Basketball:Stempel drauf

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Führungskräftetagung: Kapitän Nihad Djedovic (links) und Trainer Andrea Trinchieri beraten die Lage bei den FC-Bayern-Basketballern.. (Foto: Oryk Haist/imago)

Nihad Djedovic soll den FC Bayern als neuer Kapitän in die Saison führen. Es erscheint fast logisch: Keiner hat mehr Spiele absolviert, mehr Punkte erzielt und die Klub-Philosophie stärker verinnerlicht.

Von Joachim Mölter

Es gehört zu den kleinen Zufälligkeiten des Lebens, dass Nihad Djedovic die Basketballer des FC Bayern München am Dienstagabend just gegen jenes Team zum ersten Mal als Kapitän aufs Parkett geführt hat, gegen das er auch zum bis dato letzten Mal in der Euroleague im Einsatz gewesen ist, gegen Valencia Basket. Mehr als sieben Monate liegen zwischen den beiden Begegnungen, in dieser Zeit ist eine Menge geschehen, doch das Ergebnis der Partie ist annähernd gleich geblieben: Anfang Februar verloren die Münchner ihr Pflichtspiel daheim mit sieben Punkten Differenz, 59:66; nun unterlagen sie bei einem Testturnier an der spanischen Mittelmeerküste mit acht, 76:84.

Im Februar hatte Nihad Djedovic noch zwölf Punkte erzielt, jetzt gelang ihm gar kein Korberfolg, trotzdem empfand er einen Fortschritt. Nach monatelangen Verletzungsbeschwerden am Oberschenkel und am Sprunggelenk war ihm wichtig, "dass ich mich ohne Schmerzen bewegen und spielen kann". Gleichzeitig dämpfte er allzu große Erwartungen: "Ich brauche noch, bis ich wieder in den Rhythmus komme."

Beim Vorbereitungsturnier für die am 1. Oktober beginnende Euroleague-Saison wurde Djedovic von seinem neuen Trainer Andrea Trinchieri weitgehend geschont, auch am Mittwoch beim 68:82 gegen Olympiakos Piräus, bei dem er immerhin acht Punkte erzielte. Trinchieri weiß sowieso, was er an seinem 30 Jahre alten Guard hat. Alle wissen das im Verein. Djedovic ist der dienstälteste Profi im 17 Spieler umfassenden Kader, er geht in seine achte Saison, ist längst der Rekordmann der FC-Bayern-Basketballer, und sein Vertrag läuft noch bis 2023. Als einziger Spieler war er bei allen drei Meisterschaftsgewinnen der Münchner in der Neuzeit dabei, 2014, 2018 und 2019. In bisher 238 Bundesliga-Einsätzen sammelte er insgesamt 2859 Punkte, durchschnittlich 12,0 pro Partie. Und in der Euroleague, dem höchstklassigen Wettbewerb des Kontinents, kommt er auf 82 Spiele und 867 Punkte, also 10,6 im Schnitt.

Auch defensiv ragt Djedovic heraus, er gilt als bissigster Verteidiger des Teams und wird meistens auf den besten Korbjäger des Gegners angesetzt, um ihn ruhigzustellen. Mit seinen 1,99 Meter kann er in der Abwehr ja fast alle Positionen abdecken, außer die des Centers vielleicht.

Als im Lauf der Saisonvorbereitung die Frage aufkam, wer denn nun die Nachfolge des zu Fenerbahce Istanbul abgewanderten Nationalspielers Danilo Barthel als Kapitän antreten soll, lief die Antwort also fast zwangsläufig auf Nihad Djedovic hinaus. Auch wenn der sich beim Trainingslager in Bruneck/Südtirol noch etwas zierte: "Ich würde niemals nein sagen", entgegnete er da, "und es wäre mir eine Ehre, wenn ich in meiner Karriere auch mal Kapitän bin beim FC Bayern Basketball. Aber ich dränge mich nicht vor."

Auch Trainer Trinchieri mochte die Angelegenheit damals nicht forcieren, Anfang September. "Ich will erst sehen, wie sich die Mannschaft entwickelt", sagte der Italiener und kündigte an: "Sie wird selbst entscheiden, ich werde nur meinen Stempel draufsetzen zur Bestätigung." Das hat er nun offensichtlich getan, in Valencia gab der Klub bekannt, dass Djedovic das Team künftig als Kapitän anführt. "Angesichts der langen Zeit, die Nihad hier ist, ein natürlicher, logischer Schritt", fand Trinchieri.

Djedovic hätte sicher schon früher das prestigeträchtige Amt des Teamkapitäns haben können, aber er überließ das immer lieber anderen. Er ist kein großer Redenschwinger, er geht lieber mit Taten voran, mit gutem Beispiel - dazu muss er kein Kapitän sein. "Wer will, kann sehen, dass ich meinen Job ernst nehme und hoffentlich auch gut mache", sagt er: "Ich gehe jeden Tag raus und gebe alles, im Training und im Spiel." Seine Art werde er jedenfalls nicht ändern als Kapitän, versicherte er.

Wie wichtig der gebürtige Bosnier mit deutschem Pass für die FC-Bayern-Basketballer ist, war erst im Juni zu sehen. Ohne den Final-MVP des Vorjahres, den wertvollsten Spieler der gegen Alba Berlin gewonnenen Endspielserie 2019, wurden die Münchner beim Finalturnier in heimischer Halle bereits im Viertelfinale als Meister entthront. "So was hängt nicht an einem Spieler", findet Djedovic, "da hat alles nicht gepasst für uns." Aber dass besonders er fehlte, war nicht zu bestreiten.

Es hat ja kein anderer Basketballer des FC Bayern München die Philosophie des Klubs so verinnerlicht wie er. "Wenn du hier unterschreibst", sagt Nihad Djedovic, "musst du um Titel spielen. Das ist in unserer DNA."

© SZ vom 17.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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