Basketball-Europameisterschaft:Gut für Überraschungen

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Robin Benzing, 20, ist von den vielen talentierten Jungen in der deutschen Basketball-Nationalmannschaft der Reifste.

Markus Schäflein

Robin Benzing hat in den vergangenen Wochen oft erklären müssen, wie es sich so anfühlt, in der Nationalmannschaft zu spielen. Schließlich ist er gerade einmal 20 Jahre alt und hat bisher in der zweiten Liga beim TV Langen vor ein paar hundert Leuten in Turnhallen gespielt. Neulich in Bamberg, als er seine 2,08 Meter bei einer Pressekonferenz des Deutschen Basketball-Bundes an das kleine, niedrige Tischchen auf der Bühne gequetscht hatte, wurde Benzing diese Frage wieder einmal gestellt, was soll man da schon antworten. Es sei ein "tolles Gefühl", sagte er, "es macht Spaß, in dieser Mannschaft zu spielen." Bundestrainer Dirk Bauermann blickte streng und ergänzte: "Robin wollte sagen: Es ist eine Ehre." Natürlich grinste er sofort: "Spaß ist ja auch wichtig."

Es spielt für die Deutschen bei der Europameisterschaft eine große Rolle, den Spaß auch nach der erwarteten, aber in ihrer Entstehung bitteren Niederlage gegen Frankreich (65:70) zu bewahren. Bauermann nannte dieses Turnier noch vor einigen Wochen einen "Höllenritt" für seine neu formierte, extrem junge Mannschaft; nach der Ankunft in Polen merkte der Trainer, dass sich das Ganze für die Jungen gar nicht höllisch anfühlte: "Für viele ist es wie Weihnachten, endlich hier zu sein." Die festliche Grundstimmung soll erhalten bleiben, bis die Mannschaft in der Partie am Dienstag gegen Russland und im letzten Gruppenspiel am Mittwoch gegen Lettland die reelle Chance bekommt, mit einem Sieg die Zwischenrunde zu erreichen.

Bauermanns Weihnachtsgeschenk für Benzing war ein Platz in der Anfangs-Fünf gegen Frankreich. Zwischen altgedienten Kräften wie Demond Greene und Patrick Femerling war Benzing der einzige der ganz jungen Generation, der beginnen durfte. "Er war die ganze Vorbereitung über in der Startformation, und er hat das Vertrauen gerechtfertigt. Es gibt überhaupt keinen Grund, ihn jetzt, wo es um die Wurst geht, nicht starten zu lassen", sagte Bauermann. Auch im engen Schlussviertel ließ der Trainer Benzing teilweise aufs Feld: "Er ist immer zu einer Überraschung fähig, auch in wichtigen Momenten."

Ulm statt Michigan

Von den vielen talentierten Jungen in Bauermanns Kader ist Benzing der Reifste, auch wenn man es ihm auf den ersten Blick nicht ansieht: Mehr Muskelmasse könnte der Schlaks mit den extrem langen Armen und der Schuhgröße 54 noch vertragen. Ansonsten hat er schon vieles, was man sich von einem Forward so wünscht: stattliche Größe, Spielintelligenz, einen guten Wurf auch aus der Distanz.

Bei der U-20-EM Ende Juli sicherte Benzing mit seiner Treffsicherheit den Klassenverbleib. Mit 22,2 Punkten war er dort der beste Schütze des Turniers, er wies beeindruckende Trefferquoten in allen Bereichen auf. Gegen die gestandenen NBA-Herrschaften aus Frankreich war Benzing allerdings eine gewisse Aufregung anzumerken; seine Dreierversuche scheiterten ungewohnterweise alle. Dafür hatte er eine Reihe starker Szenen in der Defensive. Die entscheidenden Ballverluste in der Schlussphase der "dummen Pleite" (Benzing), als die deutsche Mannschaft den hohen Favoriten schon an den Rand einer Niederlage gebracht hatte, unterliefen seinen erfahreneren Mitspielern.

In der kommenden Saison wird Benzing beim Bundesligisten Ulm spielen; Bauermann hofft, dass sein Talent dort - im Gegensatz zu anderen jungen Deutschen in der Bundesliga - genug Einsatzzeit erhalten wird. Vor einem Jahr stand Benzing noch vor einem Wechsel an ein amerikanisches College, wie ihn seine Nationalmannschaftskollegen Lucca Staiger, 21, und Elias Harris, 20, der Bundesliga vorzogen. Aber die Regeln der College-Liga NCAA sind streng: Wenn Spieler aus einem Profiklub kommen, müssen sie eine einjährige Sperre akzeptieren. Staiger hat sie abgesessen, Harris hat das Glück, dass sein bisheriger Verein Baskets Speyer aus der Liga ProB als Amateurklub gewertet wird. Dass Benzings von seinem Klub TV Langen im Sommer 2008 schon vermeldeter Wechsel an die University of Michigan scheiterte, brachte ihn zwar um seinen Traum von Amerika, ersparte ihm aber eine lange Auszeit. Nun ist er zwar nicht in Michigan gelandet - aber in Danzig.

© SZ vom 09.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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