Basketball:Immer Ärger mit Matip

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Die Basketballer des FC Bayern fühlen sich bei der Niederlage in Ludwigsburg massiv von einer Entscheidung des Schiedsrichters benachteiligt.

Von Matthias Schmid, München

Auch im Zeitalter technischer Errungenschaften wie dem weltweiten Internet vertrauen Sportverbände oder Profiligen gerne noch altehrwürdigen Zustellungswegen. Per Fax traf deshalb am Mittwochmittag bei der Spielleitung der Basketball-Bundesliga kurz vor zwölf Uhr fristgerecht ein Protestschreiben des FC Bayern ein. Die Münchner begründeten darin, warum sie gegen die Spielwertung des vierten Playoff-Viertelfinalspiels um die deutsche Meisterschaft, das sie am Abend zuvor bei den MHP Riesen Ludwigsburg 69:75 verloren hatten, juristisch vorgehen. Im Idealfall hätten sie so gegen den schwäbischen Außenseiter ein Wiederholungsspiel erzwingen und das bereits für diesen Donnerstagabend (20.30 Uhr) zu Hause angesetzte fünfte und entscheidende Spiel um den Halbfinaleinzug umgehen können. Die Verantwortlichen des deutschen Meisters von 2014 sahen es nach Auswertung des Fernsehmaterials offenbar als unstrittig an, dass der erste Schiedsrichter in einer spielentscheidenden Situation einen Regelverstoß begangen hatte, der ihre Siegchance beeinträchtigte.

Es dauerte dann bis zum Abend, bis die Münchner auf der Geschäftsstelle ihrerseits ein Stück Papier aus dem Faxgerät holten konnten. Und die Antwort fiel nicht so aus, wie es sich die Bayern vorgestellt hatten. Die BBL-Spielleitung um Dirk Horstmann lehnte den Einspruch wegen eines Formfehlers ab, weil der Protest nicht wie vorgesehen von Cheftrainer Svetislav Pesic oder Kapitän Bryce Taylor, sondern nur vom Assistenztrainer Philipp Köchling angemeldet worden sei. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die Liga hier hinter einer juristischen Spitzfindigkeit zu verstecken versucht und so ein erneuter, gravierender Fehler eines Schiedsrichters im Playoff-Viertelfinale zu den Akten gelegt werden soll", kommentierte Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic die Entscheidung.

Die strittige Szene darf laut Vorschriften der Liga nicht per Videobeweis überprüft werden

Die besagte Szene trug sich drei Sekunden vor der Schlusssirene zu, Ludwigsburg führte 73:69. Bayerns Spielmacher Alex Renfroe schloss per Korbleger ab, der Ball tippelte auf dem Ring, einmal, zweimal - er wäre reingefallen, wenn ihn Ludwigsburgs Jason Boone nicht im letzten Moment auf spektakuläre Weise weggewischt hätte. Verbotenerweise. Denn eine solche Aktion nennt man im Basketball-Jargon Goaltending , sie ist nach dem Regelwerk nicht erlaubt. "Den Münchnern hätten die Punkte also gutgeschrieben werden müssen", bestätigte Jens Staudenmayer, "es war ein regulärer Korb", fügte der Sportliche Leiter der BBL hinzu. Zum gleichen Ergebnis waren zunächst auch die drei Unparteiischen gekommen - dann eilte Hauptschiedsrichter Martin Matip zum Kampfgericht und schaute sich die Sequenz auf dem Tablet noch einmal an. Er revidierte seine Entscheidung und nahm die bereits anerkannten Punkte wieder zurück.

Den Videobeweis hatte die Basketball-Bundesliga im vergangenen Jahr probeweise eingeführt, um ihn in dieser Saison nun offiziell als Hilfsmittel anzuerkennen. Allerdings gelten dabei strikte Auflagen. Nicht Spieler oder Trainer dürfen das sogenannten Instant Replay anfordern, sondern nur die Schiedsrichter. Am Ende trifft der Crew Chief, der Hauptschiedsrichter, die Entscheidung. Ob Goaltending vorliegt oder nicht, darf nach den BBL-Statuten ausdrücklich nicht überprüft werden. Obwohl ein eindeutiger Regelverstoß vorliegt, urteilte die Spielleitung diesmal anders als vor zwei Jahren, als es im Playoff-Viertelfinale zu einem Wiederholungsspiel kam, auch damals trafen Ludwigsburg und München aufeinander. Die Bayern hatten in ihrem Meisterjahr das vierte Spiel auswärts 82:75 für sich entschieden. Hauptdarsteller war - damals wie heute - Schiedsrichter Matip. Nach einem erfolgreichen Ludwigsburger Protest musste das vierte Spiel wiederholt werden, weil Matip zweieinhalb Minuten vor dem Ende bei einer Zweipunkteführung der Münchner zwei Ludwigsburger Freiwürfe fälschlicherweise annullierte. Die neue angesetzte Partie gewannen die Münchner schließlich mühelos und zogen ins Halbfinale ein. Beobachter wundern sich nun über die erneuten Defizite des Schiedsrichters im Fach Regelkunde. BBL-Mann Staudenmayer wollte sich zu diesem Vorwurf nicht äußern und brachte ins Spiel, dass der Referee möglicherweise nur die restliche Spielzeit per Videobeweis überprüfen wollte. Die Spielleitung musste in dem vorliegenden Fall jedenfalls auch deshalb zu einer schnellen Entscheidung kommen, weil das fünfte Spiel bereits für diesen Donnerstag in München terminiert ist. Die Bayern werden definitiv antreten, kündigte Marko Pesic an, "um die Serie für uns zu entscheiden". Ob der Klub weitere juristische Schritte einleitet, lässt er offen. Er sieht sich im Recht. Auf der Rückseite des Spielberichtsbogens, der der SZ vorliegt, ist ein von Kapitän Taylor ordnungsgemäß unterzeichneter Protest der Bayern vermerkt und vom ersten Schiedsrichter per Unterschrift auch bestätigt.

© SZ vom 19.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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