Basketball:Homosexuell, na und?

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Der ehemaliger Basketballer John Amaechi outet sich. Dabei wird deutlich: Bis heute aber hat sich kein einziger amerikanischer Teamsport-Profi während seiner Karriere zur Homosexualität bekannt.

René Hofmann

John Amaechi hat fünf Jahre lang in der nordamerikanischen Profiliga NBA Basketball gespielt. In Orlando, in Utah und in Cleveland. Er hat 301 Spiele bestritten, wobei ihm im Schnitt 6,2 Punkte und 2,6 Rebounds glückten. Die beste Partie seiner Karriere bestritt er im Jahr 2000, als er gegen Denver für die Orlando Magics 31Punkte erzielte. 2003 beendete er seine Karriere. Amaechi war ein guter und ein bekannter Basketball-Profi. Richtig große Schlagzeilen aber wurden über ihn nicht geschrieben. Bis zu diesem Mittwoch, als der Medienkonzern ESPN die Meldung herausgab: ,,Amaechi - der erste NBA-Profi bekennt sich zu seiner Homosexualität.''

Auf die Frage, warum er erst jetzt, lange nach seinem Karriereende damit an die Öffentlichkeit gehe, sagt der 36Jahre alte Amaechi: ,,Wegen des Machismos, den es nicht nur in der NBA gibt, sondern in jedem professionellen Sport. Der Sport ist der Gipfel der Männlichkeit - zumindest denken das die Leute. Männer und Frauen sehen in Profi-Sportlern Menschen, denen sie gerne ähnlich wären, oder mit denen sie gerne zusammen wären. Wenn man realisiert, dass ein Mensch, den man liebt und unterstützt, schwul ist, geht plötzlich die Musik aus.''

Die Passage stammt aus einem Internet-Video, das auf ein TV-Interview hinweist, das am Wochenende gesendet wird, was wiederum für Amaechis Biographie ,,Man in the middle'' werben soll, die demnächst erscheint. Der 2,08 Meter große ehemalige Center ist gut beraten: Er hat einen Agenten - Howard Bragman-, der sich auf das Thema quasi spezialisiert hat. Bragman hat auch schon das Coming-out des Footballers Esera Tuaolo, der Golferin Rosie Jones und der Basketballspielerin Sheryl Swoopes publizistisch begleitet. Den Coup mit Amaechi hatte er vergangene Woche mit einigen Andeutungen auf der Super-Bowl-Party in Miami bereits angekündigt.

Land der Political Correctness

Die Geschichte ist gut. Aber sie soll sich auch gut verkaufen, wobei das zum Walt-Disney-Konzern gehörende ESPN hilft. Internet, Zeitschrift, TV-Sender, Buchverlag - für jede Medien-sparte hat die Firma Profis, die eine andere Seite der Nachricht beleuchten und ihr so noch mehr Schwung verleihen. Gleich nach Amaechis Coming-out nahm die Diskussion darüber denn auch Fahrt auf. Tennisspielerin Martina Navratilova lobte Amaechis Schritt: ,,Das ist sehr wichtig, gerade für Kinder. Viele werden sich künftig besser fühlen.''

NBA-Chef David Stern hingegen reagierte eher gelassen. ,,Wir haben eine sehr mannigfaltige Liga, in der es eigentlich nur um eine Frage geht: ,Bist du gut genug?''' Jerry Sloan, der Trainer der Utah Jazz, dem Amaechi unterstellt, er habe ihn wegen seiner Vorliebe für Gärten, Opern und Gedichte ,,gehasst'', sah sich bemüßigt, über die Pressestelle des Klubs eine Erklärung verbreiten zu lassen. Sein Job sei es, schrieb Sloan, aus jedem Spieler das Beste herauszuholen. Was Amaechis Privatleben betreffe, wünsche er ihm ,,das Beste: Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.''

Die USA sind das Land der Political Correctness- und der Sportstatistiken. Auch über Coming-outs wird penibel Buch geführt. Amaechi ist der sechste männliche Athlet der vier Hauptsportarten Basketball, Baseball, Football und Eishockey, der zu seiner Homosexualität steht. Der erste war 1977 der Football-Spieler David Kopay. Bis heute aber hat sich kein einziger Teamsport-Profi während seiner Karriere zur Homosexualität bekannt. Beteuerungen, nicht schwul zu sein, kommen hingegen häufiger vor. 2004 veröffentlichte der Baseball-Profi Kazuhito Tadano vor seinem Amtsantritt in Cleveland eine Erklärung, sein Mitwirken in einem japanischen Film mit unbekleideten Männern sei lediglich ein Ausrutscher gewesen.

Die Homophobie wurzelt in dem Milieu immer noch tief - obwohl es zum Beispiel in der Football-Liga bei den Seminaren für Neulinge inzwischen Vorträge über das Thema gibt. 2003 gaben daraufhin bei einer Umfrage immerhin 76,4 Prozent der jungen Spieler an, sie hätten nichts gegen einen Homosexuellen im Team. 58,1 Prozent hätten ihm gar den Spind direkt neben dem ihren gewährt. Jeder Fünfte aber wünschte sich zumindest etwas mehr Abstand.

© SZ vom 9.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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