Basketball:Im zweiten Anlauf

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Die Weißrussin Alexandra Tarasawa verstärkt den deutschen Meister Wasserburg, nachdem der erste Versuch 2014 gescheitert war.

Von Matthias Schmid

Noch wartet Alexandra Tarasawa in ihrer neuen Wohnung auf einen Internetanschluss. Anfang der Woche war die Weißrussin nach Wasserburg gezogen. "Ich dachte, dass das in Deutschland schneller geht als in meiner Heimat", stellt sie lächelnd fest. Es sind weniger ihre geliebten US-Serien, die sie vermisst, als vielmehr ihre Liebsten, ihre Eltern und Geschwister, mit denen sie via Skype kommuniziert.

Für den Weg zur Trainingshalle der Wasserburger Basketballerinnen benötigt die 28-Jährige hingegen keine Internetverbindung. Die Wege in der oberbayerischen Kleinstadt am Inn sind recht übersichtlich und kurz, kürzer noch als in Halle/Saale, wo sie zuletzt in der Bundesliga auflief.

Alexandra Tarasawa ist der vielleicht namhafteste Zugang des deutschen Meisters in dieser Saison. Die weißrussische Nationalspielerin war in der vergangenen Spielzeit eine der auffälligsten Spielerinnen in der Bundesliga und beendete die Saison als beste Werferin aller Klubs. Ihr besonderes Gespür und herausragendes Ballgefühl waren den Machern des TSV Wasserburg schon vor zwei Jahren aufgefallen, als die noch das Trikot der Angels Nördlingen trug. Sie verpflichteten die Spielmacherin daraufhin im Sommer 2014.

Doch Tarasawa, die alle nur "Sasha" rufen, kam nie in Wasserburg an, weil sie sich bei der Weltmeisterschaft in der Türkei das Kreuzband riss und der Wechsel daraufhin storniert wurde. "Wir sind froh, dass es diesmal geklappt hat", sagt Wasserburgs Trainer Georg Eichler. Gemeinsam mit Shey Peddy bildet Tarasawa nach Expertenmeinung jetzt auf der Aufbauposition das beste und aufregendste Duo in der Liga. "Das ist genau das, was wir für ein erfolgreiches Abschneiden im Eurocup brauchen", sagt Wasserburgs Managerin Gaby Brei. Die Liga ist ihnen schon längst zu klein geworden in Wasserburg nach dem vierten Meistertitel nacheinander. Der Klub will nun endlich auch mal im europäischen Wettbewerb reüssieren, in dem er in den vergangenen Jahren jedes Mal schon nach der Vorrunde ausgeschieden war. Die Aussicht, erstmals die Gruppenphase zu überstehen, war auch ein entscheidender Grund dafür, warum Tarasawa in Wasserburg unterschrieben hat. "Wir haben eine gute Möglichkeit die K.o.-Runde zu erreichen, weil wir viele gute Spielerinnen im Kader haben", findet sie.

"Es wird sich zeigen, wie sie mit größerer Konkurrenz umgeht."

Drei Spielzeiten im Eurocup hat die Weißrussin aus Minsk schon mit tschechischen und slowakischen Klubs hinter sich. Mit ihrer Gerissenheit und Erfahrung soll sie nun auch Wasserburg in Europa bekannter machen. Ihre Rolle wird dabei eine andere sein als zuletzt in Halle, wo sie die unumstrittene Führungsfigur war, der "Go-to-guy", wie man im Basketball über Spieler sagt, die in den entscheidenden Momenten immer den Ball bekommen. Deshalb will Wasserburgs Trainer Eichler ihre Spielstatistiken nicht überbewerten. In Halle kam Tarasawa auf im Schnitt 23,5 Punkte pro Partie. So viele Zähler werden es in Wasserburg nicht werden, da sie nun weitere Spielerinnen von herausragender Qualität um sich hat. "Es wird sich zeigen, wie sie mit der größeren Konkurrenz umgeht", ist Eichler selbst auf ihre Entwicklung bei einem Großklub gespannt.

Tarasawa begegnet ihrem Engagement beim TSV Wasserburg, der in seinen Zugängen Katharina Fikiel (Herne), Milica Ivanovic (Serbien), Omowumi Agunbiade (Kanada) und Nathalie Fontaine (Schweden) eine kleine Weltauswahl versammelt hat, recht gelassen. "In der Nationalmannschaft habe ich auch viele gute Spielerinnen um mich herum", sagt die 1,70 Meter große Spielmacherin. Sie kennt also die besonderen Anforderungen und Aufgaben, die auf sie zukommen werden. "Ich muss jeden Tag hart arbeiten und mich dem Team unterordnen", sagt Tarasawa. In Weißrussland gehören die Basketballerinnen zu den bekanntesten Sportlern des Landes, weil sie als eines von wenigen heimischen Auswahlteams weltweit konkurrenzfähig sind. Auch Tarasawa tritt regelmäßig im Fernsehen auf und wird auf den Straßen von fremden Menschen erkannt. Zuletzt repräsentierte sie ihr Land auch bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro.

Doch anders als bei den vorangegangenen Großereignissen, als die Weißrussinnen bei EM und WM schon mal bis ins Halbfinale kamen, endete das Turnier mit einer Enttäuschung. Die Nationalmannschaft schied nach vier Niederlagen in der Vorrunde aus. Auch für Alexandra Tarasawa lief Olympia nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte: Sie durfte kaum spielen. "Umso mehr freue ich mich jetzt, dass ich in Wasserburg zeigen darf, was ich kann", sagt Tarasawa. Sobald das Internet läuft, will sie ihre Eltern von ihren ersten Eindrücken erzählen.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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