Basketball:Eine historische Saison

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Genug Gesprächsstoff: In Bad Aibling gab es in dieser Spielzeit einiges zu diskutieren. (Foto: Andreas Brei/oh)

Verletzungen in Serie, ein Dopingfall - und doch der Einzug in die Playoffs: Bad Aibling macht viel mit.

Von Matthias Schmid

Den größten Erfolg der Vereinsgeschichte hätte Geschäftsführer Stefan Bradaric beinahe selbst rückgängig gemacht. Sie hatten kurz darüber nachgedacht bei den Bad Aibling Fireballs ihre Frauen nicht in den Playoffs um die Meisterschaft in der Basketball-Bundesliga antreten zu lassen. Zu teuer. Ein Zuschussgeschäft sogar. Die Arbeitspapiere mit den Profispielerinnen hatten nach der Hauptrunde ihre Gültigkeit verloren, die weitere Gehaltsfortzahlung und die Reise nach Marburg waren nicht mehr im Saisonetat vorgesehen. Niemand im Klub hatte damit gerechnet, dass die Mannschaft von Cheftrainer Oliver Schmid im ersten Jahr nach dem Wiederaufstieg gleich die Meisterrunde der besten acht Teams erreichen würde - zum ersten Mal in der Klubhistorie. Sportlich sind sie ihren Planvorgaben mal wieder voraus. "Wir erleben ja zurzeit lauter historische Momente und sammeln neue Erfahrungswerte", sagt Bradaric.

Die Lizenz wollte er dann aber nicht aufs Spiel setzen, gemäß den Wettbewerbsbestimmungen der Bundesliga zieht der Verzicht auf die Playoffs unverzüglich den Abstieg nach sich. "Das wollten wir dann doch nicht riskieren", gibt Bradaric vor dem zweiten Playoff-Viertelfinale an diesem Freitag (19 Uhr, Sporthalle Bad Aibling) zu. Die Bad Aiblinger haben noch viel vor. In den nächsten zwei, drei Jahren wollen sie sich weiter in der ersten Liga etablieren und die Playoffs dann ganz selbstverständlich als Saisonziel ausgeben, um mittelfristig den deutschen Serienmeister und großen Nachbarn TSV Wasserburg herauszufordern und ihm den Titel streitig zu machen. "Wir wollen dann um die Meisterschaft mitspielen", betont Bradaric, "mit fast ausschließlich deutschen Nationalspielerinnen." Ausgebildet sollen diese am klubeigenen Internat werden. Noch wohnen die sieben Nachwuchsspielerinnen an der Basketballakademie zu Hause, weil sie aus der Region stammen, sie trainieren am Aiblinger Trainingszentrum. Das soll sich ändern, das Einzugsgebiet soll sich künftig auf ganz Deutschland ausdehnen, inklusive Internatsnutzung. Schöne und ambitionierte Zukunftsträume sind das.

In der Gegenwart plagen den Klub dafür fast existenzielle Sorgen. Nur sechs Spielerinnen sind in diesen Tagen körperlich fit genug, um überhaupt Basketball auf Bundesliganiveau spielen zu können. Die Not ist so groß, dass die Assistenztrainerin Julijana Kancevic seit ein paar Wochen wieder mittrainiert und ihren Spielerpass erneuern lassen musste. Bei der 53:82-Niederlage in Marburg wurde sie allerdings nicht eingewechselt, sodass Lena-Maria Bradaric, Jessica Höötmann, Christina Schnorr und Lindsey Sherbert die komplette Spielzeit durchstehen mussten - ohne einmal auf der Bank auszuruhen. Zum Vergleich: Marburg setzte elf Spielerinnen ein, wobei keine länger als eine halbe Stunde spielte.

Für die Zukunft wollen sie "sechs, sieben Topprofis verpflichten"

Zum Kreuzbandriss von Angela Pace und der Kiefer-Operation von Stefanie Pölder kam vor ein paar Wochen erschwerend auch noch ein positiver Dopingfall hinzu, "keiner im klassischen Sinne", wie Bradaric hervorhebt, aber dem Deutschen Basketball-Bund (DBB) blieb nichts anders übrig, als die Amerikanerin Alexx Forde zu suspendieren, nachdem bei der 22-Jährigen ein unerlaubtes Mittel in einer Urin-Probe gefunden worden war. Es war keine leistungsstimulierende Substanz, sondern ein in Deutschland verbotenes Präparat gegen ihre Schlafstörung, das sie nach Absprache mit dem Teamarzt und Trainer Schmid vor Saisonbeginn abgesetzt und sich für ein Alternativprogramm in einem Schlaflabor entschieden hatte. "Doch es wirkt auch stimmungsaufhellend", erzählt Bradaric. Forde habe zunehmend Heimweh geplagt, sie habe sich so schlecht gefühlt, dass sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen habe, als wieder zu den Tabletten zu greifen. Zunächst sollte sie als Trainingsspielerin in Bad Aibling bleiben, doch Forde zog es angesichts der Tragweite des Falles dann vor eineinhalb Wochen vor, Deutschland sofort zu verlassen und ihr Leben in der Heimat neu zu ordnen.

Die Bad Aiblinger Verantwortlichen um Bradaric und Schmid haben viel mitgemacht in dieser Saison, es war eine lehrreiche Zeit. Sie wollen im Hinblick auf die neue Runde vieles anders machen, besser versteht sich. "Vor allem werden wir mehr Klasse als Masse verpflichten", sagt Bradaric. Sie hatten auf zehn gleichwertige Spielerinnen gesetzt, das wollen sie nun ändern und "sechs, sieben Topprofis verpflichten", wie der Geschäftsführer fortfährt, und den restlichen Kader mit begabten Nachwuchsspielerinnen auffüllen.

Doch zunächst will Aibling das anstehende Heimspiel gegen Marburg unbedingt gewinnen. "Wir haben schon in der Rückrunde Topmannschaften zu fünft besiegt", sagt Bradaric. Sie trauen sich das abermals zu. Die Reise nach Hessen zu einem dann entscheidenden dritten Spiel ums Halbfinale könnten sie sich sogar leisten. Die Aiblingerinnen haben noch ein paar Gönner gefunden, die den Ausflug finanzieren würden.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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