Bayerischer Vorstoß:"Doping soll für alle strafbar sein"

Lesezeit: 2 min

Bayerns Justizministerin Merk will den Besitz selbst kleinster Mengen von Dopingmitteln unter Strafe stellen. Dass davon auch viele Hobbysportler betroffen sein könnten, ficht sie nicht an.

Thorsten Denkler, Berlin

sueddeutsche.de: Frau Merk, Bundessportminister Wolfgang Schäuble will sein Anti-Doping-Gesetz jetzt schnell beschließen. Ihnen geht das Gesetz nicht weit genug. Was stört Sie?

Bayerns Justizministerin Beate Merk will ein scharfes Anti-Doping-Gesetz. (Foto: Foto: dpa)

Beate Merk: Die Bundesregierung hat einen Vorschlag gemacht, mit dem die Polizei und die Staatsanwaltschaften nur in den allerwenigsten Fällen eingreifen können. Wenn dann neue Dopingfälle hochkommen, wird schnell der Vorwurf laut, dass Politik und Ermittlungsbehörden nichts tun. Wenn wir ein Gesetz machen, mit dem wir Doping wirklich bekämpfen wollen, dann muss die Polizei es auch anwenden können.

sueddeutsche.de: Was fordern sie?

Merk: Der Besitz von Dopingmitteln muss schon von der kleinsten Menge an strafbar sein. Nur dann kann gegen den einzelnen Doper tatsächlich ermittelt werden. Es kann nicht sein, dass wir den Arzt, den Betreuer, den Trainer zur Verantwortung ziehen, weil der die Dopingmittel beschafft oder weitergibt - aber den Sportler, der die Mittel einnimmt, lassen wir laufen. Es dürfen auch nicht nur die so genannten gefährlichen Dopingmittel unter Strafe gestellt werden, sondern alles.

sueddeutsche.de: Wollen sie gleich den Breitensport kriminalisieren? Dort wird im großen Stil gedopt, zeigen Studien.

Merk: Doping bringt auf allen Ebenen große Gefahren mit sich, ob im Spitzen- oder im Breitensport. Das gilt vor allem für die Jugend. Wenn unter Erwachsenen das Dopen in manchen Sportarten zum guten Ton gehört, wenn sie ihre Leistung also nur bringen, weil sie irgendwelche Mittel einnehmen, dann nehmen sich Jugendliche dieses Verhalten zum Vorbild, dann setzen sie damit ihre Gesundheit aufs Spiel. Darum will ich keine Mengengrenze. Wer sich mit Doping einen Vorteil im Wettkampf verschafft, der handelt nicht fair.

sueddeutsche.de: Unfaires Verhalten ist nicht gleich etwas fürs Strafgesetzbuch. Manche halten ihren Vorschlag sogar für verfassungswidrig - weil niemandem verboten werden kann, sich selbst zu schädigen.

Merk: Das ist ein beliebtes Argument. Aber: Es gibt nichts, was uns daran hindert, selbstgefährdendes Verhalten zu unterbinden. Sonst gäbe es bis heute keine Helm- und keine Anschnallpflicht. Sie dürfen auch nicht die Gefahr für das ungeborene Leben unterschätzen, die von Dopingmitteln ausgeht. Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls verbietet uns nicht, hier zu handeln.

sueddeutsche.de: Warum sind sie dann gegen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften zum Thema Doping?

Merk: Was hilft mir eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft, wenn sie keine Instrumente hat, zu handeln. Darum muss der Gesetzentwurf der Bundesregierung nachgebessert werden. Das kann Herr Schäuble mit unserer Hilfe sehr schnell machen. Ein umfassender bayerischer Gesetzentwurf liegt ja vor.

sueddeutsche.de: Sie haben gesagt, man dürfe in Doping-Sportarten nicht auch noch öffentliche Gelder hineinstecken. Treiben sie den Spitzen-Radsport damit in den finanziellen Ruin?

Merk: Wenn der Staat Sport fördert, hat er eine Verpflichtung, dass der Sport frei von Doping ist. Das sind ja Steuergelder, die wir investieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bürger noch damit einverstanden sind, wenn mit ihrem Geld Doping unterstützt wird.

sueddeutsche.de: Beweisen nicht die Geständnisse einiger Radprofis, dass die Selbstreinigungskräfte des Sports noch funktionieren?

Merk: Das ist jetzt erst mal nur eine Phase. Es gibt noch genug Sportler, die sich nicht äußern, die sich aber besser äußern sollten. Ich höre von aktiven Sportlern, die darum bitten, dass sich die Politik einschaltet, um den Sport vom Doping zu befreien. Es ist etwas anderes, ob nur eine Sperre verhängt wird, oder ob sich jemand strafbar macht.

sueddeutsche.de: Gelingt es Ihnen noch persönlich, die Leistungen eines Skilangläufers, eines Radrennfahrers, eines Leichtathleten ohne Vorbehalte zu bewundern?

Merk: Solche Fragen zeigen, dass wir dringend etwas tun müssen. Es darf nicht dazu kommen, dass die ganze Nation sich bei einem Erfolg fragt, ob da das gute Training gewirkt hat oder mit Doping nachgeholfen wurde. Wenn wir dahin kommen, verliert der Sport seine Vorbildfunktion. Einen solchen Generalverdacht müssen wir unter allen Umständen vermeiden.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: