Basketball:Hoffen auf Hoeneß

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Bedient vom Spiel seiner Mannschaft: Bayern-Trainer Svetislav Pesic nach der schweren Niederlage in Bamberg. (Foto: Zink/imago)

Nach dem desaströsen Playoff-Aus in Bamberg überrascht FC-Bayern-Trainer Pesic mit einer Volte: Entgegen seiner früheren Ankündigung will er nun doch weitermachen - fraglich ist, ob man ihn lässt.

Von Ralf Tögel, Bamberg/München

Es war die zweite Pressekonferenz des Trainers Svetislav Pesic binnen kurzer Zeit, die Eingang in die Annalen der Basketball-Historie finden wird. Nur ein paar Minuten waren verstrichen nach einer denkwürdigen Abreibung seiner Mannschaft im dritten Playoff-Halbfinalspiel in Bamberg, als Pesic eine bemerkenswerte Volte schlug. Er habe, so eröffnete der 66-Jährige der staunenden Fachwelt, in den vergangenen Tagen nachgedacht und sei zu der Erkenntnis gekommen, vom Rücktritt zurückzutreten. "Zu 99 Prozent werde ich weiterkämpfen", sagte Pesic, und trat damit der Annahme entgegen, dass er gerade seine letzte Partie in verantwortlicher Position geleitet habe.

Auffallend ist dabei, dass sich der Trainer der FC-Bayern-Basketballer neuerlich die Hintertür eines Prozentpünktchens offenhielt, was den Schluss zulässt, dass seine Aussage nicht abgesprochen war. Pesic entscheidet Dinge gerne aus dem Bauch heraus, sagt seine Meinung oft ungeachtet der zu erwartenden Wirkung. Der blutleere Auftritt seiner Spieler und das desaströse 65:96 (20:49) zum 0:3 in der Best-of-five-Serie hat die Zahl seiner Kritiker sicher nicht verringert, muss aber nicht zwingend als Beleg eines Misstrauensvotums seiner Spieler interpretiert werden. Festzuhalten bleibt aber, dass der Meistertrainer von 2014 nun bereits die zweite Saison ohne Titelgewinn moderieren muss, eine Spielzeit, in der alle ausgegebenen Ziele verpasst wurden. Grund genug für Präsidium und Geschäftsführung, die vom Trainer angekündigte Fortführung der Zusammenarbeit genau zu überdenken.

Pesic selbst trägt an dieser Debatte die Hauptschuld, er hatte kürzlich seinen Rückzug trotz gültigen Vertrages für die kommende Saison angekündigt: "zu 99,9 Prozent". Der Grund: Eine vermeintliche Benachteiligung des emotionalen Serben durch Liga und Schiedsrichter. Darüber hinaus beklagte Pesic neulich im SZ-Interview fehlende Unterstützung vom Präsidium. Die Harmonie mit der Führungsetage war offenbar schon länger gestört: Der Vorwurf, dass man K. C. Rivers wegen einer niedrigen sechsstelligen Summe nicht von einer Rückkehr zu Real Madrid habe abhalten können, stieß beim Präsidium auf wenig Gegenliebe. Angesichts der jüngsten sportlichen Ereignisse ist es indes wenig ratsam, sich in Scharmützeln hinter den Kulissen aufzureiben, anstatt nach schnellen Lösungen zu suchen.

Es gilt schließlich, eine neue Saison vorzubereiten, den Anschluss an den offensichtlich weit enteilten Titelverteidiger aus Bamberg wiederherzustellen. Ein Ideengeber könnte Uli Hoeneß sein, der sich für sein erstes Interview nach Verbüßung seiner Haftstrafe das Thema Basketball auserkoren hatte. In einer Talkrunde Anfang März hatte der bekennende Basketball-Freund dem Präsidium mehr finanzielle Risikobereitschaft angeraten. "Wenn ich entscheide, mich im November als Präsident zur Wahl zu stellen, werde ich selbstverständlich Basketball wieder so pushen, wie es für den deutschen Basketball nicht das Schlechteste wäre", sagte Hoeneß. Im fünften und entscheidenden Playoff-Viertelfinale gegen Ludwigsburg hatte Hoeneß in einem Interview Trainer Pesic den Rücken gestärkt: Er finde, dass man diesen zum Weitermachen animieren sollte. Mit Erfolg, wie Pesic selbst am Sonntagabend mitteilte. Mit Unterstützung des Patrons erhofft sich der Trainer die Anknüpfung an erfolgreiche Zeiten, zumal sich die beiden Alphatiere in ihrem bedingungslosen Streben nach Erfolg sehr ähnlich sind.

Die Verträge von Spielern wie Djedovic, Gavel, Savanovic oder Thompson laufen aus.

Man darf aber nicht übersehen, dass die Mannschaft in dieser Saison hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben ist. Die Verletztenmisere und die dadurch gestörte Saisonentwicklung darf jedenfalls nicht als alleiniger Grund dafür gelten, dass ein Kader mit so viel Qualität gegen eine Mannschaft wie Ludwigsburg ums sportliche Überleben kämpfen musste - im Viertelfinale der Meisterrunde wohlgemerkt. Da muss auch der Trainer, ungeachtet seines prominenten Namens, in die Pflicht genommen werden. Es ist anzunehmen, dass der Verein hinter den Kulissen an einer Neuausrichtung arbeitet, die Mannschaft ein neues Gesicht erhalten wird. Die Verträge von wichtigen Spielern wie Nihad Djedovic, Anton Gavel, Dusko Savanovic oder Deon Thompson laufen aus, die Tage von Justin Cobbs und Vitalis Chikoko, beide während der Saison nach München gekommen, dürften gezählt sein.

Immerhin hat Sportdirektor Marko Pesic, der Sohn des Trainers, in den Ausnahmetalenten Maxi Kleber und Paul Zipser zwei der größten deutschen Talente weiter gebunden. Auch Alex Renfroe, Center John Bryant und Kapitän Bryce Taylor haben laufende Verträge, keine schlechte Basis, um eine Mannschaft zu bauen.

Eine Mannschaft, die in der Lage ist, sich an einem Konkurrenten wie Bamberg zu orientieren. Der hat das, was die Bayern anstreben werden: Eine gewachsene, hochkarätig besetzte Mannschaft, die sich kontinuierlich und in Ruhe entwickelt hat. Auch wenn es fraglich ist, ob der Klub die Ausnahmekönner Brad Wanamaker, Janis Strelnieks und Darius Miller halten kann, hat diese Mannschaft unter der Regie des italienischen Trainers Andrea Trinchieri allemal die Qualität, in die Annalen der nationalen Basketball-Historie einzugehen.

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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