Basketball:Züge einer Lehrstunde

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Bayern München gegen Alba Berlin - in der Vergangenheit ging es vor und bei der Partie oft hoch her. Dieses Mal gewinnen die Bayern klar. Höhepunkt ist eine Ehrung.

Von Ralf Tögel, München

Die Liga hatte den Vergleich zum Schlagerspiel ausgerufen, schließlich ist es immer einer Frage der Ehre, wenn Bayern München auf Alba Berlin trifft. Doch das Duell hielt nicht, was es versprochen hatte, zu deutlich waren die Gastgeber überlegen. Sie gewannen 97:58 (43:25).

Sasa Djordjevic blickte nach dem Spiel lange durch seine modische, hellblaue Brille auf den Statistikzettel, es gab auch viele schöne Zahlen zu betrachten. Dann referierte der Trainer der Münchner ganz ruhig, dass er erfreut sei, "aber weder zufrieden noch glücklich". Djordjevic wollte das Geleistete nicht zu hoch hängen, "morgen ist es vorbei". Er erinnerte daran, dass man hart zu arbeiten habe.

Er will den FCB ja zu einer europäische Spitzenmarke formen. Einen emotionalen Höhepunkt gab es dennoch, als in der Halbzeitpause ein Mann mit unrundem Schritt aufs Spielfeld kam: Svetislav Pesic wurde von FCB-Vizepräsident Dieter Mayer offiziell verabschiedet. Der 65-jährige Serbe musste sich in den vergangenen Monaten mehreren schweren Knieoperationen unterziehen, bekam ein künstliches Gelenk und nahm nun die Ovationen seiner Fans entgegen. Pesic war im November 2012 in Zeiten der Krise vom damaligen Präsidenten Uli Hoeneß überredet worden, in München anzuheuern. Schon in der Folgesaison hatte er dem FCB den bis dato größten Erfolg mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft beschert. Der Serbe weiß sein Vermächtnis bei Landsmann Djordjevic in guten Händen; dieser hatte einst unter Pesic gespielt, bezeichnet ihn als einen seiner Lehrmeister. Hoeneß ist zwar noch nicht zurück in Amt und Würden, ließ es sich aber nicht nehmen, bei der Verabschiedung heftig klatschend neben Pesic zu stehen und diesen herzlich zu umarmen.

Das Spiel war weniger emotional, es ist ja bekanntlich früh in der Saison. Schon vor Anpfiff waren die beiden Kontrahenten sich mit Respekt begegnet, kein Vergleich zu den Scharmützeln früherer Tage. Derlei hatte Hoeneß in einem Interview mit der Bild als für den Basketball durchaus dienlich bezeichnet, auf Seiten der Berliner Verantwortlichen aber keinen Abnehmer für diese Einladung gefunden. Trotzdem bleibt auffällig, wie präsent der Basketball-Patron wieder ist.

Ondrej Balvin ragt nicht nur wegen seine Größe heraus

Die Partie begann schleppend. Auch die Bayern und die Berliner mussten zuletzt viele neue Spieler integrieren, noch fehlt die Feinabstimmung. Die ersten Minuten waren fahrig, die Abwehrreihen dominierten. Beide Mannschaften packten bissig zu, was sich zunächst auf die Treffererquoten auswirkte. Die Gäste benötigten fast vier Minuten bis zum ersten Korberfolg, aber auch die Bayern hatten bis dahin nur vier Zähler gesammelt.

Mit zunehmender Spieldauer bestätigte sich, dass die Münchner derzeit den besseren Rhythmus haben - und wohl etwas mehr Talent im Kader. Zwar gelang es auch den Gastgebern nicht, die leichten Fehler abzustellen, aber die Zahl der gelungenen Aktionen stieg. Der wuchtige Devin Booker (acht Punkte), der Olympiaturm-lange Ondrej Balvin (14 Punkte) mit seinen 2,17 Metern Größe, die spektakulären Reggie Redding (elf Punkte) und Bryce Taylor (14 Punkte) und natürlich der vorne wie hinten starke Maxi Kleber (sechs Punkte) - in schöner Regelmäßigkeit setzten sie alle Achtungszeichen, in schöner Regelmäßigkeit wuchs der Vorsprung. Zur Halbzeit waren es fast 20 Punkte, die Berliner waren angezählt.

Mit Druck kommt Berlins neues Team offenbar noch nicht zurecht

Zwar hat Alba selbst reichlich Qualität im Kader, beispielhaft sei der hochbegabte neue Spielmacher Peyton Siva aus den USA genannt, doch das Zusammenspiel im Team des neuen Trainers Ahmet Caki ist noch arg verbesserungswürdig. Vor allem unter Druck. Dieser wurde von den Münchnern stetig erhöht - bis das Spiel der Berliner völlig auseinanderbrach.

Nach drei Vierteln hatte die Partie beim 73:39 längst Züge einer Lehrstunde, die Bayern spielten Alba an die Wand. Erfreulich für FCB-Coach Djordjevic war nicht nur zu sehen, wie gut die Münchner die unschöne Niederlage im Eurocup in Sankt Petersburg vom Mittwoch weggesteckt hatten, sondern auch, dass die tiefe Bank ihren Ruf wirklich verdient. Alex Renfroe (fünf Punkte) ist ein weiteres Stück nach oben geklettert auf seiner persönlichen Leistungsskala, Danilo Barthel (neun Punkte) ist viel mehr als nur Center-Backup und Nihad Djedovic (13 Punkte) findet ebenfalls langsam zu alter Form.

Weil sich die Münchner auch im letzten Viertel nicht damit begnügten, das Ergebnis zu verwalten, nahm dieses für die Gäste noch ein verstörendes Ausmaß an. Die Münchner dagegen haben unter Beweis gestellt, dass sie sich in diesem Jahr beim Zusammenstellen der Mannschaft sicher nicht vergriffen haben.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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