Basketball-Playoffs:Fehlende Frische

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Bemüht, aber an der Bamberger Souveränität abgeprallt: Bayerns Justin Cobbs (rechts) muss Janis Strelnieks samt Ball ziehen lassen. (Foto: Hans-Martin Issler/dpa)

Titelverteidiger Bamberg zeigt sich spiel- und trickstark und hält den FC Bayern beim 88:73 zum Auftakt der Halbfinalserie deutlich auf Distanz. Am Mittwoch in München stehen die Bayern damit schon unter Druck.

Von Matthias Schmid

Die schönste Basketballzeit des Jahres haben sie in Bamberg zu einem Fest der Liebe ausgerufen. "Bamore" nennen sie beim Titelverteidiger in Anlehnung an das italienische Amore die aktuelle Kampagne um die Meisterschaft, mit der sie bei Titelverteidiger Brose Baskets in der Stadt und im Umland werben. Um ihr Motto noch emotional aufzuladen, hat der Klub auf den Plakaten alle Spieler des Kaders zu einem Herzen stilisiert. Die amerikanischen Profis der Bamberger, die des Italienischen nicht allzu mächtig sind, haben den Slogan der Kreativabteilung aber auf ihre ganz eigene Weise interpretiert, wie sie mittlerweile im Verein mit einem gewissen Amüsement erzählen. Sie lesen darin "more", also mehr.

So wie Bamberger bisher in den Playoffs der Basketball-Bundesliga (BBL) aufgespielt haben, ist das durchaus als Drohung an die Konkurrenz zu verstehen. Die Bamberger Basketballer wollen mehr. Mehr Titel. Mehr Dominanz. Mehr Punkte als jede Mannschaft vor ihnen. Mit fast 40 Zählern Differenz im Schnitt hatte das Team von Cheftrainer Andrea Trinchieri im Viertelfinale Würzburg nicht nur 3:0 besiegt, sie hatten den fränkischen Rivalen gedemütigt. Und auch der FC Bayern musste im ersten Halbfinalspiel am Sonntag die Überlegenheit der Bamberger anerkennen. 88:73 (42:32) gewannen die Oberfranken gegen die Oberbayern und liegen damit in der Best-of-Five-Serie mit 1:0 in Führung. "Es war nur ein Sieg", sagte Trinchieri vor dem zweiten Duell am Mittwoch (20.30 Uhr) in München nüchtern wie ein Notar bei der Testamentseröffnung. "Mehr nicht. Es spielt keine Rolle, ob wir das Spiel klar für uns entschieden haben."

Drei Ballverluste in Folge bringen die Münchner um die Siegchance

In der Tat verschafft die Differenz von 15 Punkten Bamberg keinen Vorteil in der Serie, und doch verdeutlicht sie, dass der siebenmalige deutsche Meister nahe an seinem Optimum spielt. "Wir können uns auf unsere Sachen verlassen", versicherte Bambergs Flügelspieler Patrick Heckmann. Der Titelverteidiger zeigt schnellen und trickreichen Teambasketball. Daneben ist es die harte und lästige Verteidigung, mit der Bamberg auch die in der Hauptrunde mit im Schnitt mehr als 90 Zählern offensivstärkste Mannschaft des FC Bayern unter 75 Punkten gehalten hat. Und in der Offensive kann sich kaum ein Gegner auf ihr bewegliches und variantenreiches Spiel einstellen, bei dem mit Würfen von überall auf dem Parkett zu rechnen ist. Zum Auftakt der Serie lag Bamberg von Spielbeginn an vorne, im Schlussviertel führten die Oberfranken sogar mit 23 Punkten. Vor allem die beiden Spielermacher Brad Wanamaker und Janis Strelnieks taten sich hervor und sammelten jeweils 15 Punkte.

Angesichts der Bamberger Form werden in der BBL schon historische Vergleiche herangezogen, um ihre Stärke in der 50-jährigen Geschichte der Liga einordnen zu können. Einige landen dabei in der Spielzeit 2011/2012, als die Oberfranken mit Brian Roberts, P. J. Tucker, Tibor Pleiß (alle drei schafften es anschließend in die NBA), Casey Jacobsen, John Goldsberry, Marcus Slaughter, Predrag Suput und Julius Jenkins die Zuschauer verzückten und die Rivalen in die Resignation trieben - diese Mannschaft gilt als bisher herausragendste in der BBL. Mit dabei war auch Anton Gavel, der heute das Trikot des FC Bayern überstreift. Am Sonntag musste er erleben, dass sein früherer Klub dem Ideal von damals schon gefährlich nahe kommt.

Doch Bayern-Cheftrainer Svetislav Pesic denkt gar nicht daran, Bamberg vorzeitig zur Meisterschaft zu gratulieren. "Wer Basketball versteht, hat gesehen, dass das Spiel viel enger war, als es das Ergebnis aussagt." In der Tat waren die verletzungsgeplagten Münchner mit einer mutigen Verteidigung und erfolgreichen Dreipunktewürfen im dritten Viertel noch mal auf vier Punkte (47:51) herangekommen. Doch mit drei Ballverlusten in Folge hatten sie sich um alle Siegchancen gebracht. "Uns hat ein wenig die Frische in der Offensive gefehlt", gab Pesic zu. Ob es an der intensiven Serie gegen Ludwigsburg lag oder an den Ausfällen von Deon Thompson und Dusko Savanovic, wollte er nicht genauer erläutern. Er freue sich jedenfalls auf das Spiel am Mittwoch, kündigte der 66-Jährige an. Sein Trainerkollege Andrea Trinchieri meinte: "Das wird ein komplett anderes Spiel werden."

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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