Jahrelang hatte sich der Basketball-Nationalspieler Dennis Schröder bei den Atlanta Hawks abgemüht und nach oben gearbeitet, bis er endlich auf eine verantwortliche Position befördert worden ist - in den vergangenen zwei Spielzeiten durfte er die Geschicke des Teams auf dem Parkett lenken, als Regisseur der Startformation. So einen Posten gibt man in der hierarchisch denkenden Profiliga NBA nicht freiwillig auf, Schröder tat es trotzdem: Im Sommer wechselte der 25-Jährige zu Oklahoma City Thunder, wo sie ihm die Versetzung auf die Bank anboten, also von einer leitenden Funktion zurück in die zweite Reihe. Schröder nahm die Offerte dankend an. "Ich könnte nicht glücklicher sein", versicherte er glaubhaft.
In der abgelaufenen Saison hatte Schröder zwar so viel gepunktet wie nie zuvor in seiner fünf Jahre währenden NBA-Karriere, er kam auf 19,4 Zähler im Durchschnitt; sein Team verlor aber auch so viele Spiele wie nie vorher - 58 von 82. In der Eastern Conference, einer der beiden Regionalligen der NBA, landeten die Hawks damit auf dem 15. und letzten Platz. Das frustriert natürlich, "ich brauchte ein anderes Umfeld, mit Leuten, die wie ich angreifen, gewinnen und alles geben wollen", erklärte Schröder unlängst, warum er seinen Transfer forcierte. Thunder übernahm seinen bis 2021 gültigen und mit jährlich rund 15,5 Millionen Dollar dotierten Vertrag, und weil Schröder also keine Gehaltseinbußen hinnehmen muss, ist der Rückschritt auf die Bank von Oklahoma City sogar eher ein Fortschritt für ihn: Thunder gilt in der sowieso stärker einzuschätzenden Western Conference als sicherer Playoff-Kandidat.
Deshalb darf Schröder mit seiner neuen Mannschaft an diesem Dienstagabend auch die neue NBA-Saison eröffnen, dafür reist Thunder zum Titelverteidiger Golden State Warriors nach Oakland. Dabei rückt der 1,85 Meter große Braunschweiger sogar unverhofft ins Rampenlicht. Ursprünglich hatte ihn Thunder ja geholt, um den etatmäßigen Spielmacher Russell Westbrook zu entlasten, wenn der eine Pause braucht während der Partien. Doch nun fällt der 29-Jährige für die ersten Saisonspiele wohl komplett aus, weil er erst vor einem Monat am Knie operiert wurde. "Er muss noch einige Hürden bewältigen, bevor er zur Verfügung steht", hieß es am Wochenende aus Klubkreisen.
In den Vorbereitungsspielen hat Schröder seine Sache schon mal zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten gemacht und einen guten Eindruck hinterlassen; da kam er im Schnitt auf 24 Minuten Einsatzzeit, 15,3 Punkte und 5,5 Vorlagen. Cheftrainer Billy Donovan fand jedenfalls: "Er ist eine großartige Ergänzung für uns." Wenn Westbrook fit ist, muss Schröder seinen Platz trotzdem wieder räumen, dafür sind die Meriten des Amerikaners einfach zu groß: Er war schon zweimal bester Korbjäger der Liga, 2017 ist er sogar als bester Spieler überhaupt ausgezeichnet worden. "Ich bin ein Fan von Russell ", sagt Schröder brav: "Ich will von ihm lernen."
Es gibt Experten, die dem Braunschweiger zutrauen, in dieser Saison die Auszeichnung als "bester sechster Mann" zu erringen, als bester Einwechselspieler der Liga. Es gibt auch welche, die es für möglich halten, dass Westbrook und Schröder phasenweise sogar gemeinsam auf dem Parkett agieren. Sie können ja dank ihrer Schnelligkeit ein explosives Duo bilden, das am Ende von knappen Partien den entscheidenden Funken schlägt. Selbst Westbrook sagte kürzlich: "Ich denke, dass wir gut zusammenpassen."