Basketball:Mit Hilfe eines Rollators ins Ziel

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In Bedrängnis: Alba-Kapitän Niels Giffey (rechts) tut sich schwer gegen die Münchner Vladimir Lucic (links) und Devin Booker. (Foto: Bernd König/imago)

Kurz vor den Bundesliga-Playoffs geht Alba Berlin die Kraft aus, wie die Niederlage im Spitzenspiel gegen den FC Bayern zeigt: Das Team zahlt Tribut für eine bislang erfolgreiche Saison.

Im Nachhinein betrachtet hat es auch etwas Gutes, dass die Basketballer des FC Bayern München in der Euroleague die Playoffs um den Titel verpasst haben - so hatten sie über Ostern praktisch spielfrei und Zeit zur Regeneration. Faul waren sie aber nicht. "Wir haben die zwei Wochen genutzt, um intensiv zu trainieren, um dann fit in den Playoffs zu sein", erzählte Kapitän Danilo Barthel. Wie fit sie schon sind, bekam am Sonntag Alba Berlin im Bundesliga-Spitzenspiel vor heimischer Kulisse mit 13 326 Zuschauern zu spüren. Während die Münchner (56:4 Punkte) mit dem in der Schlussphase herausgespielten 85:75 ihre Tabellenführung festigten vor Oldenburg (50:10), haben die Berliner (44:14) nun den Aufsteiger Rasta Vechta (44:16) im Nacken und müssen aufpassen, im Ranking nicht noch auf den undankbaren vierten Platz zurückzufallen.

"Jeder hat gesehen, dass uns die Luft ausgegangen ist", sagt Alba-Manager Marco Baldi

Vier Spieltage vor Ende der Hauptrunde sortieren sich die Bundesliga-Klubs allmählich für die in drei Wochen beginnenden K.-o.-Runden der besten Acht um die Meisterschaft. Für den FC Bayern geht es in diesen Tagen vor allem darum, sich einzustimmen für die Playoffs, den Ton vorzugeben und potenziellen Gegnern zu zeigen, welche Saiten er noch aufziehen kann. Trainer Dejan Radonjic glaubt ja, "dass wir in dieser Saison noch mal auf Alba treffen werden", und da schadet es ja nicht, dem Gegner im letztjährigen Finale nebst den Punkten auch etwas Glauben genommen zu haben, in dieser Saison gegen sein Team bestehen zu können.

Auch die bislang so schwankenden Bamberger kommen den Münchnern gerade recht an diesem Dienstag (20.30 Uhr). Die im Vorjahr vom FC Bayern als Meister entthronten Oberfranken dürften vermutlich mehr mit ihrer Teilnahme an der Champions-League-Endrunde in Antwerpen am Wochenende beschäftigt sein und nicht alle Kraft in ein Liga-Duell investieren wollen, das zwar prestigeträchtig ist, aber für das Klassement nach der Hauptrunde so gut wie bedeutungslos: Der FC Bayern ist kaum von Platz eins zu verdrängen, Bamberg (40:20) kaum noch von Rang fünf.

Während die Münchner also allmählich wieder Fahrt aufnehmen wollen für die Playoffs, müssen speziell die Berliner schauen, dass sie es bis dahin schaffen, ohne auf die Hilfe eines Rollators zurückgreifen zu müssen. "Jeder hat gesehen, dass uns am Ende die Luft ausgegangen ist", sagte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi nach der Niederlage. Trainer Alejandro Garcia Reneses, kurz "Aito" genannt, erklärte: "Für uns ist es aktuell unmöglich, unsere beste Leistung abzuliefern. Wir reisen die ganze Zeit und haben weder Zeit zur Vorbereitung, noch zur Regeneration."

Die Partie gegen München war bereits die zehnte in diesem Monat, die sechste allein in den vergangenen 14 Tagen. Auch der FC Bayern hat ähnliche Strapazen gehabt im Saisonverlauf - aber die sind jetzt eine Weile her und die Spieler etwas erholt. Die Berliner indes scheinen nun bestraft zu werden für eine im Grunde hervorragende Saison, in der sie das deutsche Pokal-Endspiel gegen Bamberg erreichten sowie die Finalserie im Eurocup gegen Valencia. Leider gingen beide Vergleiche verloren, und weil der Terminkalender von nationalen, vor allem aber durch die rivalisierenden internationalen Verbände bis zum Bersten vollgepropft ist, müssen die Alba-Profis nun etliche Liga-Spiele nachholen.

Die hohe Belastung zieht Verletzungen nach sich. Erst gegen die Münchner kamen drei angeschlagene Profis zurück, Kapitän Niels Giffey, Spielgestalter Derrick Walton und Center Johannes Thiemann. Der Isländer Martin Hermannsson fehlt weiterhin, der Guard Stefan Peno fällt sowieso für den Rest der Saison aus.

Aktuell sind die Berliner immer noch mit einer Partie im Rückstand, in ihren verbleibenden fünf Spielen dürfen sie noch dreimal zu Hause antreten, sie bekommen es auch nicht mehr mit Spitzenteams aus den Top Sechs zu tun, trotzdem sorgt sich Manager Baldi vor dem Gastspiel beim Abstiegskandidaten Science City Jena am Dienstag (19 Uhr). "Wir wären nicht die ersten, die in so einer Phase beim Tabellenletzten verlieren", warnt der 56-Jährige.

Gerade die viel beanspruchten Stützen der Mannschaft - Spielmacher Peyton Siva, Flügel-Allrounder Luke Sikma, Korbjäger Rokas Giedraitis - bräuchten dringend eine Pause: Giedraitis, im bisherigen Saisonverlauf Albas erfolgreichster Werfer, kam am Sonntag nicht über fünf Punkte hinaus; Siva und Sikma leisteten sich insgesamt zehn Ballverluste - meistens ein Zeichen mangelnder Konzentration infolge schwindender Kraft.

"Die Fehler häuften sich und die Würfe fielen nicht mehr", erklärte Sikma Albas Einbruch im Schlussviertel, das die Gastgeber 14:29 abgaben. Während FC-Bayern-Coach Radonjic in den letzten zehn Minuten vier Stammspieler durchspielen lassen konnte, wechselte Aito notgedrungen durch. Nur Center Larry Nnoko blieb die ganze Zeit auf dem Parkett, er machte mit 15 Punkten und sechs Rebounds den frischesten Eindruck neben Derrick Walton (elf). "Hätten wir die beiden nicht nachverpflichtet im Lauf der Saison, wüsste ich jetzt nicht, wie wir das überstehen sollen", hatte Baldi schon vor dem Spiel der Berliner Zeitung gesagt. Nach Rollatoren zur Unterstützung seiner Akteure hat er noch nicht geschaut.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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