Basketball:Wie vom Computer gesteuert

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Hoffnungslos unterlegen: Istanbuls Markel Brown (Mitte) kommt zu spät gegen die Münchner Devin Booker (links) und Nihad Djedovic. (Foto: Christian Kolbert/imago/kolbert-press)

Der FC Bayern revanchiert sich bei Darussafaka Istanbul für die Niederlage im letztjährigen Eurocup. Beim 116:70 verpasst man den Euroleague-Rekord von verwandelten Dreipunkte-Würfen nur knapp.

Von Matthias Schmid

Dejan Radonjic, der Cheftrainer des FC Bayern, verzichtete dann doch darauf, in der Schlussphase noch Berni einzuwechseln. Dabei hätte es wohl keinen Unterschied gemacht, das Klub-Maskottchen aufs Feld zu schicken, die Basketballer des deutschen Meisters siegten am Donnerstag in der Euroleague leicht und locker gegen Darussafaka Istanbul 116:70 (53:35) und beeindruckten außer mit einer famosen Teamleistung vor allem mit ihrer erstaunlichen Trefferquote aus der Distanz. Mit insgesamt 18 verwandelten Dreiern verpassten sie den Euroleague-Rekord von Montepaschi Siena aus dem Jahr 2012 nur um einen Treffer. Mit dem dritten Sieg im sechsten Spiel haben die Münchner nun eine ausgeglichene Bilanz im höchsten europäischen Klubwettbewerb. Als beste Werfer taten sich Devin Booker mit 18 Punkten hervor sowie Nihad Djedovic und Petteri Koponen mit jeweils 16. Der Finne brachte dabei jeden seiner sechs Würfe im Korb unter.

"Es war ein besonderer Abend", lobte Radonjic: "In der Defensive haben wir gut gespielt und in der Offense exzellent. Unsere Dreierquote war heute beeindruckend." Djedovic sah das ähnlich, er sprach von "sehr gutem Basketball an beiden Enden des Spielfeldes", womit er Angriff und Abwehr meinte. Der Deutsch-Bosnier gab jedoch zu, "auch überrascht" gewesen zu sein, wie wenig der Gegner aus der Türkei entgegenzusetzen gehabt hatte.

Darussafaka Istanbul hat bei den meisten FC-Bayern-Profis ja schmerzhafte Erinnerungen geweckt: Im vergangenen Jahr waren sich die Mannschaften im Halbfinale des Eurocups gegenübergestanden, Istanbul setzte sich durch und holte am Ende den Titel in diesem zweitklassigen Wettbewerb. Bei Darussafaka fehlten nun allerdings in Cheftrainer David Blatt und Spielmacher Scottie Wilbekin zwei Akteure, die damals bleibenden Eindruck in München hinterlassen hatten. Wilbekin hatte im Rückspiel in München sagenhafte zehn Dreier verwandelt und 41 Punkte gesammelt. Der Amerikaner ist freilich zu Maccabi Tel Aviv weitergezogen und wird Anfang März mit seiner neuen Mannschaft nach München zurückkehren. Blatt trainiert mittlerweile Olympiakos Piräus, er schaut bereits in zwei Wochen bei den Bayern vorbei. Neuer Coach bei Darussafaka ist Ahmet Caki, ehemals Trainer bei Alba Berlin.

Er sah von der Seitenlinie aus, dass seine Mannschaft von Anfang an unterlegen war. Im ersten Viertel war der Nachteil noch nicht so gravierend (17:21) wie ab dem zweiten Spielabschnitt, in dem die Münchner plötzlich aus der Distanz trafen, als wären ihre Würfe computergesteuert. Sechs von sechs Versuchen verwandelten sie von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreipunkte-Linie, sie setzten sich früh ab und führten zur Pause bereits 54:35. Dabei hatte sich Caki nach dem ersten Viertel etwas einfallen lassen, um den Rückstand in Grenzen zu halten: Mit einer Zonenverteidigung, angeführt vom türkischen Veteranen Oğuz Savaş (Kampfgewicht rund 135 Kilogramm), wollte er die großen Spieler des FC Bayern wie Devin Booker und Danilo Barthel vom Brett weg halten.

Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass die Bayern dann halt von draußen warfen und auch trafen. Koponen und Nemanja Dangubic hatten das zweite Viertel mit zwei schnellen Dreiern begonnen, es war der Auftakt für eine am Ende fast unwirkliche Dreier-Quote von 69,2 Prozent (18 von 26). "Wir müssen vor allem Druck auf ihre Schützen und ihre großen Spieler machen", hatte Radonjic vor der Partie gesagt. Es dürfte ihm gefallen haben, wie seine Spieler die Vorgabe umsetzten und sogar noch übererfüllten. Der 48-Jährige legt wie alle Trainer der alten jugoslawischen Schule großen Wert auf eine harte Verteidigung, so etwas wie Laissez-faire mag er überhaupt nicht. "Er will auch im Training vollen Einsatz sehen", erzählt Spielmacher Stefan Jovic. Umso mehr freute sich Radonjic, wie seine Mannschaft den Defensiv-Gedanken gegen Darussafaka umsetzte: "eine eindrucksvolle Abwehrleistung" sei der Schlüssel zum Erfolg gewesen, fand jedenfalls selbst der Topscorer Booker.

Die Istanbuler waren hoffnungslos unterlegen, es war ein überraschend einseitiges Spiel, in dem die Münchner auch dann nicht nachließen und sich noch leidenschaftlich nach dem Ball warfen oder jeden Schuss des Gegners zu blocken versuchten, als sie nach dem dritten Viertel bereits mit 37 Punkten Abstand führten (87:50). Berni hätte allzu gerne mitgespielt, er hatte in der Pause extra ein paar Würfe geübt.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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