Basketball-Spitzenspiel:Defensive hat Priorität

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Seltener Moment: Kaum einmal kamen die Bamberger wie hier Jerel McNeal (rechts) so frei zum Korb. Der Münchner Alex King kommt ausnahmsweise zu spät. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Nach einer Reihe von teilweise verstörenden Niederlagen gelingt den Basketballern des FC Bayern wieder mal ein Sieg über den deutschen Meister Bamberg: Das 67:59 hat bereits Playoff-Intensität.

Von Matthias Schmid, München

Andrea Trinchieri saß lässig lächelnd in seinem Stuhl, die Hände vor der Brust verschränkt. Die Partie hatte da gerade erst begonnen. Und hätte dem Cheftrainer von Brose Bamberg am Sonntagabend in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle jemand Zigarre und Rum gebracht - es hätte wunderbar ins Bild gepasst. So entspannt hatte man den Italiener selten vor einem Spiel erlebt. Doch nach der Partie der Basketball-Bundesliga beim FC Bayern war das fröhliche Lächeln gänzlich aus seinem Gesicht verschwunden, in der mit 6700 Besuchern ausverkauften Arena lächelten nur noch sein Kollege Sasa Djordjevic und die Münchner Spieler, die die Begegnung am Ende gegen matt wirkende Gäste gewannen, 67:59 (27:28). Es war der erste Sieg für die Bayern gegen den deutschen Meister nach zuvor sechs - teilweise verstörenden - Niederlagen.

Vor allem die zuletzt im Pokalfinale von Berlin hatte die Münchner doch mehr beeindruckt als sie zugeben wollten. Doch diesmal konnten sie nach einem starken dritten Viertel die Partie für sich entscheiden. In der ragte Nick Johnson mit zwölf Punkten heraus. Dank des Erfolges verkürzte München den Abstand in der Tabelle auf Bamberg auf nur noch zwei Punkte.

Die Distanzwürfe sind eigentlich eine Stärke der Bamberger - aber diesmal treffen sie kaum

Djordjevic hatte sich zu Beginn etwas Besonderes einfallen lassen, mit einer Mischung aus Mann-Mann- und Zonenverteidigung versuchte der Serbe, die Bamberger zu irritieren. Das gelang auch, weil seine Spieler zudem seine Direktive beherzigten: Sie verteidigten lästig, knapp an der Grenze zum Regelverstoß. Oder wie es Djordjevic vor dem Spiel formuliert hatte: "Wir müssen aggressiv auftreten, aggressiver als je zuvor in dieser Spielzeit." Da Eifer in der Defensive bis hin zur Selbstaufgabe auch zur Maxime seines Kollegen Trinchieri gehört, entwickelte sich ein Spiel, das man eigentlich aus den Playoffs um die Meisterschaft kennt: Dort steht die Defensive über allem. Punkte und schöne Offensivaktionen hatten also Seltenheitswert am Sonntag, dafür gab es umso mehr Ballverluste, sodass es eng zuging, 18:16 führten die Münchner nach dem ersten Viertel.

Danach wurde das Spiel nicht wirklich schöner und flüssiger, vor allem die Bamberger trafen aus der Distanz nicht - eigentlich eine ihrer Stärken. Nur zwei von 15 Wurfversuchen jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie flutschten in der ersten Hälfte durch den Korb. Es waren vor allem Freiwürfe, mit denen Bamberg punktete. Spielmacher Fabien Causeur fand überhaupt keinen Rhythmus; der Linkshänder hatte die Bayern im Pokalfinale richtig gepiesackt mit seinen Korblegern mit der linken Hand. Die wollte Djordjevic diesmal unbedingt verhindern, deshalb hatte er den Franzosen in den Mittelpunkt seines Videostudiums gestellt - "vor allem die drei Finger seiner linken Hand", wie es ausdrückte. Mit denen gibt Causeur den entscheidenden Impuls, damit der Ball über die rudernden Arme der Verteidiger fliegt. Die Bayern-Spieler hatten aufgepasst, Causeur machte seine ersten Punkte erst kurz vor der Pause, das Spiel blieb spannend, die Gäste führten 28:27.

Im Bayern-Aufgebot war auch schon Dru Joyce zu finden, der erst vor wenigen Tagen den Kader komplettiert hat. Der Aufbauspieler war zu High-School-Zeiten Spielkamerad von LeBron James, dem derzeit wohl besten Basketballer des Planeten. Und der NBA-Champion der Cleveland Cavaliers wird genau beobachten, wie sich sein Kumpel und Trauzeuge einfinden wird ins bestehende Bayern-Kollektiv. Die beiden telefonieren oft miteinander und tauschen sich auch gerne über Basketball aus. "Und wenn ich nicht gut gespielt habe, muss ich mir das auch gleich anhören", hat Joyce der SZ mal erzählt.

Angenehm wird das nächste Gespräch für den neuen Bayern-Profi nicht verlaufen, er durfte zwar nach einer Viertelstunde für Nick Johnson spielen, der sich drei schnell Ballverluste leistete. Aber Joyce machte es nicht viel besser, nach zwei Minuten und neun Sekunden nahm ihn Djordjevic schon wieder herunter. Dabei ist Joyce, 32, nach acht Spielzeiten in der BBL ein Veteran. Mit seiner Ruhe und Gerissenheit sowie seinen Spielmacherqualitäten soll er vor allem seinen jüngeren Landsmann Johnson unterrichten, der noch Nachholbedarf hat beim Ballhandling und Passspiel. So stellt sich das zumindest der FC-Bayern-Trainer Djordjevic vor: An Joyce sollen sich seine Spieler aufrichten.

Doch dass sich seine neuen Kollegen nach der Pause steigerten, allen voran Nick Johnson, lag weniger an der Aura des freundlichen Zugangs, sondern vielmehr an der guten Abwehrarbeit, der verbesserten Trefferquote und vor allem am Glauben, das Spiel gewinnen zu können. Am Ende kam sogar noch ein bisschen Spielkunst hinzu, zum Beispiel als Maxi Kleber mit einem krachenden Slam-Dunk einen Fastbreak abschloss.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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