Basketball-Playoffs:Energie vom Spinningrad

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Anton Gavel führt den FC Bayern München ins Halbfinale gegen Titelverteidiger Bamberg und glaubt nach der Leistungssteigerung gegen Ludwigsburg an den Finaleinzug.

Von Matthias Schmid

Es war nicht mehr lange hin bis Mitternacht, als sich Anton Gavel am Donnerstag in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle von seiner Frau verabschiedete. Der Basketballer des FC Bayern musste sie in diesem Moment vertrösten, er wusste nicht, wann er nach Hause kommen würde. Er musste wieder zurück in die Kabine, wo schon die Ärzte und Physiotherapeuten auf den Spielmacher warteten. "Es kann noch sein, dass die Jungs noch was mit mir vorhaben", bekannte der 31-Jährige. Eine weitere Behandlung, eine Extraschicht, wie schon in den vergangenen Tagen auch. Gavel plagen Probleme im Knie. Es ist nichts Dramatisches, kein Riss. Aber die Probleme am Bandapparat sind so gravierend, dass es schon ein Wagnis war, dass er gegen die MHP Riesen Ludwigsburg auflief.

"Aber es war eben Partie fünf", sagte er. Es klang fast entschuldigend. Ein Alles-oder-Nichts-Spiel. Und Gavel war trotz seiner Beschwerden der auffälligste Spieler in dieser finalen Begegnung der Best-of-Five-Serie im Playoff-Viertelfinale. Mit seinen 24 Punkten half er entscheidend mit, dass für die Bayern mit dem 87:76-Sieg die Saison nicht schon jetzt beendet ist. "Das haben wir nicht zugelassen", sagte Gavel. Er hatte es nicht zugelassen. Bereits an diesem Sonntag (13.20 Uhr) geht der Meisterschaftskampf mit dem ersten Auswärtsspiel bei Titelverteidiger Brose Baskets Bamberg weiter.

Ausgerechnet Bamberg. Mit den Oberfranken gewann Gavel vier Meisterschaften und drei Pokalsiege, bevor er sich vor zwei Jahren dem Rivalen FC Bayern anschloss. Nach der wechselhaften Serie gegen durchaus renitente Ludwigsburger und der gegenwärtigen Dominanz der formstarken Bamberger sehen viele Beobachter die Münchner nun in der Außenseiterrolle. "Völliger Quatsch", findet Gavel. "Die machen sich genauso viele Gedanken über uns, wie wir uns über sie." Er glaubt fest an den Finaleinzug, "doch dafür müssen wir auswärts einen Sieg klauen". Wie das gelingen soll gegen eine Mannschaft, die in dieser Saison zu Hause kein Spiel verloren hat, will Bayern-Cheftrainer Svetislav Pesic vor dem ersten Playoff-Duell am Sonntag nicht verraten. "Ich werde überhaupt nichts zum nächsten Spiel sagen", meinte der Serbe.

Viel lieber sprach er über die eigene Darbietung seiner Spieler, die ihn beeindruckt und gleichzeitig verblüfft hat angesichts der Vorgeschichte mit zahlreichen Verletzungen. "Wir haben nach dem Seitenwechsel unsere beste Halbzeit in dieser Saison gespielt", lobte der 66-Jährige. Neben Gavel war auch Aufbauspieler Alex Renfroe mit Schmerzen angetreten, die Schlüsselspieler Dusko Savanovic (Finger) und Deon Thompson (Wade) konnten gar nicht spielen. "Die Verletzungen sind unser einziges Problem", sagte Pesic noch.

Die fünf kräftezehrenden Spiele gegen Ludwigsburg können sie daher nicht einfach ausblenden, gab Gavel zu. "Es ist natürlich besser, wenn man auch regenerieren kann. Aber ich hoffe, dass es für uns ein Vorteil ist, dass wir unseren Spielrhythmus nun beibehalten und alle drei Tage weiterspielen können."

Gavel machte am Donnerstag den Eindruck, als würde er am liebsten jeden Tag weiterspielen - trotz seines angeschlagenen Knies. "Anton hat uns auseinandergenommen", sagte Ludwigsburgs Trainer John Patrick. Gavel hört solche Komplimente nicht gerne. Er ist kein Spieler, der außerhalb des Parketts viel Aufhebens macht. "Es geht nicht um mich", sagte er leise: "Man muss jetzt kein Riesending daraus machen, dass ich mal ein paar Punkte mehr gemacht habe." Gavel neigt wahrlich nicht zur Übertreibung, doch manchmal untertreibt er durch seine Bescheidenheit.

Ohne seine Hingabe hätten die Bayern am Ende nicht so überlegen gewonnen. Vor allem in den kritischen Phasen kurz nach der Pause, als Ludwigsburg mit fünf Punkten in Führung ging, war er es, der mit seinen Körben und seiner mitreißenden Körpersprache seine Mitspieler wieder vitalisierte. Selbst dann, wenn er nicht auf dem Parkett stand und draußen auf der Spinning-Rad saß, um sich warm zu halten, schrie er seine Mitspieler gestenreich nach vorne. An diesem Abend hat Anton Gavel alle besser gemacht. Doch davon wollte er nichts wissen. Er sagte: "Wir haben alle eine Superleistung gezeigt."

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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