Basketball:Vesely kann alles

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Lange Finger: Auf FC-Bayern-Center Devin Booker wartet am Donnerstag Schwerstarbeit. (Foto: Oryk Haist/imago)

Der FC Bayern steht in der Euroleague vor einer wahrhaft großen Herausforderung: Am Donnerstag geht es gegen das Star-Ensemble von Fenerbahce Istanbul.

Von Joachim Mölter

Am Donnerstagabend um 18.45 Uhr müssen die Basketballer des FC Bayern München in der Euroleague bei Fenerbahce Istanbul antreten. "Das ist eine große Herausforderung für uns", sagt Dejan Radonjic, der Cheftrainer der Münchner, und gerät dann fast ins Schwärmen über den Gegner: "Ausgezeichnete Mannschaft, große Qualität auf hohem Niveau, eine Menge herausragender Spieler", zählt er auf, dazu "den besten Coach", nämlich Zeljko Obradovic, einen 58 Jahre alten Serben, der den höchsten Klubwettbewerb des Kontinents insgesamt schon neunmal gewonnen und Fenerbahce in den vergangenen drei Jahren jeweils ins Finale geführt hat. "Das werden sie sicher wieder erreichen wollen", vermutet Radonjic, 48.

In Ehrfurcht erstarren wollen die Bayern-Basketballer aber nicht vor dem Euroleague-Champion von 2017: "Wir müssen daran denken, wie wir spielen wollen", fordert Radonjic von seinen Profis, "nicht so sehr, wie wir auf Fenerbahce reagieren."

Wie die Münchner spielen wollen, ist nicht schwer zu erraten: Mit einer aggressiven Abwehr, die ihnen ja schon zwei Erfolge auf Europas Bühne beschert hat, 80:79 gegen Panathikanikos Athen und 77:71 über Baskonia Vitoria, jeweils zu Hause. "Natürlich müssen wir da auch noch ein paar Dinge verbessern", findet Radonjic. Denn die größte Herausforderung, der sich seine FC-Bayern-Profis dabei in der Ülker-Sportarena gegenübersehen werden, misst 2,13 Meter und heißt Jan Vesely. Der 28 Jahre alte Center aus Tschechien war an den vier bisherigen Spieltagen dieser noch jungen Euroleague-Saison der herausragende Spieler.

Mit durchschnittlich 16,3 Punkten und 6,5 Rebounds lieferte Vesely in beiden Kategorien Spitzenwerte ab, seine Treffsicherheit ist dabei mit knapp 75 Prozent fast sensationell, außerdem hat er genug Übersicht, um seine Nebenleute einzusetzen, falls ihn die Verteidiger umzingeln: In seiner Bilanz sind auch 3,5 Vorlagen notiert, die unmittelbar zu Korberfolgen geführt haben; recht viel mehr (3,8) hat auch Münchens Spielgestalter Stefan Jovic nicht auf dem Konto, obwohl die sogenannten Assists zu seiner Kernaufgabe zählen. Was können die Münchner also tun, um so einen Mann wie Vesely im Zaum zu halten? "Das schafft einer allein gar nicht", glaubt Devin Booker, "dafür braucht es eine ganze Mannschaft." Booker ist Münchens Center Nummer eins und als solcher der natürliche Gegenspieler von Vesely, er weist aber daraufhin: "Wir müssen uns was ausdenken, um nicht nur ihn zu bremsen, sondern seine Mitspieler auch."

Auf den 2,05 Meter großen US-Amerikaner kommt am Donnerstag in jedem Fall Schwerstarbeit zu, zumal es seinem zuletzt angeschlagenen Center-Kollegen Leon Radosevic nur allmählich wieder besser geht. Falls der Deutsch-Kroate nicht fit wird und für Bookers Entlastung sorgen kann, muss wohl einer von den großgewachsenen Flügelspielern wie Danilo Barthel (2,08 Meter) oder Derrick Williams (2,03) ins Zentrum rücken und unter dem Korb aushelfen - was aber wiederum Lücken auf den Flügeln reißen würde, wo Fenerbahce ebenfalls prima aufgestellt ist mit den italienischen Nationalspielern Nicoló Melli (bislang 10,3 Punkte und 3,3 Rebounds) sowie Luigi Datome (10,0/3,8).

Berücksichtigt man noch Istanbuls Spielmacher, den Griechen Kostas Sloukas samt seinen 13 Punkten und fünf Assists pro Partie, sowie den Umstand, dass der Klub nach dem Beinbruch des kanadischen Guards Tyler Ennis am vorigen Wochenende in der Lage war, mal eben auf die Schnelle den NBA- sowie Euroleague-erfahrenen Amerikaner Erick Green, 26, als Ersatz zu engagieren, beginnt man zu verstehen, was Radonjic meint mit "großer Qualität auf hohem Niveau": Dieses Ensemble wird schwer zu verteidigen sein.

Dass es nicht unmöglich ist, hat Fenerbahces Lokalrivale Anadolu Efes in dieser Saison bereits zweimal gezeigt. Dem Triumph im türkischen Supercup zu Saisonbeginn ließ das runderneuerte Team von Anadolu Efes vorige Woche einen 89:83-Sieg im europäischen Wettbewerb folgen - und das nach einem 16-Punkte-Rückstand in der ersten Halbzeit. "Keine Mannschaft ist unbesiegbar", sagt Devin Booker, "es geht darum, vierzig Minuten fokussiert zu bleiben, sich das Herz aus dem Leib zu spielen und hundertprozentig alles zu geben. Efes hat das getan und so gegen Fenerbahce gewonnen - davon kann man lernen." Nämlich genau das, was sich der FC-Bayern-Coach Radonjic von allen seinen Profis wünscht: "Wir müssen bereit sein, vierzig Minuten mit voller Konzentration und voller Energie zu spielen." Sonst werden sich die Münchner zweifellos schwer tun.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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