Basketball:Hilfe aus Belgien

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Umsichtig: Bambergs neuer Spielmacher Paris Lee (rechts). (Foto: Peter Kolb/Imago)

Mit einem verjüngtem Team will sich der einstige Serienmeister Brose Bamberg in dieser Saison neu positionieren.

Von Joachim Mölter, München

Es sind ordentliche Distanzen, welche die zuletzt erfolgreichsten deutschen Basketball-Klubs in diesen Tagen trennen. Während der aktuelle Titelträger FC Bayern München an diesem Dienstag aus dem 11 400 Kilometer weit weg liegenden Montevideo zurückkehrt, wo er im Zuge seiner Saisonvorbereitung ein Einladungsturnier mit illustren nord- und südamerikanischen Klubs gewonnen hat, bricht der einstige Serienmeister Brose Bamberg ins bloß 61 Kilometer entfernte Bayreuth auf, um beim oberfränkischen Rivalen schon mal die neue Bundesliga-Saison zu eröffnen.

Der FC Bayern landet freilich nicht nur wegen seines Ausflugs nach Uruguay erst am nächsten Montag in den Niederungen des Liga-Alltags - wenn die übrigen Klubs sogar schon die erste Pokalrunde hinter sich haben. Die neue Saison der Basketball-Bundesliga (BBL) beginnt auch deshalb unrund, weil nur 17 Teams am Spielbetrieb teilnehmen: Der sportliche Aufsteiger Nürnberg Falcons hat aus wirtschaftlichen Gründen keine Lizenz bekommen. Zudem verschieben sich Termine, weil Münchens erster Pokalgegner Bonn in dieser Woche noch durch die Qualifikationsrunde für die Champions League muss, die trotz des hochtrabenden Namens nur der drittwichtigste Wettbewerb in Europa ist.

"Wir haben viel Qualität bei den deutschen Spielern", findet der neue Sportdirektor Leo De Rycke

Trotzdem gibt's auch in der Champions League was zu holen, Bamberg zum Beispiel hat dort im vorigen Jahr seine drei wichtigsten Akteure für diese Saison gefunden: den Sportdirektor Leo De Rycke, 54, den Trainer Roel Moors, 40, und den Spielmacher Paris Lee, 24. Alle kamen im Sommer von den Giants Antwerpen, gegen die Bambergs Basketballer in der Gruppenphase zweimal gewonnen, am Ende aber im Spiel um Platz drei verloren hatten. Wie De Rycke und Moors mit wenigen Mitteln viel erreicht haben, hat Bambergs Aufsichtsratschef Michael Stoschek derart imponiert, dass er die beiden Belgier gleich engagieren ließ. Und die durften ihren amerikanischen Point Guard mitbringen, um den von Stoschek geforderten "Reset" zu bewerkstelligen, einen Neuaufbau mit "jungen, erfolgshungrigen Spielern".

Nach insgesamt sieben deutschen Meisterschaften zwischen 2010 und 2017 hatte es in Bamberg ja eine "Unterbrechung unseres erfolgreichen Weges in den vergangenen zwei Jahren" gegeben, wie Stoschek es jüngst formulierte. Nach teils berauschenden Auftritten auf höchster europäischer Ebene, der Euroleague, waren Bamberg die besten Spieler abgeworben worden; der Klub fand keinen gleichwertigen Ersatz, Trainer wurden entlassen, Geschäftsführer und Sportdirektor mussten gehen, in der vorigen Saison gewann das Team zwar noch den Pokal, flog aber im Kampf um die Meisterschaft bereits in der ersten Playoff-Runde raus, gegen den ersatzgeschwächten Aufsteiger Rasta Vechta. Nun soll alles wieder besser werden, auch wenn der Brose-Gesellschafter Stoschek die Zuwendungen seines Unternehmens reduziert hat, nachdem ihm die Euroleague signalisiert hatte, dass sie seinem Klub keine Dauerkarte ausstellen wolle, wie sie es bei der Weltmarke FC Bayern getan hat. Vom jahrelang gepflegten Konkurrenzkampf mit den Münchnern haben sie in Bamberg jedenfalls Abstand genommen. Auch beim Etat liegt mittlerweile eine große Distanz zwischen den Klubs.

"Wir haben weiterhin ein Top-Budget", versichert der neue Geschäftsführer Arne Dierks; es bewegt sich vermutlich immer noch im zweistelligen Millionenbereich und damit innerhalb der BBL-Spitze. Für Leo De Rycke ist es in jedem Fall viel mehr, als er in Antwerpen zur Verfügung hatte. "Nicht nur der Etat ist größer", sagt er, "auch die Zahl der Mitarbeiter, der Trainerstab, die medizinische Betreuung."

Mit dem Trainer Moors hat er Bambergs Kader umgekrempelt, nur vier deutsche Profis sind übrig geblieben: die Routiniers Bryce Taylor, 32, Elias Harris, 30, und Maurice Stuckey, 29, sowie der junge Louis Olinde, 21. Das nationale Kontingent verstärken der aus Braunschweig gekommene Neu-Nationalspieler Christian Sengfelder, 24, sowie das vom FC Bayern ausgeliehene Talent Nelson Weidemann, 20. "Wir haben viel Qualität bei den deutschen Spielern", findet der Sportdirektor. Außer Paris Lee hat er noch dessen Landsleute Kameron Taylor und Tre McLean engagiert, die zuvor in Ungarn bzw. Russland aktiv waren. Zudem kamen der BBL-erfahrene Center Marei Assem aus Ägypten und zuletzt der WM-Teilnehmer Michael Carrera aus Venezuela. "Es ist möglich, dass sich noch eine Änderung ergibt, vielleicht schon diese Woche", sagt De Rycke. Der vom FC Barcelona ausgeliehene Aleix Font, 21, entspricht jedenfalls bislang nicht den Erwartungen. Mit einem Durchschnitt von 25,3 Jahren ist der Kader deutlich jünger als in vergangenen Spielzeiten (2018/19 waren es fast 29). "Die Meisterschaft ist noch nicht möglich mit dieser Mannschaft, das braucht Zeit", sagt De Rycke und bittet die erfolgsgewohnten Fans in Franken um Geduld: "Man muss sehen, wie schnell sich die Mannschaft entwickelt." Auch in Bamberg sehen sie die Euroleague-Teilnehmer FC Bayern und Alba Berlin als stärkste Teams der BBL an, "aber darunter ist viel möglich", glaubt De Rycke: "Ein Platz unter den Top vier, fünf muss das Ziel sein" bei der Neupositionierung. Die Teilnahme an der Champions League dient in dieser Saison einem übergeordneten Zweck: "Sie muss die Mannschaft auf ein höheres Niveau bringen. Ein Spiel pro Woche ist zu wenig, um sie zu entwickeln."

© SZ vom 24.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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