Belgien:Razzia in der Liga

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184 Polizisten durchsuchen 44 Wohnungen von Funktionären, Schiedsrichtern, Agenten, Journalisten - wegen des Verdachts der Geldwäsche und Ergebnisverabredung.

Mitten in der vermeintlich ruhigen, zweiwöchigen Länderspielpause wird der belgische Fußball von einem mutmaßlichen Korruptionsskandal erschüttert. 184 Polizisten haben am Mittwoch 44 Häuser und Wohnungen von Funktionären, Schiedsrichtern, Journalisten und Spieleragenten durchsucht. Der Trainer von Borussia Dortmunds Champions-League-Gegner FC Brügge, Ivan Leko, sowie der Spielervermittler Mogi Bayat und der ehemalige Manager vom RSC Anderlecht, Herman van Holsbeeck, wurden vorübergehend festgenommen. Der Verdacht lautet auf Geldwäsche, Korruption, organisiertes Verbrechen und womöglich Ergebnisverabredungen. "Spielmanipulationen untergraben die Integrität des Sports", schrieb Belgiens Justizminister Koen Geens in Sozialen Medien im Internet und suggerierte mit diesem Satz, dass man die Sache nicht auf die leichte Schulter nimmt.

Seit dem vergangenen Jahr haben die Behörden ermittelt. Die Abteilung "Sportbetrug" der Bundespolizei hatte Hinweise auf verdächtige finanzielle Transaktionen erhalten. Spiele der "Jupiler League" aus der vergangenen Saison könnten verschoben worden sein. Ein ehemaliger Anwalt sowie mehrere Journalisten sollen involviert gewesen sein. Auch der Spielerberater Dejan Veljkovic sowie die Schiedsrichter Sebastien Delferiere und Bart Vertenten sollen verhört worden sein. Die beiden leiteten auch schon Europapokal-Spiele.

Mogi Bayat, 44, war von 2003 bis 2010 Sportdirektor beim Erstligaklub RSC Charleroi. Seither hat dieses Amt sein Bruder Mehdi Bayat inne. Er sei total überrascht, sagte Mehdi Bayat belgischen Medien, sein Klub Charleroi sei jedenfalls nicht untersucht worden und er habe auch keine Ahnung, was vor sich gehe. Mogi Bayat gilt als eine der einflussreichsten Figuren im belgischen Fußball, ist über Spieler und Vereine dicht verwoben in der Branche, agiert aber eher als eine Art Unterhändler denn als konkreter Vertreter von Spielern.

Der Kroate Leko, 40, war früher Mittelfeldspieler in Split und Malaga, wechselte 2005 zum FC Brügge, ging 2009 wieder fort und kehrte im Sommer 2017 als Trainer zu diesem Klub zurück. In der vergangenen Saison wurde Brügge belgischer Meister und spielt jetzt in der Champions League mit Borussia Dortmund in einer Gruppe. Kürzlich gewann der BVB sein Spiel in Brügge mit 1:0. Klub-Präsident Bart Verhaeghe verteidigte seinen Trainer am Mittwoch vehement: "Die Untersuchungen werden zeigen, dass bei uns alles sauber ist - unserem Trainer ist nichts vorzuwerfen."

Mehrere Vereine der ersten belgischen Liga waren von den Durchsuchungen betroffen. Der RSC Anderlecht bestätigte die Polizeiaktion und betonte, man arbeite uneingeschränkt mit den Behörden zusammen. Ähnlich äußerten sich die Klubs Standard Lüttich und der KV Mechelen. Auch der belgische Fußballverband versicherte, "in voller Transparenz" zu den Ermittlungen beitragen zu wollen. Der flämische Sportminister Philippe Muyters fordert genau dies: "volle Transparenz und Kooperation" von den Klubs. Auch in anderen Ländern fanden Untersuchungen und Ermittlungen statt. In Frankreich, Luxemburg, Zypern, Montenegro und Mazedonien seien 13 Häuser und Wohnungen von insgesamt 36 Polizisten durchsucht worden.

Im deutschen Fußball wurde 2005 der Schiedsrichter Robert Hoyzer wegen Spielmanipulation und Wettbetrugs vom Landgericht Berlin zu einer Haftstrafe verurteilt. Am Landgericht Bochum gab es zwischen 2010 und 2015 mehrere Verurteilungen wegen Wettbetrug und Spielmanipulationen. Im Frühjahr 2014 erhielten die Strippenzieher Sapina und Marijo C. je fünf Jahre Haft. Im Sommer 2014 wurde der frühere Fußballprofi Thomas Cichon zu neun Monaten Bewährungsstrafe verurteilt, weil er Spiele des VfL Osnabrück verschoben und dafür Geld genommen hatte. Kurz später wurde der Fußballer René Schnitzler mangels Beweisen freigesprochen. Auch in all diesen Prozessen führten Spuren ins Ausland, unter anderem nach Belgien, in die Schweiz, in die Niederlande und nach Skandinavien.

© SZ vom 11.10.2018 / uhn, dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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