Basketball:Pfeiler in der Statik

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Enorme Anlagen: Bayern Münchens Paul Zipser, 22, (rechts) demonstriert immer öfter seine Fähigkeiten - wie am Dienstag gegen Berlin. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Bayern-Basketballer erfreuen sich am erstmaligen Einzug ins Eurocup-Viertelfinale - und ihrer Identität auf dem Feld. In der nächsten Runde wartet Galatasaray Istanbul.

Von Ralf Tögel, München

Anton Gavel war einfach froh, dass er "Alba ein paar Monate nicht mehr sehen muss". Viermal standen sich die Basketballer des FC Bayern München und die Berliner in den vergangenen zehn Tagen gegenüber, erst im Pokalfinale, dann im Eurocup-Hinspiel, dann folgte der Bundesliga-Vergleich und am Dienstagabend das Rückspiel im international zweithöchsten Wettbewerb. Mehr als genug für den Bayern-Routinier, vorerst, denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass man sich in den Playoffs zur nächsten Serie treffen wird.

Die Bayern haben nach diesem 84:75-Sieg am Dienstagabend im Rückspiel des Eurocup-Achtelfinales die bessere Bilanz, stehen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte im Viertelfinale und haben gleichzeitig den internationalen Auftritt des wenig geliebten Konkurrenten beendet. Alles gut also aus Bajuwaren-Sicht? Nicht ganz, denn diese Serie hat mit dem Pokalcoup der Berliner auf dem Münchner Parkett begonnen, eine Endspiel-Niederlage, die "schon noch ein bisschen schmerzt", wie Paul Zipser zugab. Nach dem 82:82-Remis im Hinspiel und der für Alba ehrabschneidenden 96:65-Bundesliga-Demontage vom Sonntag ist die Revanche geglückt, das schon - der erste Titel, den es zu gewinnen gab, ging aber nach Berlin. "Wir können aus dieser Saison bereits etwas Greifbares mitnehmen", freut sich Alba-Geschäftsführer Marco Baldi.

Baldi ist nach wie vor bemüht, Gift aus dieser Rivalität zu nehmen, er gibt gerne zu, dass die Münchner die Kraftverhältnisse gewissermaßen zurecht gerückt hätten. Nach diesen vier Duellen darf man durchaus festhalten, dass sich die Münchner zusammen mit Bamberg wohl doch ein Stück vom Rest der Konkurrenz entfernt haben. "Es gibt schon eine Lücke", sagt Baldi, vor einem breiten Verfolgerfeld allerdings, das es in dieser Qualität in der Bundesliga noch nicht gegeben habe. Und in dem jede Mannschaft, sei es Oldenburg, Frankfurt, Ludwigsburg, Ulm oder Berlin, die beiden Topteams "an einem sehr guten Tag schlagen kann". Allerdings müssen die jüngsten Auftritte der Bayern die Konkurrenz auch ein Stück weit aufgeschreckt haben, denn wie sich die Mannschaft von Trainer Svetislav Pesic nach dem Pokal-Schock präsentierte, ist bemerkenswert.

Marko Pesic staunte über Anton Gavels "bisher bestes Spiel

Zweimal kamen die Bayern in Berlin im Eurocup-Hinspiel nach deutlichen Rückständen zurück und verhinderten die zweite Niederlage, dann folgte die Machtdemonstration in der Liga und nun der letztlich souveräne Auftritt im K.o.-Spiel. Obwohl es Rückschläge zu verkraften galt: Erst der Ausfall von Topscorer Nihad Djedovic, dann das frühe Aus von Center John Bryant, der schon kurz nach der Pause wegen seines fünften Fouls aus dem Spiel musste. Bayern-Coach Pesic leistete sich sogar den Luxus, Nationalspieler Maxi Kleber zu schonen, der nach seiner Verletzung hätte spielen können, "aber nicht trainiert hat", wie Pesic meinte. Dabei denkt der Bayern-Coach strategisch, denn für alle deutschen Spitzenklubs steht die Meisterschaft klar im Fokus. Da sind Berlin und München keine Ausnahme, das hat auch Bambergs Coach Andrea Trinchieri immer wieder betont. Den Bayern wird im Titelkampf eine zentrale Rolle zukommen, das wurde in den vergangenen Tagen deutlich.

FCB-Geschäftsführer Marko Pesic hat beobachtet, dass "die Mannschaft eine Identität gefunden hat, die wir nicht mehr verlieren dürfen". Entscheidend hierfür sei die Pokal-Enttäuschung gewesen, die Spieler hätten sich mit einer Jetzt-erst-recht-Mentalität selbst aus dem Schlamassel gezogen: "Ich hätte nicht gedacht, dass die Jungs das so schnell schaffen." Marko Pesic war auch nicht entgangen, dass Gavel "sein bisher bestes Spiel" gelungen war. Der Routinier hat lange nach seiner Form gesucht, nun ist er offenbar fündig geworden. In dieser Verfassung ist der Deutsch-Slowake ein weiterer Pfeiler in der Münchner Team-Statik, imposant agierte am Dienstag einmal mehr der mit enormen Anlagen gesegnete Paul Zipser. Damit sind die beiden auffälligsten Münchner der Partie genannt, in Alex Renfroe und Dusko Savanovic setzten zudem zwei weitere so erfahrene wie verlässliche Akteure die Akzente. In diesem Bereich sah Berlins Geschäftsführer Baldi den entscheidenden Unterschied der Kontrahenten: Alba sei ein junges, neu formiertes Team, das sich schon respektabel zusammengefunden habe. Die Bayern seien dagegen "unter den besten 15 Mannschaften in Europa" einzureihen, Baldi traut ihnen sogar den Gewinn des Eurocups zu. Was dem FCB auch gut zu Gesicht stünde, eine weitere Saison ohne Titel wär ein weiterer Fleck auf der Vita des Klubs, dessen originäre Aufgabe im Sammeln von Trophäen liegt.

FCB-Coach Pesic weiß solche Vergleiche zu schätzen, Gegner vom Format Berlins seien wichtig "für die Entwicklung einer Mannschaft". Da wird ihm der Eurocup viel Freude bereiten, im Viertelfinale wartet Galatasaray Istanbul, einer der exponierten türkischen Klubs. "Oh ja," sagte Gavel, "die sind tief und hochkarätig besetzt." Immerhin: Häufiger als zwei Mal wird man sich nicht begegnen.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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