Bielefeld:Körperlich erschöpft

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Durch latent hohen Druck erzwungen: Der Treffer ins eigene Tor durch Bielefelds Joakim Nilsson (Mitte) ist bereits das vierte Eigentor von dem Eintracht Frankfurt in dieser Saison profitiert. (Foto: Ulrich Hufnagel/imago)

Bielefeld muss beim 1:5 gegen gleich drei Gegentore binnen acht Minuten hinnehmen. Ein Trost: Die Arminen verlieren gegen die beste Bundesligamannschaft des neuen Kalenderjahres.

Von Ulrich Hartmann, Bielefeld

Die ostwestfälische Mundart hält ein reiches Repertoire an lautmalerischen Vokabeln bereit für jene Tage, an denen mal wieder gar nichts klappt. Die meisten Fußballer von Arminia Bielefeld kommen allerdings nicht aus der Region und werden also auch nicht wissen, dass sie nach der 1:5 (1:3)-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt bedötscht waren, rumgenölt und sich als Knötterpötte aufgeführt haben.

Angeschlagen, selbstkritisch, unzufrieden - das sind die frei übersetzten Charakteristika jener Bielefelder, die nach sieben Punkten aus den vorangegangenen drei Spielen mit dieser zweithöchsten Saisonniederlage (nach einem 0:5 bei Union Berlin) einen herben Rückschlag erlitten haben. Die zuletzt recht abwehrfesten Ostwestfalen ließen gleich drei Gegentore binnen acht Minuten zu und lagen nach einer guten halben Stunde bereits mit 0:3 zurück. "Heute war wenig zu bestellen", sagte der Trainer Uwe Neuhaus halbwegs gefasst, "wir waren nach einer anstrengenden Woche körperlich nicht in der Lage, Frankfurt die erforderliche Kompaktheit entgegenzustellen."

Die Arminen haben allerdings nicht gegen irgendwen verloren, sondern gegen die beste Bundesligamannschaft des neuen Kalenderjahres. Mit 13 Punkten und 14:5 Toren führt Eintracht Frankfurt die spezielle 2021er-Tabelle nach fünf Spieltagen vor den punktgleichen Gladbachern an. "Wir sind im Moment schon sehr gut drauf", freute sich der Mittelfeldmann Makoto Hasebe beim Sender Sky. "Es macht gerade einen Riesenspaß", erzählte der Innenverteidiger Martin Hinteregger. "Wir sind gut in Schuss", lobte der Trainer Adi Hütter: "Wir strotzen vor Selbstvertrauen."

Die zuletzt abwehrfesten Ostwestfalen fanden nicht zu ihrem intensiven Pressing-Umschaltspiel

Fünf Stunden und 27 Minuten lang hatten die Bielefelder kein Gegentor mehr zugelassen - seit der 0:1-Niederlage gegen Mönchengladbach am 2. Januar - als es binnen 114 Sekunden gleich zwei Mal klingelte. Erst schoss Bielefelds Innenverteidiger Joakim Nilsson seinen Nebenmann Amos Pieper zum Zwecke eines Befreiungsschlags unglücklich an, und der Ball hüpfte dem Frankfurter Torjäger André Silva so vor die Füße, dass dieser ohne Mühe zum 1:0 einschießen konnte (25.). Dann ließen die Bielefelder zehn Meter vor dem Strafraum den Frankfurter Filip Kostic so frei schießen - wohl weil sie mit diesem kühnen Versuch nicht gerechnet hatten - dass der halbhohe Ball sich zum 2:0 tief ins rechte Tor-Eck absenkte (27.). Für Kostic war es tatsächlich das erste Bundesliga-Tor seit fast einem Jahr.

"Wir sind gut in Schuss": Bei der Eintracht gilt das besonders für Andre Silva, der gleich zweimal traf. (Foto: Ulrich Hufnagel/imago)

Arminias Torwart Stefan Ortega, am Donnerstag Vater geworden, blieb nichts erspart. Schon in der 33. Minute machten die beiden gut aufgelegten Frankfurter Torschützen dann gemeinsame Sache: Kostic legte im Bielefelder Strafraum auf Silva ab, und der drosch den Ball zum 3:0 und seinem 14. Saisontor unter die Latte.

Mit dem Mute der Verzweiflung gelang den Bielefeldern noch vor der Pause ihr einziger Treffer zum 1:3. Cedric Brunner flankte weit und hoch aus dem rechten Halbfeld in den Strafraum, wo Sergio Cordova, vor der Saison aus Augsburg gekommen, in elf Metern Distanz zum Tor so hoch stieg, dass sein Kontrahent Erik Durm da nicht mehr mithalten konnte. Cordova drückte den Ball stirnlings ein und bejubelte in der 36. Minute seinen ersten Treffer für die Arminia.

Doch auch in der zweiten Halbzeit fanden die Gastgeber nicht zu ihrem intensiven Pressing-Umschaltspiel. Sie bekamen die schnellen Frankfurter einfach nicht in den Griff und mussten immer wieder scharfe Bälle in den eigenen Strafraum zulassen. In der 51. Minute drosch Kostic mal wieder druckvoll ins Zentrum, wo Nilsson schon zum zweiten Mal Pech beim Klären hatte - diesmal schoss er aber nicht einen Mitspieler an, sondern direkt ins eigene Tor. Das 4:1 war für die Frankfurter bereits das vierte Eigentor, von dem sie in dieser Saison profitiert haben. So eine Statistik muss man mit latent hohem Druck aber auch erst mal erzwingen.

Das fünfte Frankfurter Tor in der 75. Minute war dem zuvor eingewechselten Luka Jovic vorbehalten, der Leihgabe von Real Madrid, die im dritten Einsatz schon ihr drittes Tor erzielte. "Wenn man sieht, was da noch alles von der Bank kommt, dann haben wir schon richtig Qualität", freute sich Abwehrchef Hinteregger. In dieser Form bleibt Frankfurt ein heißer Kandidat auf die Champions-League-Plätze.

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