Basketball:In bester Gesellschaft

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„Wir sind alle noch mal stärker geworden über den Sommer“: Bayreuths Robin Amaize (links, im Duell mit dem Ulmer Ryan Thompson). (Foto: Langer/imago/Eibner)

Dass Bayreuth in drei Spielen dreimal gewonnen hat, liegt auch an Tempo und Sprungkraft von Robin Amaize. An ihm lässt sich auch das gewachsene Selbstbewusstsein der Mannschaft erkennen.

Von Matthias Schmid

Robin Amaize wusste in diesem Moment nicht so recht, ob er sich ärgern oder sich richtig ärgern sollte. Es lief in der Ulmer Basketball-Arena gerade die erste Minute des Schlussviertels, als Amaize sein viertes persönliches Foul abholte; nach dem fünften darf man nicht mehr aufs Parkett zurück. Bayreuths Cheftrainer Raoul Korner schickte Amaize also vorsichtshalber auf die Bank, wo sich dieser ein Handtuch griff, seine Ausholbewegung ließ zunächst nur den Schluss zu, dass er sich an ihm vergehen würde, am Ende kam jedoch nur ein leichter Bodenwischer heraus, der sogar zu sanft dafür war, um den Boden damit sauber wischen zu können.

Die halbherzige Aktion des 23-Jährigen war bezeichnend für seine eher unglückliche Darbietung am Samstagabend, der allerdings dokumentieren sollte, dass die Bayreuther nach der furiosen Vorsaison endgültig zur besten Gesellschaft im deutschen Basketball aufgeschlossen haben. Nach dem dritten Sieg im dritten Saisonspiel gehören sie zu den drei Verfolgern des Tabellenführers FC Bayern.

Bayreuth ist eingespielter als viele Ligakonkurrenten

Amaize, der im Spiel zuvor gegen den Mitteldeutschen BC noch mit 20 Zählern die meisten Punkte sammelte, musste diesmal in den Schlussminuten von draußen zusehen, wie seine Mitspieler mit drei hübschen Distanzwürfen zwei Minuten vor dem Ende den Sieg beim letztjährigen Hauptrundensieger Ratiopharm Ulm perfekt machten. 84:74 siegte Bayreuth und Trainer Korner durfte genüsslich feststellen: "Am Ende hat die Mannschaft gewonnen, die als Kollektiv so eine Situation schön öfter erlebt hat."

Später, als seine Spieler alle im Bus saßen, war vor allem interessant, was nicht zu hören war während des Telefongesprächs: Lärm, ausgelassene Freude, Partystimmung. "Es ist schon ein großer Sieg für uns", sprach Amaize auf der Heimfahrt nach Bayreuth in die Stille hinein, "weil von uns noch keiner zuvor hier gewonnen hat. Aber überrascht sind wir nicht."

Es ist keine Arroganz, die da mitschwingt, sondern das gewachsene Selbstbewusstsein einer Mannschaft, die nahtlos dort weitermacht, wo sie in der vergangenen Spielzeit aufgehört hat, als sie unglücklich im Playoff-Viertelfinale gegen den späteren Finalisten Oldenburg das Nachsehen hatte. "Wir sind alle noch mal stärker geworden über den Sommer", findet Amaize.

Hinzu kommt, dass die Bayreuther im Vergleich zu den meisten Klubs in der Liga eingespielter sind, die Spieler kennen sich und die Ideen sowie Vorlieben des Trainers, weil sie in Gabe York, James Robinson und John Cox nur drei neue Spieler zu integrieren haben. Diese Form der Kontinuität ist selten im deutschen Basketball, wo nach jeder Saison üblicherweise das amerikanische Hire and Fire ins Extrem getrieben wird. "Das macht vieles einfacher", sagt Korner. Er kann so die Spieler weiter nach seinen Vorstellungen formen und sie auf ein höheres Niveau führen. Robin Amaize ist dabei so etwas wie sein Vorzeigeprojekt. Korner hat den 1,97 Meter großen Profi im vergangenen Sommer nach Bayreuth mitgebracht, nachdem sie zuvor schon in Braunschweig miteinander verbracht haben. Der österreichische Cheftrainer hält viel von dem vielseitigen Flügelspieler, er schätzt vor allem dessen Athletik, Kreativität und Spielwitz. "Robin hat sein enormes Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft", sagt Korner.

Der Nationalspieler lebt von einer kühnen Mixtur aus raffinierter Furchtlosigkeit und einer gewaltigen Sprungkraft. Die Zuschauer in Bayreuth umjubeln sein Tempo zum Korb und seine Flugeinlagen, die sie mit vielen Aaahs und Ooohs begleiten. "Ich habe viel vom Coach profitiert", sagt Amaize, "weil er mir vertraut und mir Dinge zutraut, die jungen Spielern in anderen Klubs verwehrt bleiben." Amaize, der drei verschiedene Positionen in der Offensive spielen kann, steht meist auch dann auf dem Feld, wenn es wichtig wird im Spiel, in der sogenannten Crunchtime. Diese Abgeklärtheit hat Amaize und die gesamte Mannschaft reifen lassen. Sie sind in Ulm auch dann ruhig geblieben, als es hektisch wurde in der Schlussphase. Vor allem die beiden Amerikaner York und Robinson haben so verlässlich gepunktet, als würden sie schon zehn Jahre das Bayreuther Trikot tragen und nicht erst seit drei Spielen.

Wie sehr die Mannschaft vor dem ersten Auftritt am Dienstag in der Champions League beim polnischen Vertreter Rosa Radom schon eine Mannschaft ist, konnte man auch an einer Zahl auf dem Statistikzettel sehen, die vor allem den Trainer stolz machte: 25 stand da hinter den Korbvorlagen. "Wir sind zu diesem Zeitpunkt schon weiter als andere Teams", schwärmt auch Amaize. Wohin das führen soll, dazu hat er eine klare Meinung: "Hoffentlich bis ins Playofffinale".

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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