Basketball:Summe vieler Kleinigkeiten

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Aus dem Tritt gekommen: Bambergs Nikolaos Zisis verliert im Duell gegen Münchens Justin Cobbs die Balance. (Foto: imago/Buthmann)

Nach der Niederlage im Top Four gegen den FC Bayern warnt Bambergs Trainer Trinchieri vor nachlassender Konzentration.

Von Joachim Mölter

Das Spiel um den dritten Platz ist bei vielen Sportlern so beliebt wie ein Muskelfaserriss; es geht nur noch um ein Trostpflaster, nachdem einem die Tür zum Finale vor der Nase zugeschlagen worden ist. Die Basketballer aus Bamberg hätten dieses Spiel um den dritten Platz am Sonntagmittag trotzdem gern bestritten - vor allem, um die 79:86-Halbfinal-Niederlage gegen den FC Bayern München am Tag zuvor aus den Köpfen zu kriegen, sich zu rehabilitieren und wenigstens mit einem kleinen Erfolgserlebnis nach Hause zu fahren. Doch weil die Partie gegen die Frankfurt Skyliners wegen eines kurzfristig nicht so schnell zu behebenden Wasserschadens in der Münchner Arena vorsichtshalber abgesagt worden war, machten sie sich unverrichteter Dinge auf den Heimweg. Das später terminierte Finale zwischen ihrem Bezwinger und Alba Berlin wollten sie sich nicht antun, da regenerierten sie lieber für ihr nach Nürnberg verlegtes Euroleague-Heimspiel am Donnerstag gegen Titelverteidiger Real Madrid.

Brose-Trainer Andrea Trinchieri hätte sich am liebsten schon am Samstagabend grußlos verabschiedet nach der obligatorischen Pressekonferenz, aber sein Münchner Kollege Svetislav Pesic fing ihn wieder ein und wechselte noch ein paar vermutlich freundliche Worte mit ihm. Dass Pesic zuvor das Halbfinale "auf hohem europäischen Niveau" angesiedelt und Bamberg als "eine der derzeit am besten organisierten Mannschaften in Europa" geadelt hatte, hatte Trinchieri allerdings nicht trösten können. Ihn wurmte die Niederlage gegen den bayerischen Rivalen sichtlich, zumal nach den vorangegangenen Sticheleien: So hatten die formal als Heimmannschaft gelosten Bamberger darauf bestanden, in ihren roten Heimtrikots anzutreten und auch die für das Heimteam vorgesehene Ersatzbank zu besetzen. Hausherr FC Bayern musste auf weiße Hemden ausweichen und auf der gegenüberliegenden Seite Platz nehmen.

Das Psychogeplänkel zahlte sich allerdings nicht aus. "In einem K.o.-Spiel ist der wichtigste Muskel das Gehirn", hatte Trinchieri nach dem tatsächlich hochklassigen Halbfinale resümiert und damit ausdrücken wollen, dass bei seinen Akteuren die Konzentration am Ende nachgelassen hatte. Wie im Dezember beim Bundesliga-Vergleich der beiden Vorjahresfinalisten war die Partie 35 Minuten lang ausgeglichen gewesen und erst in der Schlussphase entschieden worden, damals zugunsten des aktuellen deutschen Meisters aus Bamberg (100:87), diesmal eben zugunsten des Champions von 2014.

Sobald am Samstag ein Team einen kleinen Lauf hinlegte, konterte das andere mit einer eigenen Serie. Auf mehr als sieben Punkte davonzuzuziehen, schaffte weder Bamberg (7:0/3. und 16:9/7.), noch München (34:27/16.). Der FC Bayern punktete vor allem über seine großen Männer Thompson, Savanovic (beide 16 Punkte) und Bryant (zehn); die Brose Baskets Bamberg hielten mit ihren kleinen Leuten Zisis (15), Strelnieks (13), Wanamaker und Miller (je elf) entgegen.

Für Trinchieri ist der wichtigste Muskel das Gehirn

"Wir waren da, wo wir sein wollten", sagte Trinchieri nachher: Fünf Minuten vor Schluss lagen sie fünf Punkte vorne (69:64), das sogenannte Momentum pendelte auf ihre Seite, die gegnerischen Spielmacher Alex Renfroe und Anton Gavel standen mit jeweils vier Fouls kurz vor dem Ausschluss. Doch "dann haben wir die Kontrolle über das Spiel vollkommen verloren", klagte der Trainer. Seine Akteure leisteten sich zwei schwerwiegende Ballverluste, und "in den letzten drei Minuten zählt jeder Ballbesitz doppelt", haderte der Italiener. "Im Angriff sind wir auch nicht mehr in unsere Laufwege gekommen", fügte Patrick Heckmann hinzu, einer der wenigen Bamberger Spieler, dem nach der Niederlage zum Reden zumute war. In der Summe führten all die Kleinigkeiten dazu, dass der FC Bayern das Geschehen noch drehte.

Mit ein paar Tagen Abstand wird wohl auch Andrea Trinchieri das Halbfinale als das einordnen können, was es für neutrale Beobachter war: eine Werbung, wie man sie kaum besser für den Basketballsport hierzulande betreiben kann - auch schon im Hinblick auf die im Mai beginnenden Playoffs. So wie die beiden Teams am Samstag aufgespielt haben, muss man sie ja erneut in der Finalserie erwarten. Und bis dahin hat Trinchieri lange genug Zeit, den wichtigsten Muskel zu trainieren, den die Mannschaft seiner Meinung nach in der entscheidenden K.o.-Runde braucht - das Gehirn.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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