wieder mit vollem Herzblut ausüben zu können", findet daher auch Schneider-Lombard.