Berlin:Kommando zurück

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Froher Dreier: Fabian Lustenberger und Niklas Stark beglückwünschen den Hertha-Torschützen Salomon Kalou (von links). (Foto: imago/Bernd König)

Die Hertha punktet wieder, aber die Mannschaft von Trainer Pál Dardai ist sich uneins über deren taktische Ausrichtung. Salomon Kalou trifft erneut.

Von Javier Cáceres, Berlin

Als Horst Heldt am Mittwochabend das Berliner Olympiastadion verließ, fühlte er sich von einem Zweifel ummantelt. "Ich weiß nicht, ob heute die bessere Mannschaft gewonnen hat", sagte der Manager von Hannover 96 nach dem 1:3 (0:2) seiner Mannschaft bei Hertha BSC. Heldts Ungewissheit war insofern nachvollziehbar, als sich Hannover tatsächlich am Rand des Ausgleichs, möglicherweise des Sieges bewegt hatte. Hannover hatte in der zweiten Halbzeit, wie 96-Trainer André Breitenreiter staunend bemerkte, "so dominant wie noch nie" gespielt, und war darob auch zu zahlreichen Chancen gekommen, die vor allem Herthas blendender Torwart Rune Jarstein vereitelte, ehe der eingewechselte Jonathan Torunarigha mit seinem Tor zum 3:1-Endstand die Hertha in der 83. Minute erlöste.

Die Dominanz der Hannoveraner hatte, andererseits, recht viel damit zu tun, dass Herthas Belegschaft sich nach der vielleicht anregendsten, weil spielfreudigsten ersten Halbzeit der laufenden Saison auf etwas einigte, was man hernach fast bereut hätte: einen Schritt zurück zu tun. Und das, nachdem man den Hoffnung weckenden Fußball gespielt hatte, "den Hertha auch in der Zukunft zeigen will", wie Offensivkraft Valentino Lazaro versprach.

Dass Hertha den Rückwärtsgang einlegte, lag unter anderem daran, dass man nach den beiden Toren von Salomon Kalou (18./45.) zur 2:0-Halbzeitführung die eigenen Kräfte schonen, "das Spiel beruhigen und ballbesitzorientierter spielen wollte", wie Lazaro erklärte. Doch das geriet auch wegen der schwierigen Platzbedingungen zu einem heiklen Unterfangen. Geschuldet war die Umstellung aber auch einer Idee der Abwehr, die signalisiert hatte, dass sie sich "wohler fühlen würde", wenn das Team tiefer steht, wie Stürmer Davie Selke berichtete. "Wir hätten weiterhin hoch pressen müssen. Als wir einen Schritt zurück machten, begann Hannover, das Spiel zu kontrollieren", sagte wiederum Kalou. Denn nachdem 96 in der ersten Halbzeit eigentlich nur durch Standards für Gefahr gesorgt hatte, kam der Aufsteiger nach der Pause auch aus dem Spiel heraus zu Gelegenheiten. In die Karten spielte den Hannoveranern dabei aber auch der großzügige Rahmen der nachgiebigen Spielleitung durch Schiedsrichter Robert Hartmann, die unter anderem dazu führte, dass Hertha im letzten Spiel des Jahres bei RB Leipzig (Sonntag/18.00) auf die Stammkräfte Mitchell Weiser (Sprunggelenkverletzung) und Karim Rekik (Fußprellung) verzichten muss. Insgesamt aber lag Lazaro schon richtig, als er sagte, dass Hertha nicht nur im Lichte der Leidenschaft und des Kampfes den Sieg verdient hatte, sondern vor allem wegen der spielerischen Elemente aus der ersten Halbzeit. Stellvertretend dafür stand sein an Mittelfeldlegende Bernd Schuster gemahnender Diagonalpass auf Peter Pekarik, der in der 18. Minute in die Führung der Hertha mündete. Pekarik leitete auf der rechten Seite des 96-Strafraums volley auf Kalou weiter - der einfach "weiß, wo die Bälle runterfallen", wie sein Offensivpartner Selke schwärmte.

Und so wurde es insgesamt ein versöhnlicher Mittwoch für die Herthaner, dem dann ein ebensolcher Donnerstag folgte. Da legte der Ausflugsdampfer, dem der Klub den Namen "Hertha" verdankt, nach wochenlanger Odyssee durch die Wirren der Bürokratie und brandenburgische Gewässer im Hafen Rummelsburg an - eine Rückkehr nach Berlin kurz vor Ende des 125. Jubiläums des Gründungsjahrs. "Es ist das schönste Weihnachtsgeschenk seit langem", sagte Hertha-Vorstand Ingmar Pering.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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